Das neue Orakel

Propheten unsrer Zeit,
Zigeuner, alte Weiber,
Und wer ihr alle seyd,
Der Neugier Zeitvertreiber!
[59]
Nun ists um euch gethan:
Wer wird euch künftig fragen?
Der Coffeesatz fängt an
In Bildern wahrzusagen.
Die Phantasie erklärt
Des Ausspruchs finstre Züge.
Die sieht, wann ihrs begehrt,
Im Schlamme Baar und Wiege:
[60]
Wie, wer den öden Wald
Um Mitternacht durchziehet,
Bald eines Geists Gestalt,
Bald helle Schätze siehet.
Auch mich versichert sie
Mit ernstlicher Geberde,
Daß ich, nach kurzer Müh,
Mein Mädchen schnäbeln werde.
Ihr Auge täuscht sie nicht:
Da schnäbeln sich zwo Tauben;
Und was sie mir verspricht,
Hilft mir die Liebe glauben.
[61]
Sey gläubig, sprödes Kind!
Und komm und laß dich küssen.
Kein Sterblicher entrinnt
Des Schicksals festen Schlüssen.
Denn Tauben stehen da,
Kann ich sie gleich nicht sehen.
Was Bileam nicht sah,
Sah doch sein Esel stehen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Uz, Johann Peter. Gedichte. Sämtliche poetische Werke. Lyrische Gedichte. Zweytes Buch. Das neue Orakel. Das neue Orakel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-732C-1