Frank Wedekind
Musik
Sittengemälde in vier Bildern

1. Bild. Bei Nacht und Nebel

Personen

Personen.

    • Josef Reißner, Gesangspädagoge.

    • Else, seine Frau.

    • Klara Hühnerwadel, Musikschülerin.
1. Szene
Erste Szene
Klara Hühnerwadel, dann Else Reißner.
Klara steht am Fenster. In der Ferne schlägt eine Turmuhr die siebente Stunde. Klara zählt laut die Schläge von eins bis sieben.

KLARA.

Was, schon sieben Uhr! – Vor fünf Minuten hat es sechs geschlagen. – Eine ganze Stunde schon stehe ich hier! – Allmächtiger Gott, allmächtiger Gott, was ist aus mir geworden! Allmächtiger Himmel, was wird aus mir! Aufhorchend. Jetzt kommt jemand! Endlich! Endlich! Es klopft. Herein!


Else Reißner tritt ein, vollkommen verhetzt und verstört.
ELSE.

Hier bin ich! Gott im Himmel weiß, wie ich bis hierher gekommen bin! Ich selbst werde es wohl niemals wissen! Ich glaubte, das Schrecklichste, was ein Mensch erleben kann – ich glaubte, das alles längst erlebt und hinter mir zu haben! Dieser Keulenschlag! Nein, ich war auf alles nur denkbar Mögliche gefaßt! Seit Jahren bin ich in jeder Minute, die ich atme, auf das Aller-, Allerschrecklichste gefaßt! Aber diese ... diese Keulenschläge! – Nein, ich weiß in diesem Augenblick nicht, ob ich überhaupt noch lebe!

KLARA.
Aber du, Else? Warum kommst denn du?
ELSE.

Warum ich komme? Ich? Ich bringe dir das Geld für dein Billett, für deine Fahrkarte bis Antwerpen! Hast du denn deine Sachen gepackt?

KLARA.

Ich habe eine Tasche gepackt. Ich kann nichts anfassen! Ich kann nichts denken! Ich kann von hier nicht bis zu dem Schrank hinüber. Ich bin an Kopf und Händen gelähmt! Meine übrigen Sachen müssen mir nachgeschickt werden!

ELSE
sinkt in einen Sessel.
Allmächtiger Gott, ich kann mir nicht vorstellen, wie ich das überlebe!
KLARA.

Else! – Ich wage dir nicht den kleinsten Schritt näher zu kommen. Ich ... Plötzlich von ihrem Gefühl überwältigt, wirft sie sich Else zu Füßen und umklammert ihre [7] Kniee. Else! Else! Kannst du mir denn vergeben? Kannst du mir verzeihen, Else? Ich bitte dich, Else, sag mir, daß du mir vergibst! Sag es mir, bitte! Du tust ein Werk der Barmherzigkeit, Else! Ich werde alles Entsetzliche, was mir bevorsteht, leichter ertragen können!

ELSE
ihr das Haar streichelnd.

Du, Klara? – Du tust mir unsäglich leid. – Mehr sagen kann ich nicht. Du bist ja nicht die Erste. Richtet sie mühsam empor. Aber was hilft uns das! Wo hast du denn deine Tasche?! Du mußt doch genügend Wäsche mitnehmen! Du weißt ja gar nicht, unter was für Menschen du bis morgen abend kommst!

KLARA.

Ich muß natürlich fort! Muß so rasch wie möglich fort! Das ist selbstverständlich. Aber muß ich denn notwendig heute abend schon reisen?

ELSE.

Das fragst du mich, Klara? Wie soll ich das wissen?! Ich weiß von der ganzen Sache nichts, als was mir Josef vor zwei Stunden erzählt hat. Ich bin ja von seinen Worten noch ganz betäubt! Er sagte, der Verhaftsbefehl gegen dich sei heute nachmittag erlassen worden, und wenn man dich noch nicht abhole, dann wolle man dir nur die Möglichkeit geben, heute noch über die Grenze zu kommen.

KLARA.

