[91] XVII.
Lob des Ptolemäos.

Hymne.


Fangen mit Zeus wir an und enden, o Musen, mit Zeus auch,
Wenn den Vortrefflichsten wir der Unsterblichen feiern in Liedern;
Unter den Sterblichen aber zuerst sei genannt Ptolemäos,
Wie auch zuletzt und mitten: Der Edelste ist er der Männer.
Wenn die Heroen vordem, die Entsproßten von Söhnen der Götter,
Herrliche Thaten gethan, so gewannen sie kundige Sänger:
Ich nun, das Schöne zu sagen nicht kundlos, will Ptolemäos
Feiern im Lied; sind Lieder doch selbst der Unsterblichen Schmückung.
Wenn in den waldigen Ida ein Mann eintritt mit der Holzart,
Sieht er die Fülle sich an, wo sogleich des Werks er beginne:
Was denn sag' ich zuerst? Unzähliges giebt es zu künden,
Welches der Könige Bestem die Götter zur Ehre gegeben.
Schon zu Vollbringung des Großen wie groß war vor ihm sein Vorfahr,
Lagos' Sohn, Ptolemäos, so oft in das Herz er gefasset
Einen Gedanken, wie nimmer ein andrer zu denken vermöchte!
Gleich an Ehr' auch hat mit den endlos Seligen Vater
Zeus ihn gestellt, und von Gold ein Gemach in dem Hause Kronions
Strahlt ihm, wo auch, verstehend die Gaben der Lieb', Alexandros
Thronet, ein furchtbarer Gott ob den farbigen Mitren der Perser.
Jenen entgegen erhebt dem Kentaurenerwürger Herakles
Hoch sich der Stuhl, aus des Demants unlöslicher Härte bereitet,
Und mit andern Bewohnern des Himmels genießt er des Mahls dort.
[92] Über die Enkel der Enkel von seligen Wonnen erfüllet,
Weil aus den Gliedern derselben Kronion das Alter genommen,
Und Unsterbliche heißen die Sprößlinge, die ihm entstammen.
Beiden ja ist Altvord'rer der tapfere Herakleide,
Beid' auch zählen empor bis auf zu Herakles am Schlusse.
Darum, wenn von dem Schmause, gesättigt des duftenden Nektars,
Dieser zurück nun kehrt ins Gemach der geliebten Gemahlin,
Reicht er dem Einen den Bogen und armumschwebenden Köcher,
Aber dem Andern die Keule, die eherne, knotenumstarrte,
Und zur ambrosischen Kammer der lilienfüßigen Hebe
Bringen sie, so wie die Waffen, den zeusentsprossenen Ahnherrn. –
– Wie dann unter den Frauen von weiblicher Zucht und Verstande
Ragt Berenike hervor, der Erzeuger beglückende Wonne,
Welcher die Herrin von Kypros, die mächtige Tochter Diones,
Mit zartnervigen Händen den duftenden Busen gestreift hat!
Drum angemutet dem Mann hab' nie so eines der Weiber,
Sagen sie, wie die Gemahlin, die zärtlichst geliebt Ptolemäos.
Er auch wurde geliebt noch inniger, so daß den Kindern
Anzuvertrauen das Ganze des Hauses er nimmer verzagte,
Wenn er, ein Liebender, je sich nahte dem Bett der Geliebten.
[Ein unliebendes Weib hat stets in Fremden die Seele;
Oft zwar hat sie Geburten, doch Kinder unähnlich dem Vater.]
Du an Schönheit die Fürstin der Göttinnen, o Aphrodite,
Du warst jener zur Hut; du schufest es, daß Berenike
Nimmer, die Liebliche, fuhr durch Acherons Woge der Schmerzen;
Sondern sie raffend, bevor sie hinunter gestiegen zum Schiffe,
Welches, umnachtet und düster, unrastende Fähr' ist der Toten,
Trugst du sie weg in den Tempel, die Ehr' mit ihr theilend, die eig'ne.
Mild haucht allen Gebor'nen ins Herz sie zartes Verständnis,
Von den bedrückenden Wuchten entlastend die Sorgen der Sehnsucht.
Du mit den Brauen der Nacht, Argeierin, Tydeus' Genossin,
Du hast Kalydons Mann, Diomedes den Würger, geboren;
Thetis, gegürtet mit Pracht, den Entschwinger der Lanzen, Achilleus,
Aeakos' Sohne, dem Peleus; und dich, o Held Ptolemäos,
Gab Ptolemäos, dem Helden, das holdeste Weib, Berenike,
Und dich vom Schoße der Mutter, ein eben geborenes Knäblein,
[93] Nehmend, ernährete Kos, wo zuerst du den Morgen erblicktest.
Denn zur Eileithya, der Gürtelerschließenden, rief dort
Schwer von Wehen beklommen Antigones Tochter um Hilfe;
Und die trat ihr zur Seite in Huld, ausgießend durch alle
Glieder der Schmerzen Befriedung, und ähnlich dem Vater geboren
Wurde der liebliche Knab'; da jubelte Kos, ihn anschauend,
Und mit liebenden Händen das Kindlein umfassend begann sie:
»Glücklich erwachs', o Sohn, und ehr' mich, wie Phöbos Apollon
Vordem Delos geehrt, die umwund'ne vom blauenden Stirnband;
Gieb auch nicht minderen Ruhm an die ragende Höhe des Triops,
So viel Ehren erteilend den nah' anwohnenden Dorern,
Als sie der Herrscher Apollon erwies der geliebten Rhenäa!«
