Kommt mir ja nicht dem Schäfer zu nah', ihr Ziegen, ich rath' euch!

Lakon aus Sybaris ist's: er maus'te mir gestern ein Geißfell.

Sit – da! werdet ihr mir von dem Quell wegbleiben, ihr Lämmer!

Kennt ihr ihn nicht, der unlängst die Syringe mir stahl, den Komatas?

Welche Syringe? Wann hattest du jemals, Knecht des Sibyrtas,

Eine Syring' im Besitz? Dir also wär's nicht genug mehr,

Daß du mit Korydon was auf der Halmpfeif' schnarrest wie immer?

Die mir Lykon verehrte, du Edelgebor'ner! Doch welches

Fell nahm Lakon dir mit? Das möcht' ich wissen, Komatas.

Hat doch Eumaras, dein Herr, selbst keines dergleichen zum Bette.

Das mir Krokylos gab, das scheckige, als er den Nymphen

Neulich geopfert die Geiß. Du, Nissiger, wolltest schon damals

Bersten vor Neid, und ruhtest auch nicht seitdem, bis ich blutt war.

Nein, beim Pan, dem dieß Ufer gehört! der Sohn der Kaläthis,

[45] Lakon, er raubte dir nicht dein Fell, Freund! oder ich will hier

Gleich von dem Fels wahnsinnig hinab in den Krathis mich stürzen!

Nein! bei den Nymphen des Sumpfs, du Redlicher, sei es geschworen –

(Und ich wünsche sie hold mir gesinnt und gnädig für immer)

Keineswegs hat deine Syringe Komatas gestohlen!

Wenn ich dir glaube, so mögen die Schmerzen des Daphnis mich treffen!

– Auf jetzt! willst du zum Preis ein Böcklein setzen? (es ist ja

Nichts so Großes) – ich biete die Wett', und singe dich nieder.

Trat doch die Sau mit Athenen in Wettkampf. Siehe, da steht mein

Böcklein! so setz' ein gemästetes Lamm zum Preise dagegen.

Wie, du Fuchs, das hieße dir wohl ganz richtige Theilung,

Das? Wer schiert denn Zotten für Wolle? und geht an der jungen

Ziegenmutter vorbei, um die garstige Hündin zu melken?

Wer sich, wie du, so gewiß schon des Siegs hält, wenn er als Wespe

Plump mit Gesums die Cikade bekämpft. Indessen, das Böcklein

Dünkt dir zu schlecht: sieh, hier ist ein Bock: wohlan, so beginne.

Eilt es dir so? dich brennt ja kein Feu'r! Weit lustiger wär' es,

Unter dem Waldoleaster im Busch da drüben zu singen,

Wo schön kalt das Gewässer daher rauscht, wo es an Gras nicht

Fehlt, noch an Moos zum Sitz und wo Feldheimengeschwätz ist.

O mir eilet es nicht! Mich ärgert nur, daß du so frech kannst

Grad' in das Aug' mir schau'n, du, den ich vor Zeiten als Bübchen

[46] Selber gelehrt. Wo blieb mein Dank? Ich wollte, du zögest

Wolfsbrut auf, Hundsbrut, und würdest gefressen von ihnen!

Nun, wann lernt' ich denn je, wann hört' ich irgend was Gutes,

Daß ich noch wüßte, von dir, du neidischer, alberner Knorp du?

Damals, als ich von hinten dich kriegte! Du schriest, und die Ziegen

Meckerten alle dazu und der Geißbock war so geschäftig!

Gründlicher sollst du dereinst nicht verscharrt sein, Krummer, als du mich

Damals kriegtest! Nur zu, komm' her! Nun singst du dein Letztes!

Nein, ich komme dir nicht. Da grünt's von Eichen und Galgant;

Und schön summen da rings um die Honigkörbe die Bienen;

Auch zwei kühlige Quellen ergießen sich, und von den Bäumen

Zwitschern die Vögel; ein Schatten ist hier, dagegen ist deiner

Nichts, und die Pinie wirft aus der Höhe mir Zapfen herunter.

