313. Osterfeuer.

Grimm sagt (Mythologie S. 581): »Ganz Niedersachsen, Westfalen und Niederhessen, Geldern, Holland, Friesland, Jütland, Seeland kennt Osterfeuer.« Die früher so beliebten Gemeindeosterfeuer (eins für mehrere Dörfer oder eine ganze Gemeinde, wozu jung und alt beisteuerte, und das am Osterabende alles an sich zog) sind nach und nach verschwunden, dafür hat jetzt jedes Dorf sein Feuer, oft drei bis vier, oft winzig und klein, und das Sammeln, Aufbauen und Abbrennen ist mehr Sache der Kinder geworden. Nur hier und dort hält man noch so fest an dem Feuer, daß die Leute glauben, die Unterlassung ziehe Gottes Strafe nach sich: »Wo kein Osterfeuer brennt, da zündet Gott in dem Jahre durch Brand ein Feuer an.« Hochbetagte Männer und Frauen glauben, beim Abbrennen wenigstens aus der Haustüre ins Freie treten zu müssen, um das Feuer, wenn auch nur aus [71] der Ferne zu sehen. (Münsterland.) Durchweg ist es Sitte, die Osterfeuer am 1. Osterfesttage abzubrennen. Aus dem Ammerlande hört man, daß dort schon am Abende vor dem Feste die Feuer zum Himmel lohen, nur einige wenige Ortschaften hätten am Ostertage ihr Feuer, und bei den dort ansässigen Quäkern und Methodisten würden am Karfreitage die Osterfeuer in Brand gesetzt. – In Delmenhorst wurde früher ein einziges Feuer für die ganze Stadt angezündet. Der Förster pflegte zwei Bäume zu liefern, welche nebeneinander in die Erde gesetzt wurden. Auf jeden Baum wurden 12 Teertonnen, eine auf der andern stehend, ausgereiht. Rund herum wurden etliche Fuder Holz, das von Knaben erbettelt oder angekauft war, aufgeschichtet. Am Abend des ersten Ostertages, nicht lange vor Eintritt der Dämmerung, zogen die Knaben mit Strohwiepen, so lang sie sie tragen konnten, hinaus. Die Strohwiepen sind Bohnenstangen, etwa 10-15 Fuß lang, von etwa 5 Fuß Höhe aufwärts mit Stroh umwickelt, oben mit einer Spitze von bloßem Strohgeflecht. Draußen wurden zuerst die Strohwiepen angezündet, und die Knaben liefen jubelnd damit um den Reisighaufen herum. Waren die Strohwiepen fast verbrannt, so wurde das Osterfeuer in Brand gesetzt, wozu gewöhnlich ein Erwachsener das Zeichen gab. Am Schlusse liebten es die Knaben, sich gegenseitig wie auch den Erwachsenen die Kleider zu schwärzen. – Eine Beschreibung der Osterfeuer in einigen Orten des Münsterlandes, die Nieberding in C.F. Strackerjans Beiträgen zur oldenb. Geschichte S. 96 gibt, lautet etwas gekürzt, wie folgt. Am Abend des ersten Ostertages wird ein von der versammelten Gemeinde auf einer bestimmten Höhe zusammengebrachter Holzstoß angezündet. Solche Höhen, die ein für allemal für die Osterfeuer ausersehen sind, heißen Oster- oder auch wohl Poaskeberge und finden sich bei vielen Dörfern (Osterberg bei Damme). Um den Holzstoß bilden die verheirateten Hausväter einen engen Kreis. Während dessen ziehen Jünglinge und Jungfrauen in einem weiten Kreise, geistliche Lieder zur Ehre der Auferstehung singend, dem Laufe der Sonne nach, um dieselben herum und harren des Zusammenstürzens des Feuers. Ist der Holzstoß niedergebrannt, dann läuft alles hinzu und bildet an zwei Seiten desselben eine Gasse. Je zwei und zwei Jünglinge nehmen ein Mädchen zwischen sich und stellen sich so in einer Reihe hinter einander, dann durchlaufen sie die Gasse mehrmalen [72] und lassen die Mädchen, die sie an den Händen gefaßt haben, über das Feuer springen, indem sie selbst neben demselben hinlaufen. Ist endlich das zusammengeschürte Feuer ausgebrannt, dann zieht die ganze Versammlung in feierlichem Zuge, geistliche Lieder singend, zur Kirche und dreimal um dieselbe, womit die Feier endigt. Auch laufen in der Abenddämmerung desselben Tages Knaben mit brennenden Strohbündeln, mit alten in Brand gesetzten Besen oder mit dem Osterfeuer entnommenen Holzscheiten, über Kornfelder, um dadurch Fruchtbarkeit für dieselben zu erwirken.

