Erweckung

Heut, nach Jahren, sah ich Josephine.
Welch ein Schreck!
Ach, ich kannt sie mit der Unschuldsmiene –.
Die ist weg.
Kannte sie noch, als sie leise senkte
Lid und Wimper, wenn ein Mann sie kränkte.
Durft ihr niemals nach halb neune nahn . . .
Wer hat diese Augen aufgetan?
[197]
Ihre Blicke waren einstmals züchtig.
Keusch und blind
küßte sie ihr gutes Muttchen flüchtig,
wie ein Kind.
Heute rufen ihre blauen Sterne:
Bleib! Ich sterbe küssend gar zu gerne –!
Wer geleitet sie auf süßer Bahn?
Wer hat diese Augen aufgetan?
Von der Liebe immer fortzugleiten,
ist mein Fluch.
Finster schreib ich Tagesneuigkeiten
in dies Buch.
Ach, Germania, sieh auf Josephinen!
Dir ist noch kein starker Mann erschienen.
Glaubst noch immer deinem Kinderwahn . . .
Wann wird dir die Seele aufgetan?

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TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1919. Erweckung. Erweckung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-6D32-6