[317] 62. An einen Verirrenden, der geprüft zu haben vorgab

11.–12. August 1800.


Das Licht der Überzeugung
Ist heitres Forschens Lohn.
Doch schwüle Herzensneigung
Heißt dir Religion.
Wann strebtest du zur Klarheit
Ätherischer Vernunft?
Du nahmst für Gottes Wahrheit
Gebot der Priesterzunft.
Wann schiedest du mit Strenge
Das Wesen von Gestalt?
Was weiland Pfaffenmenge
Durch Trotz entschied, das galt.
Das galt, was ward seit gestern:
Vernunft, das Heiligtum
Der Ewigkeit, zu lästern,
War dir Verdienst und Ruhm.
Du dunkeltest, du flochtest
Des blinden Glaubens Seil;
Du, Kind der Satzung, pochtest,
Wie auf alleinig Heil.
Wer deine Himmelsleiter
Nicht stieg, dem fluchtest du,
Wo nicht der Husse Scheiter,
Doch Ketzernamen zu.
Der frei des Priesterfrones
Uns schuf, und lehrte: Liebt!
Das Wort des Menschensohnes,
Wie hast du's ausgeübt?
[318]
Trat Zweifel dir entgegen;
Nie standst du ihm getrost,
Anringend nach Vermögen:
Du bebtest und entflohst.
Kehr um, du sinkst noch tiefer,
Kehr um, verlockter Freund,
Als Forscher und als Prüfer,
Zu dem, der um dich weint!

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TextGrid Repository (2012). Voß, Johann Heinrich. Gedichte. Oden und Lieder. 62. An einen Verirrenden, der geprüft zu haben vorgab. 62. An einen Verirrenden, der geprüft zu haben vorgab. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-8812-E