Drunkenheit

Kont ihr mich dan sunst gar nichts fragen,
ihr herren, meine gute freind,
dan was ich euch könd neues sagen,
wie stark und wa jetzund der feind?
ich bit, doch wollet mir verzeihen,
mit fragen nicht zu fahren fort,
dan sunsten will ich euch verleihen
kein einig wort.
Ich red nicht gern von schmähen, träuen,
von krieg, bronst, raub, unglück und not,
sondern allein, uns zu erfreuen,
von gutem wildbret, wein und brot.
den man der wein mit lieb entzündet
und das brot stärket ihm den leib,
daß er das wildbret besser findet
bei seinem weib.
So lang zu reden, lesen, hören,
und mit dem haupt, hut, knü, fuß, hand
gesandten, herren, könig ehren,
so lang zu sprachen an der wand,
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so lang zu schreiben und zu reden
von Gabor, Tilly, Wallenstein,
von Frankreich, Welschland, Denmark, Schweden
ist eine pein.
Darum fort, fort mit solchem trauren,
daß man alsbald bedeck den tisch,
und keiner laß die müh sich dauren,
wan wein, brot, fleisch und alles frisch;
der erst bei tisch soll der erst drinken,
so, herren, wie behend? wolan!
schenk voll! die frau thut dir nicht winken.
nu fang ich an.
Ho! Toman, Lamy, Sering, Rumler,
es gilt euch! dieser muß herum!
ich weiß, ihr seid all gute tumler
und liebet nicht was quad und krum,
dan nur das, so man kaum kan manglen,
die weiber wissen auch wol was,
gedenkend alsbald an das anglen.
aus ist mein glas.
Nim weg von meinem ohr die feder,
gib mir dafür ein messer her;
ho, Schweizer, kotz kreuz, zeuch von leder
und Schweizer gleich streb nu nach ehr!
wolan, ihr dapfere soldaten
mit unverzagtem frischen mut
waget zu neu und freien thaten
nu fleisch und blut.
Feind haben wir gnug zu bestreiten
in dem vortrab und dem nachtrab;
nu greifet an auf allen seiten
und schneidet köpf und schenkel ab,
indem sich streich, schnit, biß vermischen,
und der nachtrab mag hitzig sein,
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so ruf ich stets, euch zu erfrischen:
ho! schenk uns ein!
Sih, wie mit brechen, schneiden, beißen
dem lieben feind wir machen graus!
laß mich das spanfärlin zerreißen,
stich dem kalbskopf die augen aus.
so, so, wirf damit an die frauen,
die, wan sie schon so süß und mild,
doch könden hauen und auch klauen.
es gilt! es gilt!
Wan die soldaten vor Roschellen,
wan die soldaten vor Stralsund
die mauren könten so wol fällen,
als herzhaft wir zu dieser stund
nu stürmen wollen die pasteien,
ich sag: die stark wildbret pastet,
so würden sie nicht lang mehr freien
die beede stät.
Frisch auf, wer ist der beste treffer?
ha ha! frisch her! ho, ich bin wund!
das pulver ist von salz und pfeffer!
ho! die brunst ist in meinem mund!
doch sih, es hat euch auch getroffen;
zu löschen, muß es nicht mehr sein
gedrunken, sondern stark gesoffen.
so schenk nur ein!
Durch diesen becher seind wir siger!
so sauf herum knap, munder, doll!
drink aus! es gilt der alten schwiger!
ich bin schon mehr dan halb, gar, voll.
darum so laß den käs herbringen.
kom küß! so küß mich artlich! so!
laß uns ein lied zusamen singen!
hem hoscha ho!
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Die Schwäblein, die so gar gern schwätzen,
in Thüringen, dem dollen land,
fräßen ein rad für eine bretzen
mit einem käs aus Schweizerland.
in unsrer hübschen frauen namen
Schwab, Schweizer, Thüringer, Franzos,
so singet frölich nu zusamen:
kom küß mich, ros!
O daß die Schweizer mit den lätzen,
die Schwaben mit dem leberlein,
die Welschen mit den frischen metzen,
die Thüringer mit bier und wein
in ihrer hübschen frauen namen
ein jeder frölich, frisch herum
sing, spring und drink, und allzusamen.
küß mich widrum!
Nu schenk uns ein den großen becher,
schenk voll! so! so! ihr liebe freind,
ein jeder guter zecher, stecher
so oft, als vil buchstaben seind
in seines lieben stechblats namen,
hie disen ganz abdrinken soll;
ich neunmal, rechnet ihr zusamen.
es gilt ganz voll.
Wol! hat ein jeder abgedrunken?
drei, fünf, sechs, siben, zehenmal?
ist dises käs, fisch oder schunken?
ist dises pferd grau oder fahl?
darauf ich schwitz? gib her die flaschen!
es gilt herr Grey, herr Gro, Gro, Groll!
so dise wäsch wird wol gewaschen!
seid ihr all doll?
Ho! seind das reuter oder mucken?
buff, buff! es ist ein hafenkäs
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zu zucken, schmucken, schlucken, drucken.
warum ist doch der A. das gsäß?
pfui dich! küß mich! thust du da schmecken?
wer zornig ist, der ist ein lump!
hei ho! das ding die zähn thut blecken.
bump bidi bump.
Ha! duck den kopf! scheiß, beiß, meerwunder.
nu brauset, sauset laut das meer.
ein regen, hagel, blitz und dunder.
hei, von heuschrecken ein kriegsheer!
ho! schlag den elefanten nider.
es ist ein stork! ha, nein, ein laus.
glück zu! gut nacht! kom, küß mich wider.
das liecht ist aus.
Alsdan vergessend mehr zu drinken
sah man die vier, wie fromme schaf,
zu grund und auf die bänk hinsinken,
beschließend ihre freud mit schlaf.
und indem sie die zeit vertriben,
hat diesen seiner freinden chor
alsbald auf dise weis beschriben
ihr Filodor.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. Drunkenheit. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-925A-A