Wenn ich hier bleibe, soll ich also morgen schon ins Gefängnis?! – O Gott im Himmel, wo hätte ich mir vor einem Jahr, als ich hierher kam, träumen lassen, daß mir solche Höllenqualen bevorständen!

ELSE.

Ich habe mir – das kann ich bei allem, was heilig ist, schwören – bis vor zwei Stunden nichts von alledem träumen lassen! Ich habe Josef und dich seit einem Jahr, vor allem seit dem Tage, an dem du seine Privatschülerin wurdest, so angstvoll, so eifersüchtig beobachtet, wie nur eine Frau von meinen Erlebnissen zwei Menschen beobachten kann. Ich war ja das ganze Jahr hindurch auf gar nichts anderes gefaßt, als daß er ein Verhältnis mit dir anfangen werde! Ich bin aber offenbar ein Rindvieh, das man aus Gründen der öffentlichen Sicherheit totschlagen müßte! So überrascht hat mich noch in meinem Leben nichts wie die Eröffnungen, die mich jetzt in diesem entsetzlichen Augenblick zu dir hierherführen!

[8]
KLARA.

Else! – Ich kann dir genau erzählen, wie alles gekommen ist, und zwar gerade von dem Augenblick an, wo ich seine Privatschülerin wurde! Ich hätte mich nie in meinem Leben darauf einlassen dürfen, seine Privatschülerin zu werden! Aber ich bin fest überzeugt, daß du, die du ihn kennst und liebst, ihm verzeihen wirst. Ich allein bin ja einzig an allem schuld! Ich ...

ELSE.

Ich beschwöre dich hoch und teuer, Klara, erzähle mir nichts von euch! Ich habe nicht die Kraft, noch mehr zu hören, als was mir Josef erzählt hat! Ich wäre zum Speicher hinaufgerannt und hätte mich erhängt, wenn mich dein grauenvolles Elend nicht daran gehindert hätte! Josef sagt, du brauchest mindestens zweihundert Mark, sonst steckst du morgen im Gefängnis. Zwei Scheine aus ihrer Tasche nehmend. Hier ist das Geld! Frag mich nicht, von wem ich es habe! Um es zu bekommen, habe ich vielleicht eine neue hirnlose Eselei begangen, die sich nie in diesem Leben wieder gutmachen läßt!

KLARA.

Der Himmel erbarme sich meiner, dann nehme ich dein Geld nicht! Ich habe Josef und dir durch meine verzweifelten Entschlüsse wahrhaftig schon Unglück genug gebracht! Lieber lasse ich mich morgen ins Gefängnis sperren!

ELSE.

Was wird denn dann aber aus Josef und mir, wenn du ins Gefängnis kommst?! Josef verliert seine sämtlichen Schülerinnen, er verliert seine Stelle an der Akademie! Josef und die Kinder und ich sind brotlos! Deine Abreise ist das einzige, was uns alle retten kann!

KLARA
das Geld nehmend.
Von wem hast du denn das Geld bekommen?
ELSE.

Von Franz Lindekuh habe ich es. Ich wußte in meiner Angst nirgends anders hin! Ich erzählte ihm, es handle sich um einen Wechsel, den Josef unterschrieben habe. Dabei kam Franz Lindekuh selber auf den Prozeß zu sprechen. Er sagte, in der morgigen Sitzung werde das Urteil gefällt. Er fand es unbegreiflich, daß ich die Zeitungsberichte nicht kannte. Franz Lindekuh hatte aber jedenfalls noch keine Ahnung davon, daß du, Klara, in den Prozeß verwickelt bist.

[9]
KLARA.
Hattest du denn die Zeitungsberichte wirklich nicht gelesen?
ELSE.

