Todesgefühl

Wie Sterbenden zumut, wer mag es sagen?
Doch wunderbar ergriff mich's diese Nacht;
Die Glieder schienen schon in Todes Macht,
Im Herzen fühlt ich letztes Leben schlagen.
Den Geist befiel ein ungewohntes Zagen,
Den Geist, der stets so sicher sich gedacht;
Erlöschend jetzt, dann wieder angefacht,
Ein mattes Flämmchen, das die Winde jagen.
Wie? hielten schwere Träume mich befangen?
Die Lerche singt, der rote Morgen glüht,
Ins rege Leben treibt mich neu Verlangen.
Wie? oder ging vorbei der Todesengel?
Die Blumen, die am Abend frisch geblüht,
Sie hängen hingewelket dort vom Stengel.

Notes
Entstanden 1810, Erstdruck 1812.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Uhland, Ludwig. Todesgefühl. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-6FE1-C