Aber du trätest bei mir auf Lammvließdecken und Wolle,

Weicher wie Schlaf, wenn du kämst. Die Geißbockfelle bei dir da

Sind abscheulicher noch von Geruch beinah' wie du selber.

Einen geräumigen Krug weißschäumender Milch für die Nymphen

Stell' ich dar, und einen gefüllt mit lieblichem Oele.

Giengest du her, auf das zärteste Farrnkraut würdest du treten

Und auf blüh'nden Polei; ich spreitete Felle von Ziegen

Unter, wohl viermal so weich als die Lammvließdecken bei dir sind.

Aber zum Opfer dem Pan stell' ich acht Kannen mit Milch vor,

Und acht Schalen, gefüllt mit honigtriefenden Scheiben.

Gut, so singe du dort dein Feldlied, kämpfe von dort her!

Nimm dir den eigenen Sitz bei deinen Eichen! Doch wer ist,

Frag' ich nun, Richter? Ich wollte, Lykopas käme, der Kuhhirt!

Nicht noth thuts' mir um den im mindesten. Aber es holzet

Einer da drüben bei dir, er sammelt sich Heiden zu Bündlein:

Bist du's zufrieden, so rufen den Mann wir her, er ist Morson.

Mein'thalb.

Rufe du ihn!

He, Landsmann! Komm' doch ein wenig,

Und hör' uns. Wir streiten da, welcher von Beiden dem Andern

Käme zuvor im Gesang; nun richte du, wackerer Morson;

Weder mir zu Gefallen, noch daß du diesen begünstigst.

Ja, bei den Nymphen! ja wohl, Freund Morson, gib dem Komatas

Nichts voraus, doch räum' auch dem Andern nicht über Verdienst ein.

Dort die Heerde gehört dem Thurier, Freund, dem Sibyrtas,

Und hier siehst du die Ziegen des Sybariten Eumaras.

Aber, beim Zeus, wer fragte dich denn, du Wicht, ob die Heerde

Dort dem Sibyrtas gehört, ob mein? Ei über den Schwätzer!

Ehrlicher Freund, ich rede die Wahrheit gern, und das Großthun

Lieb' ich nicht, du aber, du bist ein giftiger Zänker.

Nun – sing', wenn du was kannst, und laß mir lebendig den Mann doch

Wieder zur Stadt! O Päan! ein Schwatznarr bist du, Komatas.

Mir sind freundlich die Musen, ja freundlicher noch wie dem Sänger

Daphnis; ich habe noch jüngst ein Zicklein ihnen geopfert.

Mich hat Apollon erwählt zum Liebling; ich weide den schönsten

Widder für ihn, denn die Karneen sind vor der Thüre nun wieder.

Zwillinge warfen die Ziegen, nur zwei nicht; alle die melk' ich;

Sieht's mein Mädchen, – o Armer, so ruft sie, melkst du alleine?

Ho! dem Dutzende nach füllt Lakon die Körbe mit Käse,

Und auf blumiger Wiese den zartesten Knaben umarmt er.

Zärtlich bereits mit Aepfelchen wirft Klearista den Hirten,

Treibt er die Ziegen vorbei, und wispert ihm heimlich ein Wort zu.

Kratidas brennt mir im Herzen, der glatte! Von selber dem Schäfer

Eilt er entgegen, ihm fliegt das glänzende Haar um den Nacken.

Aber man wird Hambutten doch nicht, und wird Anemonen

Nicht mit den Rosen vergleichen, die blüh'n am Gartengehege!

Eicheln mit Berg-Süßäpfeln auch nicht; in trockene Hülsen

Steckt sie der Baum; doch diese sind schon von außen wie Honig.

Und ich bringe dann gleich ein Ringeltäubchen dem Mägdlein,

Aus dem Wachholdergebüsch; dort brütet es oben im Neste.

Kratidas aber bekommt weichflockige Wolle zum Mantel

Von mir geschenkt, sobald ich mein Schaf, mein schwarzes, geschoren.

Heda! vom Oelbaum fort, ihr gelüstigen! da ist die Weide!