Aber natürlich habe ich sie gelesen! Das war ja heute nachmittag das unsagbar Schauerliche! Ich sitze eben beim Kaffee und lese die Zeitung. Seit vierzehn Tagen hat mich in dem elenden Blatt überhaupt nichts anderes als der Prozeß der Frau Fischer mehr interessiert. Eine Frau, die sich Damen aus allen Gesellschaftskreisen, die sich den Folgen ihrer Abenteuer entziehen möchten, gegen die ungeheuersten Bezahlungen gefällig erweist; wen auf Gottes Welt interessiert ein solcher Prozeß nicht! Ich lese eben den zwölften Verhandlungstag; ich freute mich gerade darüber, daß nun endlich einmal keine gesellschaftlichen Unterschiede mehr gelten sollten, sondern daß rücksichtslos alle Schuldigen bestraft wurden. Da tritt Josef ein, totenbleich, und sagt, er brauche sofort zweihundert Mark, sonst seien wir beide verloren. Ich lachte vor mich hin, ich fragte ihn, ob er zuviel getrunken habe. Da schrie er. »Du hast es ja schwarz auf weiß vor dir gedruckt, wofür ich das Geld brauche.« Da ging mir ein Licht auf, wie ich es vor meinem Tode nicht noch einmal aufflammen sehen möchte. Ich stürzte die Treppe hinunter, um, koste es, was es wolle, die zweihundert Mark aufzutreiben. Darüber sind zwei Stunden vergangen. Ich hätte dir das Geld für deine Flucht mit dem besten Willen nicht rascher verschaffen können.

KLARA.

Es läßt sich mit Worten nicht schildern, Else, was ich, während wir, Josef und du und ich, Abend für Abend beieinander saßen – was ich während dieser Abende an Folterqualen ausgestanden habe! Josef und ich, wir hatten einander kaum einmal die Hand gedrückt – es war ein Augenblick, in dem ich das Bewußtsein, einen eigenen Willen zu haben, vollständig verloren hatte –, da offenbarten sich mir auch schon die Folgen meiner Bewußtlosigkeit. Und nun saß ich mit euch beiden zusammen, saß dir, Else, Auge in Auge gegenüber, fühlte bei jedem Schluck, den du trankst, den Argwohn, mit dem du mich ins Auge faßtest, und mußte mir dabei gestehen, daß ich, deine Freundin, schlecht genug war, um [10] dich durch mein Benehmen immer und immer wieder über den wirklichen Sachverhalt hinwegzutäuschen! Aus dieser grauenhaften Weinstube, in der wir so oft beieinander saßen, ist mir jedes Bild und jedes Licht und jedes Gesicht wie ein unaufhörlich bohrendes Messer in Erinnerung! Und dann kam das Fürchterlichste! Mir krampfen sich heute noch die Finger zusammen, wenn ich an die Stunden zurückdenke! Meine Mutter schrieb mir, der schweizerische Bundesrat habe einstimmig beschlossen, ich solle am Schützenfest in Glarus die Partie der Eva in der »Schöpfung« von Haydn singen. Ich erschien mir aus den Himmeln meiner glühenden begeisterten Liebe für meine Kunst wie durch einen unerschütterlichen Blitzstrahl auf die Erde genagelt! Die erste große Aufgabe, die sich mir bietet, mußte mich in dieser Lage finden! Meine Mutter telegraphierte mir. Wann kommst du? Wann darf ich dich erwarten? – Und ich ... und ich ... aber meine künstlerische Zukunft durfte und konnte an diesem unseligen Zusammentreffen nicht scheitern! Drei Tage und drei Nächte habe ich eingeschlossen in meinem Zimmer vor Verzweiflung in mich hineingeschrien und mir die Finger blutig gebissen, um durch den körperlichen Schmerz meine Seelenqualen zu betäuben. Da fiel mein Blick zufällig auf eine Zeitungsannonce, deren Abfassung gar keinen Zweifel darüber ließ, worauf sie sich bezog. Und diese Annonce stand so gebieterisch vor meiner gemarterten Seele, als wäre mein dreitägiges Jammern um Gnade und Erbarmen endlich, endlich von einem höheren Wesen erhört worden! Ich hätte es für die himmelschreiendste Ruchlosigkeit gehalten, dem Wink nicht blindlings zu folgen. Am gleichen Abend ging ich zum erstenmal zu dieser Frau Fischer. Nachdem sich ihre Giftmischerei dann glücklich bei mir bewährt hatte, da war das Eidgenössische Schützenfest in Glarus längst vorbei und ich, ich war so zerrüttet, so elend, daß ich ein Vierteljahr lang überhaupt an kein Singen mehr denken konnte! – – Else! Hast du angesichts meines fürchterlichen Jammers denn gar kein Wort der Vergebung, des Erbarmens für mich?!

