175.

Wer zur Bestätigung einer Sache sich verwünscht und dennoch lügt, muß nach seinem Tode wiedergehen und das tun oder sein, wozu er sich verwünscht hat. Ebenso muß umgehen, wer von anderen mit Grund verwünscht wird.

a.

Ein Strumpfhändler kehrte in ein Wirtshaus ein, setzte sich ans Feuer hinter den Herd und schlief ermüdet ein, den Mund weit geöffnet. Da gab der Teufel dem Wirte, welcher nach dem Gelde des Strumpfhändlers lüstern war, ein, ihm kochend heißen Brei in den Mund zu gießen und ihn so zu töten. Die Mordtat blieb unentdeckt; der Wirt kam allerdings in Verdacht, aber er leugnete frech und reinigte sich vor Gericht durch einen Eid. Noch auf dem Totenbette, als man in ihn drang, beteuerte er seine Unschuld an dem Tode des Strumpfhändlers und vermaß sich zu sagen, wenn er der Mörder sei, wolle er schreien bis zum jüngsten Tage. Dann starb der Wirt, und von der Zeit an erschien allnächtlich in seinem Hause ein fliegendes Untier, daß durch heftiges Schreien die Hausbewohner erschreckte und belästigte. Zwar gelang es einem katholischen Pater, das schreiende Gespenst zu bannen, aber vom nächsten Tage an zeigte sich nun eine Menschenhand auf der Hille an der Diele. Es war die Hand, die der Mörder als er den Meineid schwur, zum Himmel emporhielt. Und so oft man diese Hand auch wegbrachte und begrub, sie war immer wieder da. (Wüstenld.)


Vgl. 181c.

b.

Zu Neustadt-Gödens wohnte früher eine alte Frau, welche die Gewohnheit hatte, immer am Abend spät in den Garten zu gehen. Als sie nun einmal kurz nach Mitternacht in das Haus zurückgehen wollte, sah sie an einem Birnbaum [212] ein großes weißes Gespenst stehen. Erschreckt lief sie davon und erzählte einer Schauspielerin, die bei ihr im Hause wohnte, was sie gesehen. Diese war so beherzt, das Gespenst dreimal anzurufen, aber dasselbe gab keine Antwort und rührte sich nicht. Jetzt wurden die Nachbarn geweckt, und das Gespenst verschwand. Ein ganz alter Mann erzählte aber, daß seit seinem Gedenken das Gespenst alle zehn Jahre erschienen sei. Später wurde die Stelle, wo das Gespenst gesehen, umgegraben, und man fand unter dem Birnbaum einen hohlen Stein mit einem Deckel. In dem Stein befand sich ein Stück Papier, worauf geschrieben war, daß früher in diesem Hause ein Zinngießer gewohnt, dessen Frau eine Hexe gewesen sei. Dieselbe habe ihren Mann immer sehr schlecht behandelt, und er habe ihr daher gewünscht, daß sie nach ihrem Tode alle zehn Jahre wiederkommen müsse. Das Papier aber trug die Jahreszahl 1345. Seit der Zeit ist also das Gespenst alle zehn Jahre erschienen.

c.

Das Gut Eihausen, Ksp. Zwischenahn, gehörte früher einem Herrn von Pottendorf. Dieser ist es, welcher die breiten Gräben um das Herrenhaus und die Nebengebäude gezogen hat. Er verwandte dazu 200 Soldaten, die er bei der Arbeit so quälte und plagte, daß sie ihn verfluchten. Darum geht er nachts wieder, auf einem weißen Schimmel reitend. Der Herr von Pottendorf hat sich auch sonst viel zu Schulden kommen lassen, daher hat man ihn zuletzt nach Preußisch Minden kommen und dort die eiserne Jungfrau küssen lassen (505 e). Seine Leiche aber ist nach Zwischenahn gebracht und dort begraben worden. – Ein anderes Beispiel s. 548 c.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 175. [Wer zur Bestätigung einer Sache sich verwünscht und dennoch lügt]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-375A-0