Die vierunddreißigste Fabel.
Von Vögelen und vierfüßigen Tieren.

Es ist geschehn auf eine zeit,
Die vögel hetten einen streit
Mit den vierfüßigen tieren.
Es wolt kein teil den streit verlieren,
Wiewol auf beiden seiten war
Mü, angst, sorge und große far.
Das merket an die fledermaus,
Von andern vögeln dräet sich aus,
Besorgte sich, die vögel solten
Die schlacht verlieren, drumb sie wolte
In sicherheit on sorge leben,
Zun feinden tet sie sich begeben.
Die vögel nemen ir sachen war,
Zum hauptman hettens den adlar.
Der adler fürsichtig fürt den haufen,
Daß sie recht an einander trafen.
Die vögel wie ein pfeil zuflogen:
Der verlorn hauf ward erst erschlagen,
Darnach die vögel all gemein
Setzten zum gwaltigen haufen ein.
Die tier wurden in die flucht bracht,
Die vögel gwunnen also die schlacht.
Als sie das feld erobert hetten,
Die fledermaus in die acht teten
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Und hielten sie gar untüchtig,
Daß sie war worden feldflüchtig;
Ir lebenlang nicht kommen tar
Under ein aufricht fendlin dar;
In den steinritzen muß liegen,
Bei liechtem tag darf sie nicht fliegen,
Wie man noch auf heutigen tag
An fledermeusen sehen mag.
Es lert uns hie die fledermaus,
Die sich dräet in den nöten aus,
Daß, der mit ern nicht bleibt bestan
In nöten bei eim frommen man,
Ist wert, daß man in verechtlich helt,
Wie eim treulosen im nachstellt.
Der an die feind nicht helt die heut,
Dem wird nichts von der ausbeut.
Ders unglück nicht hilft auseßen,
Desselben wird im glück vergeßen.
Wer sich das kraut vom tisch leßt schrecken,
Der wird auch nicht den braten schmecken.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Waldis, Burkhard. Fabeln. Esopus. Erster Theil. Das erste Buch. 34. Von Vögelen und vierfüßigen Tieren. 34. Von Vögelen und vierfüßigen Tieren. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9081-2