[11]
ELSE.
Es kommt jemand.
KLARA
aufhorchend.
Ja, weiß Gott, es ist jemand gekommen! Das wird Josef sein! Da es klopft. Herein!
2. Szene
Zweite Szene
Josef Reißner. Die Vorigen.

JOSEF
hastig eintretend.
Ja, was ich sagen wollte ...Zu Else. Hast du das Geld bekommen?
ELSE.
Ich habe es Klara gegeben.
JOSEF
zu Klara.

Du mußt mit dem Zuge acht Uhr fünfzig fahren. Du kannst auf dem Bahnhof noch etwas essen. Morgen früh um zehn Uhr bist du in Antwerpen. Ich war eben noch auf einen Sprung im Justizpalast. Das Urteil wird jedenfalls heute abend noch gefällt. Man sagt, die Frau Fischer werde mit zwei Jahren Gefängnis davonkommen. Das läßt darauf schließen, daß ihre Mitschuldigen vielleicht völlig straflos ausgehen werden. Aber trotzdem mußt du fort. Die Staatsanwaltschaft würde es als die gröbste Herausforderung auffassen, wenn du hier bliebst. Zu Else. Ich traf Franz Lindekuh eben vor dem Justizpalast. Franz Lindekuh meinte, der Paragraph achthundertundzwölf sei überhaupt gar nicht zum Schutz des Kindes in das Strafgesetzbuch aufgenommen worden. Der Schutz des Kindes, meinte Franz Lindekuh, sei nur ein plumper Vorwand, durch den sich das Volksbewußtsein über den eigentlichen Zweck des Paragraphen achthundertundzwölf blauen Dunst vormache. Der eigentliche Zweck des Paragraphen achthundertundzwölf, meinte Franz Lindekuh, sei der, die Eingeweide des weiblichen Körpers als ein dem männlichen Unternehmungsgeist reserviertes Spekulationsgebiet strafrechtlich abzusperren. Übrigens hätte auch die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen die Frau Fischer niemals erhoben, wenn die entlassene Magd der Frau Fischer nicht die schamlosesten Erpressungsversuche gemacht hätte. Die Frau Fischer hatte die Magd, [12] wie sich jetzt herausstellt, aus dem einfachen Grunde entlassen, weil die Person sie bestohlen hatte. Sie hatte ihr die Hemden aus dem Wäscheschrank gestohlen, und dann noch einen Schmuck von ihrer Großmutter, dessen Wert die Frau Fischer auf siebentausend Mark angab. Die Magd drohte dann nach ihrer Entlassung zuerst der Frau Fischer selber mit Anzeige, und als die ihr nicht antwortete, schrieb sie direkt an die jetzige Frau Oberstallmeister, die ihr natürlich auch nicht antwortete. Darauf schrieb sie an deren Mann, den Oberstallmeister selbst – selbstredend auch ohne Erfolg. Und dann wandte sie sich an die Mutter der Dame, eine hochangesehene sechzigjährige Gräfin, die in diesen Fragen vollkommen die gleichen Überzeugungen hat wie Franz Lindekuh, und die seit Jahren in allen Frauenvereinen für eine Petition an den Reichstag um Abänderung des Strafgesetzbuches Propaganda macht. Diese Dame übergab nun die Zuschrift der entlassenen Magd der Frau Fischer kurzweg der Staatsanwaltschaft. Offenbar hatte die alte Gans in ihrem Idealismus gehofft, daß ihr Schwiegersohn, den sie wie die Sünde haßt, nun gezwungen sein werde, die Kastanien, die ihr seit Jahren so sehr am Herzen liegen, aus dem Feuer zu holen.