In Oldenburg sah man früher sehr viele Osterfeuer, fast jede Straße hatte ein eigenes; die Erwachsenen aber beteiligten sich dabei meist nur als Zuschauer aus der Ferne. In Vechta hatte jede Nachbarschaft (man zählte 5: Klingenhager, Poggenburger, Burgstraßer, Kirchstraßer Nachbarschaft) ihr großes Feuer. Auf dem Lande baut man ein größeres Osterfeuer für das ganze Dorf und außerdem brennen dort mehrere kleinere, von 2, 3, 4 oder 5 Haushaltungen errichtet; so hielt man es bislang noch an verschiedenen Orten. Nicht so häufig sind die Osterfeuer in den Marschen, sei es, weil das Material schwerer zu haben, sei es weil von Uranfang her die Osterfeuer dort weniger im Schwange waren. Gewöhnlich hat jede Ortschaft in den Marschen ein Feuer, oder jeder End einer Ansiedlung hat eins, also zwei Feuer insgesamt. Beim Feuer sind Staken in die Erde gegraben, die oben mit Teer bestrichene brennende Strohbüschel tragen. Außerdem laufen junge Leute mit Stangen, deren obere Enden mit brennenden Strohwischen versehen sind, durch die Felder. Im Ammerlande kennt man das Laufen mit brennenden Strohfackeln nicht. Als im Jahre 1702 die Prediger des Landes vom Konsistorium aufgefordert wurden, den Osterfeuern durch Predigen etc. entgegen zu arbeiten, berichteten die Prediger aus den Marschen, daß die Sitte dort nicht vorkomme, nur einer meldete: »Elsflethensis hat noch diesen OsternFer. 1. vormittags von diesem aus dem Molochsdienst herstammenden Osterfeuer geredt und das Gottgefällige Osterfeuer devotionem paschalem ex verbis; Brandte nicht unser Herz Luc. XXIV. recommandiret, aber dennoch des abends druff sehen müssen, daß das Osterfeuer pompose gebrennet wurde.« Die Anschauung des Elsflether Prediger daß das Osterfeuer ein Teufelsdienst sei, findet sich auch in einer Sage: 194c. – Im Saterlande wurden früher die Osterfeuer mit Stahl und [73] Stein in Brand gebracht, und mit Bränden vom Osterfeuer erneuerte man das zuvor ausgelöschte Herdfeuer. Nach dem Erlöschen des Feuers zogen die Einwohner auf den Kirchhof und umwandelten unter Absingung alter Auferstehungs-Lieder die Kirche. - *Aus Harkebrügge wird berichtet, daß halb verbrannte oder verkohlte Holzstücke aus dem niedergebrannten Osterfeuer mit nach Hause genommen, dort sorgsam aufbewahrt und im folgenden Jahr zum neuen Osterfeuer getragen und in die Glut geworfen werden. Ein frisches Stück wird dann wieder aus den Kohlen gezogen und anstelle des alten im Hause niedergelegt. Das kirchliche Rituell schreibt vor, daß am Karsamstag (in oder bei der Kirche) ein Feuer geweiht werde. Es ist Vorschrift, daß dieses Feuer von Funken angezündet wird, die aus einem Stein geschlagen werden. Nach der Weihe werden von diesem Feuer alle Lichter in der Kirche angezündet. Das geweihte Feuer sinnbildet Christus, das Licht der Welt, von dem wieder alles Licht ausgeht. An manchen Orten ist es Sitte, daß die Leute von dem geweihten Karsamstagfeuer einen Spahn mit nach Hause nehmen und in der Anrichte oder sonstwo niederlegen. Es leitet sie dabei derselbe Gedanke, welcher sie treibt, die am Palmsonntage geweihten Palmen aufzubewahren (309). Vielleicht rührt von dem kirchlichen Osterfeuer die saterländische Sitte her, das Gemeindeosterfeuer mit Stahl und Stein in Brand zu setzen, sowie die Harkebrügger, Spähne oder Stücke vom Dorfosterfeuer im Hause aufzubewahren.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Zweiter Band. Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. C. Die großen Feste. 2. Von den Fasten bis Ostern. 313. Osterfeuer. 313. Osterfeuer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3809-D