Heilige Verträge

Es ist ein Jahr, da saßen sie im Haag,
Der Fürsten hochwohlweise Abgesandte,
Sie schwätzten jeden gottgegebnen Tag
Und bliesen, was doch sicher keinen brannte.
Sie drehten sich um eines Fürsten Wort,
Dem seine Langeweile ging zu Herzen,
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Und der sich plötzlich fühlt' als Friedenshort,
Als Heiland für der Menschheit arge Schmerzen.
Sie schmierten jeden Tag ein Protokoll
Und schrieben feierlich voll milder Tugend,
Daß sich nicht künftig mehr verbluten soll
Für ihre Fürsten ganz Europas Jugend.
Das Schauspiel schloß mit hergebrachtem Pomp,
Musik, Tedeum, Reden, Glockenbimmeln,
Die Herrscher müssen immer mit Aplomb
Sich gegenseitig vor der Welt verhimmeln.
Was aber blieb von dem verbrieften Pakt?
Von allen Eiden, Reden, von der Feier?
Der erste Schuß zerfetzte den Kontrakt
Drei Monat' später. 's ist die alte Leier
Und wird es bleiben, denn die Welt ist dumm,
Sie läßt sich immer wieder gern betrügen,
Sie nimmt als Sakrileg es wirklich krumm,
Zeigt man ihr schonungslos die hohlen Lügen.

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TextGrid Repository (2012). Thoma, Ludwig. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Politisch Lied. Heilige Verträge. Heilige Verträge. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5119-0