Geisterleben

Von dir getrennet, lieg ich wie begraben,
Mich grüßt kein Säuseln linder Frühlingslüfte;
Kein Lerchensang, kein Balsam süßer Düfte,
Kein Strahl der Morgensonne kann mich laben.
Wann sich die Lebenden dem Schlummer gaben,
Wann Tote steigen aus dem Schoß der Grüfte,
Dann schweb ich träumend über Höhn und Klüfte,
Die mich so fern von dir gedränget haben.
Durch den verbotnen Garten darf ich gehen,
Durch Türen wandl ich, die mir sonst verriegelt,
Bis zu der Schönheit stillem Heiligtume.
Erschreckt dich Geisterhauch, du zarte Blume?
Es ist der Liebe Wehn, das dich umflügelt.
Leb wohl! ich muß ins Grab, die Hähne krähen.

Notes
Erstdruck 1813.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Uhland, Ludwig. Geisterleben. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-708E-1