[190] An Tobias von Ponica von Elstra, des gleichlosen teutschen heldens Bernhards, herzogen zu Sachsen Geheimen Rat

Warum, ihr herren diser welt
seid ihr den lastern so ergeben?
wird euch ohn tugend euer geld,
nachdem ihr tot, wider beleben?
Euch mag villeicht ein lüginmund
um ein erbetteltes almosen
mit liederlichem lied, ohn grund,
ohn leben und geschmack, liebkosen:
Doch kan ihr lied, wie eure ehr,
die zugleich kriechend auf der erden
seind allen ehrliebhabern schwer
(recht euerm taback gleich) nicht mehr
dan rauch, gestank und aschen werden.
Ich, den des himmels gütigkeit
mit einem solchen geist ergetzet,
der rühmlich in die ewigkeit
bald einen werten namen setzet,
Kan leider! jetz in dem Teutschland
sehr wenig nach lob strebend finden,
weil vil sich lassen (pfui der schand!)
durch lust, forcht oder geiz verblinden.
Darum auch die, so wider recht
stark oder faul endlich verderben
und der wut oder trägheit knecht,
unmenschlich, teufelisch, torecht,
den thieren gleich, ohn namen sterben.
Dan es nu recht, daß die person,
die in der that ihr wert erwiesen,
und die schon hat der tugend kron,
weltkundig werd und hoch gepriesen.
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Warum dan, mein freind, der du dir
laßt meine vers sehr wol gefallen,
laß ich nach schuldiger gebühr
von dir nicht mein gesang erschallen?
Wär mein undankbare trägheit
nicht billich von dir anzuklagen,
wan ich nicht solt mit der warheit
für der welt, deines lobs klarheit
zu singen, mich gebürlich wagen?
Die neun göttinnen, deren lehr
belohnet uns mit grünen kränzen,
rein zu erhalten ihre ehr
seind nicht wie huren, die fuchsschwänzen;
Doch seind sie auch so gar stolz nicht,
wie jetz gemeinglich die jungfrauen,
die mit gefälschtem angesicht
mit saur gerünzelten augbrauen,
Mit einem kalten affenblick,
mit schimpflich lächlendem angaffen
ein herz, das schon in ihrem strick
sie ehret als sein bestes glück
und liebend lobet, schnell abschaffen.
Die tugend, als die beste frucht,
die man in ihrer schul erfasset,
gebeut uns aller laster flucht
und daß der undank werd gehasset:
Und ein lehrreiches lobgesang,
mit müh und zier recht ausgesetzet,
ab dessen frölich frischem klang
der götter herz sich selbs ergetzet,
Ist der dank für die, so mit gunst
gern der poeten lieb verbinden,
und lobet sie mit solcher kunst
daß sich die zeit bemüht umsunst,
ihr stetes lob zu überwinden.
Nu dir versprich ich und gelob
(will dir es auch steif ferners halten),
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daß deiner tugend ruhm und lob
soll weder sterben, noch veralten;
Dan ich will sie so tief und klar
der ewigkeit portal einetzen,
daß das allfressend starke jahr
sie nicht soll ändern noch verletzen:
Ich will mit so getreuem mund
(wan ja die Musen nicht betriegen)
dein leben machen also kund,
daß man sich darab alle stund
soll, wie du dich ab mir, vernügen.
Gleichwie man in der finstern nacht
das firmament voll stern kan sehen:
so sihet man der tugend pracht
frisch blühend nur auf dir bestehen.
Du bist recht den halbgöttern gleich,
vor alter zeit so hoch geehret,
und Amor wie Mars hat sein reich
durch dein gesicht und herz vermehret:
Zierd, höflichkeit, verstand, wolstand,
die haben deine seel ganz innen,
daß leichtlich du in allem land
kanst mit dem mund und mit der hand
der menschen herzen bald gewinnen.
Ja das gestirn, durch dessen reis
die welt ihr täglich lasset zünden,
sicht alles zwar in dem umkreis,
kan aber niemand dir gleich finden:
Dein glaub, treu und beständigkeit
seind an purheit nicht zu vergleichen,
wie dan auch deine dapferkeit
darf keines heldens kühnheit weichen:
Und deines frülings süße blust
so lieblich riechet schon auf erden,
daß das Teutschland in seiner brust
mit wunder und mit großem lust
spricht, daß dein herbst muß fruchtreich werden.
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Doch wie vil früchten hat es schon
von deiner dapfern faust empfangen?
sicht man nicht einen baum mit wohn
zumal voll blust und früchten hangen?
Also bist du; dir ist nicht gnug
persönlich einen hof zu zieren,
beredt, erfahren, emsig, klug
in vilen sprachen zu studieren:
Sondern du zeuchst herzhaft hinaus,
kühn in dem läger einzukehren,
vil lieber dan in einem haus,
da du dan deine feind mit graus,
was du erlernet, bald kanst lehren.
Ein schlechtes und verzagtes herz
entsetzet sich ab den gefahren,
und seine forcht, die selbs ein schmerz,
kan es nicht sicher gnug bewahren:
Ja ist es nicht ein große schmach,
daß die, die nur zu sterben leben,
so faul von leib, von mut so schwach,
sich darfen nicht dem krieg ergeben?
Sehr elend ist der durch kleinmut
muß krank auf seinem bet lang zagen,
und selig ist der, so sein blut,
sein leben, seine ruh, sein gut,
für gottes ehr, in wind darf schlagen.
Also thust du. Die weite welt
wird solches nimmermehr verschweigen,
und in dem Teutschland manches feld
wird solches allzeit gern bezeugen:
Jedoch wan ich mit höherm ton
einmal sing von dem potentaten,
der dein, gleich wie auch du sein, wohn,
wan ich erkling laut seine thaten,
Alsdan soll dein und andrer preis,
die ihm wol dienen, klar erschallen;
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entzwischen laß nach deiner weis
dir, Ponica, den schlechten fleiß,
den mein herz reich macht, nicht misfallen.

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TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. An Tobias von Ponica von Elstra. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-93A5-7