[241] Die achtundfunfzigste Fabel.
Vom Bauren und einer Maus.

In einem dörflin saß ein baur,
Dem ward für großer armut saur
Sein leben und von kummer schwer;
Doch war er aus der maßen ser
Kurzweilig, sein lecherlich boßen
Im unglück nicht kont underlaßen.
Demselben ward sein armes haus
Mit feur anzündt, daß er lief draus;
Und wie ers nicht erretten kunt,
Wärmt sich und mit den andern stund,
Sahs an; verlorn war all sein hoffen.
Ein meuslin kam bald ausher gschloffen,
Dacht auch zu fliehen solchen brand;
Der baur erwischts mit seiner hand
Und sprach: »Du bös, undankbar tier,
Weils wolgieng, bliebstu stets bei mir,
Jetzt fleuhst von mir im ungeheur!«
Bald warf ers in dasselbig feur.
Die fabel gibt uns underscheid
Zwischen freunden in lieb und leid:
Kein falscher freund nimmer bestet
In not, wenns an ein treffen get;
Welcher aber, wenns glück hinfellt,
Fest, tapfer bei seim freunde helt
In nöten wie ein biderman,
Den sol man setzen oben an.

Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Waldis, Burkhard. 58. Vom Bauren und einer Maus. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-90A3-3