Also die Insel, und hoch aus Wolken herab klang dreimal
Ruf vom mächtigen Adler, des Glückes verbündendem Vogel.
Zeichen von Zeus war dies; denn unter dem Schutze Kronions
Stehet der Könige Hoheit; doch groß wird wen er geliebet
Schon bei seiner Geburt, und Fülle des Segens umgiebt ihn,
Viel auch beherrscht er der Erde hinfort und viel von dem Meere.
Tausend der Länder der Welt und tausend der Männergeschlechter
Bringen Getreide zu Hauf, das Regen Kronions genährt hat;
Doch treibt keines so viel wie Aigyptos' niederes Blachfeld,
Wenn der geschwollene Nil die befruchtete Scholle gelockert;
Keins hat Städte so viel kunstfertigen Menschen zum Wohnort,
Denn drei Hunderte stehen erbaut ihm Sitze der Bürger,
Und drei Tausende noch zu dreimal Zehntausend derselben,
Zwiefach Dreie sodann und wiederum dreimal der Neune,
Welche zusammen beherrscht als König der Held Ptolemäos.
Auch Phönikiens eignet in Teil ihm, so wie Arabiens,
Syriens, Libyens auch und des Landes der dunkelen Mohren;
Ob den Pamphyliern allen und speerwurfkund'gen Kilikern
Waltet er, Lykiern auch und schlachtenerfreueten Karern
Und dem kykladischen Kranz; denn Schiffe vom ragendsten Hochbord
Segeln ihm über die See, und das Meer allhin und die Erde
Mit der Ströme Gebraus ist dem Wink Ptolemäos' gehorsam.
Vielen der Reisigen auch und Träger der Schilde, gewappnet
Rings in schimmerndes Erz, umdröhnen in klirrender Schar ihn.
[94] Alle die Kön'ge zusamt aufwög' er an Fülle des Reichtums,
So viel jeglichen Tag geht allher ein in sein Schatzhaus,
Und es bestellen die Völker ihr Werk, jedwedes in Ruhe,
Denn kein Feind, durchschreitend den scheusalwimmelnden Nilstrom,
Hat vom Land her je in den Dörfern erhoben den Schlachtruf,
Noch vom beflügelten Schiff ans Ufer ist einer gesprungen,
Waffengerüstet, hinweg die ägyptischen Rinder zu treiben:
So ist der Mann, der Sitz in den breiten Gefilden genommen,
Kundig zu schwingen den Speer, blondlockig ums Haupt, Ptolemäos.
Eiferig ist er bedacht, all' was er ererbte, zu schirmen,
Wie es des Königes Amt, und andres erwirbt er sich selber.
Doch nicht nutzlos liegt in dem vollen Palast ihm das Gold da,
So wie der Ameis' Reichtum, der mühenden, immer ihr lagert,
Sondern es haben des viel die gefeierten Häuser der Götter,
Da stets Erstlingsopfer und andere Gaben er dar bringt;
Viel auch wurde gereicht an tapfere Völkerbeherrscher,
Viel an Städte gegeben und viel den wackern Genossen.
Nie auch zum Kampfe des Bacchos ist priesterlich einer getreten,
Kundig den Klängen des Liedes, den lieblichen, Stimme zu geben,
Dem durch würdig Geschenk er Lohnung der Kunst nicht gereicht hat.
Darum besingen der Musen Verkünder auch stets Ptolemäos,
Dankend empfangener Gunst: und was dem gesegneten Manne
Höheres gäb's als des Namens Ertönung unter den Menschen?
Die bleibt heut' den Atriden, das übrige aber, was zahllos
Sie sich gewonnen als Beute in Priamos' mächtiger Veste,
Liegt in Dunkel gehüllt, woher nie wieder es rückkehrt.
Dieser allein hat den Frühern und denen, von welchen die Fußspur
Warm noch ist, in den Staub, worüber sie traten, gedrücket,
Hat für Mutter und Vater erbaut süß duftende Tempel;
Beid' auch prächtig in Golds und Elfenbeines Geschmeide,
Stellt' er hinein, Hülf' bringend den Erdebewohnenden allen.
Auch viel Schenkel verbrennt er gemästeter Stiere, so oft sich
Wieder erneuen die Monde, auf rot umströmten Altären,
Er und die treffliche Gattin mit ihm: kein edleres Weib hat
Um den Vermähleten je in der Kammer die Arme geschlungen,
Wie aus innerstem Herzen am Bruder sie hängt und Gemahle.
[95] So auch wurde bestellt der Unsterblichen heil'ge Vermählung,
Welche die Herrscherin Rhea gebar, dem Olympos zu Fürsten,
Und es bereitet ein Lager für Zeus und Here zum Schlummer,
Glänzend die Hände von Salben, die noch jungfräuliche Iris.
Heil dir, Fürst Ptolemäos! auch dein, gleich anderen Söhnen
Gottlichen Stammes gedenk' ich, und kein zu verwerfendes Wort wohl
Sprech' ich gegen die Enkel; von Zeus ja kommt dir die Tugend.

N.

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TextGrid Repository (2012). Theokrit. Lyrik. Idyllen. 17. Lob des Ptolemäos. 17. Lob des Ptolemäos. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-4FB6-C