Hier an dem Abhang hin, wo es voll steht mit Tamarisken.

Willst du mir weg von der Eiche, du, Konaros, und du, Kynätha?

Dorthin suchet euch Futter, dem Aufgang zu, wie Phalaros!

Mein ist ein Melkgeschirr, ein cypressenes, mein auch ein Mischkrug,

Den Praxiteles schnitzt', ich spare sie beide dem Mädchen.

Und mir dienet ein Hund bei der Heerde, der würget die Wölfe;

Diesen verehr' ich dem Knaben: er jagt dann wacker das Wild ihm.

Allzeit schnellt ihr mir über den Zaun, Heuschrecken, am Weinberg!

Daß ihr mir ja nicht die Reben beschädiget, weil sie noch zart sind!

Seht mir doch, ihr Cikaden! der Geißhirt, was er sich angreift,

Weil ich ihn reize! So pflegt ihr selber zu reizen die Schnitter.

Feind den Füchsen bin ich, den wolligen Schwänzen, die Mikon's

Weinberg immer besuchen am Abende, Trauben zu naschen.

Ebenso feind ich dem Käfergezücht', das an des Philondas

Feigen sich macht, und auf und davon dann geht mit dem Winde.

Weißt du noch, wie ich zu Leib' dir ging, und wie du mit Grinsen

Hin und her dich wandest, so schön, an der Eiche dich haltend?

Nein, nichts weiß ich davon; doch wie einmal dich Eumaras

Dort anband und dich weidlich gegerbt, das denkt mir noch gar wohl.

Morson, hast du gemerkt? hier steigt schon Einem die Galle.

Geh' doch, hole mir Skillen vom Grab, recht trockene, hurtig!

Uebel empfand hier Einer den Treff; du siehst es doch, Morson?

Lauf' an den Hales geschwind und grabe mir tüchtige Knollen!

Himera ströme mir Milch statt Wasser! O Krathis und du sollst

Purpurn fließen von Wein, und das Weidicht trage mir Früchte!

Honig mir ströme der Quell Sybaritis! da soll in der Frühe

Lauteren Seim für Wasser das Mädchen sich schöpfen im Eimer.

Kytisos können bei mir und Aegilos weiden die Ziegen,

Mastixlaub streu' ich und Arbutus ihnen zum Lager.

Aber den Schafen bei mir zur Sättigung wächset Melisse

Ringsum, häufig auch blüht, wie Rosen zu schauen, der Kistos.

Nicht mehr lieb' ich Alkippe; sie gab kein Küßchen mir neulich,

Hold bei den Ohren mich fassend, als ich ihr brachte die Taube.

Aber ich lieb', ich liebe Eumedes! Als ich unlängst ihm

Meine Syring' hingab, wie anmuthvoll er mich küßte!

Lakon, die Nachtigall streitet fürwahr wohl nicht mit der Elster,

Noch mit dem Wiedhopf füglich der Schwan – Armseliger Zänker!

Stille gebiet' ich dem Schäfer nunmehr. Hiermit, o Komatas,

Schenkt dir Morson das Lamm. Doch wann du den Nymphen es opferst,

Sende dem Morson auch des leckeren Fleisches ein Stückchen.

Ja, das send' ich bei'm Pan! Hellauf, ihr Böcke! nun soll mir

Jubeln die Heerde zumal! Ich selbst, ich lache die Haut mir

Ueber den Schäfer da voll, den Lakon! Hab' ich ihm doch noch

Abgewonnen das Lamm! Ich möcht' in den Himmel ja springen!

Macht euch lustig, o Ziegen, ihr hörnergeschmückten! Ich führe

Morgen euch alle gesammt zum Bad im Quell Sybaritis.

– Heda, du Weißbalg dort, du stößiger, wo du mir anrührst

Eine Geiß, ich schlage dich lahm, noch eh' ich den Nymphen

Schlachte das Lamm. – Da ist er schon wieder! Nun, wenn dir das hingeht

Dießmal, will ich Melanthios heißen und nimmer Komatas!