73. Sterbensgedanken einer gläubigen Seele

Eigene Melodie

1.
So geht's von Schritt zu Schritt zur großen Ewigkeit,
So unvermerkt verschwind't die kurze Lebenszeit!
Wo blieb so mancher Tag und wo so manches Jahr?
Was hat ein Sterblicher von dem, das gestern war?
2.
Du Gott der Ewigkeit, der mir dies Leben gab,
Ich geb' es dir zurück, samt was ich bin und hab'.
Ich will nur leben dir, dir will ich sterben auch;
Gib, daß ich Zeit und Kraft zu deinem Dienst nur brauch'!
3.
Ich schließ' die Augen jetzt und sage gute Nacht
Der Sichtbarkeit, dem Traum, damit ich auf der Wacht
Mit Herzensinnigkeit vor deinen Augen leb'
Und deinem Geiste Raum in mir zu wirken geb'.
4.
Nun, ich verlass' die Welt und will zum Vater gehn,
Hier bin ich nicht zu Haus, hier will ich nichts ansehn;
Der kurze Rest der Zeit soll dir gewidmet sein,
Zu werden, Vater, dir und jener Welt gemein.
[496] 5.
Bereite mich, und wann dies Leben ist vorbei,
Mein ewigbleibend Gut mein wahres Leben sei!
Verlaß mich denn auch nicht im letzten Augenblick,
Daß ich mag Jesus sehn und nicht auf mich zurück!
6.
Ich leer' mich gänzlich aus vor dir mit höchstem Recht,
Ich bin ein armer Wurm und ein unnützer Knecht;
So ganz entblößt sink' ich in Jesu Wunden ein,
Will auch nur jetzt und dann in ihm erfunden sein.
7.
Der Feind hat nichts an mir, das Herz in Jesus ruht;
Tief in mein Nichts versenkt, ist Jesus, all mein Gut.
O wie verdank' ich's dir, daß du zu mir gewandt
Dein offnes Vaterherz und wurdest mir bekannt!
8.
Dich, Vater, Sohn und Geist, ich meinen Gott bekenn',
Den ich als Schöpfer ehr' und auch Erlöser nenn'.
Es ist mir herzlich lieb, daß du bist, der du bist,
Und daß mein ganzes Heil in deinen Händen ist.
9.
Ich zeuge, daß du bist das ewig sel'ge Gut,
Worin der Geist allein und höchst zufrieden ruht;
Dich, Majestät, verehrn, dein Dienst ist Seligkeit,
Und dazu wünsch' ich mir die ganze Ewigkeit.
10.
Ich lege meinen Geist in deine treue Hand,
Mein Heiland, du bewahrst dies dir vertraute Pfand;
Mein'n letzten Atemzug laß reine Liebe sein,
Ausgehend geh mein Geist zu deiner Ruhe ein!
[497] 11.
O Ruh der Ewigkeit, Da wird's denn doch geschehn,
Daß ich dich, höchstes Gut, so wie du bist, werd' sehn
Und ewig bei dir sein mit jener sel'gen Schar;
Ich bet' gebücket an, mein Gott, du bist es gar.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Tersteegen, Gerhard. Gedichte. Geistliches Blumengärtlein. Drittes Büchlein. 73. Sterbensgedanken einer gläubigen Seele. 73. Sterbensgedanken einer gläubigen Seele. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-4D8B-B