Deutscher

Religion ist die Seele der Kunst und heil'ge Geschichte,
Und die Bibel allein bringt ihr Gedeihen und Heil.
Glauben und Frömmigkeit sei's und stille christliche Demuth,
Und der heilige Geist, der dich beseele zum Werk.
Fliehe vor allem den Reiz der Sinnlichkeit, denn der Aesthetik
Ist sie Sünd', ist sie Tod, wie der Moral sie es ist.
Geist, unsichtbares Wesen, geheimnißvolles und tiefes
Hast du zu malen, und nicht irdische niedre Natur.
Denn nach ihrem Gesetz, nach ihren lieblichen Formen
Schaue du nicht, das genügt einzig dem heidnischen Sinn.
Aus der eigenen Tiefe, dem innern Schauen und Fühlen
So empfange dein Bild, schaff' es von innen heraus;
Und weil wir unsichtbar Unsichtbares bilden nicht können,
Sei's von der groben Natur wenigstens gänzlich entfernt.
Drum mit wenigem Fleisch und himmlischer Magerkeit kleide
Deine Heil'gen, so daß fast ihre Seelen man sieht.
Alte Meister, sie lehren es dich, mit frommer Verehrung
Schaue sie an, und es wird dir das Geheimniß enthüllt.
Besser sind ihre Fehler, als selbst die Tugenden Neu'rer,
Bete Fiesole an, Guido verachte mir brav.
Bleibst du in Armuth auch, und schätzt man hienieden dich wenig,
Ist dir die Gnade dafür, jene von oben, gewiß.

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TextGrid Repository (2012). Waiblinger, Wilhelm. Deutscher. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-8BF5-7