ELSE
sich erhebend.
Ich bin jetzt hier in diesem Zimmer wohl überflüssig ...
JOSEF.
Ja, was ich noch sagen wollte, Else ...
ELSE.

Mir – Josef! – hast du hier in diesem Zimmer nichts mehr zu sagen. Das Geld, das du um fünf Uhr von mir verlangtest, habe ich Klara verschafft. Aber Klara hast du vor ihrer Abreise hier in diesem Zimmer wohl noch sehr vieles zu sagen. Und auch ich habe Klara hier in diesem Zimmer noch etwas zu sagen ...

KLARA.

Mir, Else? – Ich nehme so unsagbar viel Unglück auf diese Fahrt mit – unglücklicher, als ich schon bin, kannst auch du, trotzdem du das größte Recht dazu hast, mich nicht mehr machen.

ELSE
von plötzlichem Grauen gepackt.

Nein, du barmherziger Himmel! Nein! Ich erbärmliches Unglücksgeschöpf! Ich weiß es ja, ich armselige Kreatur! Ich allein bin ja an eurem Verderben schuld, an unser aller Verderben! [13] Könnte ich meinem Manne die Kurzweil bieten, die du ihm bietest! Könnte ich ihm sein, was du ihm bist! Ja ja, daß ich ihm das nicht sein kann, wie viele Unschuldige hat das nun schon ins Verderben gestürzt! O warum hat man mich elenden Schwächling nicht vor meinem ersten Atemholen erwürgt! – Sie trocknet ihre Tränen. Aber ich – ich kann euch mit meinem Geheule nicht die letzte Minute zur Hölle machen. – Lebt wohl! – Sie geht auf Klara zu und reicht ihr die Hand. Leb wohl, Klara!

KLARA
mit einem bittenden Blick ihre Hand nehmend.
Else!
ELSE
weinend.
Ich bitte dich nicht um Vergebung. Ich gehe. Das ist einfacher. – Ab.
3. Szene
Dritte Szene
Klara. Josef.

JOSEF
aufatmend.
Gott sei Dank, daß sie draußen ist.
KLARA.
Wieviel Uhr hast du?
JOSEF
nach der Uhr sehend.
Dreiviertel auf acht.
KLARA.
Dann hol mir einen Wagen.
JOSEF.
Ich habe eine Droschke unten.
KLARA.
Weißt du noch, was ich dir sagte, als du mir nahelegtest, zu der Frau Fischer zu gehen?
JOSEF.

Lassen wir das jetzt. Nicht wahr? – Du kannst deinem Aufenthalt in Antwerpen mit der größten Gemütsruhe entgegensehen. Ich schicke dir monatlich hundertundfünfzig Mark. Damit kannst du leben. Derweil wird hier der Prozeß der Frau Fischer zu Ende verhandelt, und in zwei oder drei Monaten ist die ganze peinliche Geschichte vergessen, und um keinen Preis der Welt kommt weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft auf ihre Nebenumstände zurück. Dafür bürgen uns die Kreise, die dadurch in empfindlichster Weise in Mitleidenschaft gezogen würden. Dann kommst du ruhig von Antwerpen zurück, studierst hier noch ein halbes Jahr weiter, natürlich bei mir, und wenn du heute in einem Jahr nicht ein glänzendes Engagement als Wagnersängerin [14] an einem der ersten deutschen Theater hast, dann nenne mich einen Schuft! Ich kann dir in diesem Augenblick leider nichts anderes sagen. Wenn du in einem Jahr nicht das glänzendste Engagement als Wagnersängerin hast, dann – dann nenne mich einen Schuft!

KLARA
auffahrend.

Wenn ich daran zurückdenke, mit welchen Hoffnungen ich vor einem Jahr auf das hiesige Konservatorium kam! Allmächtiger Gott! Zu Hause der Abschied von meiner in Tränen aufgelösten Mutter! Aber keine Macht der Welt hätte mich von meinen künstlerischen Zielen abgelenkt! Die Liebe zu meiner Kunst war mir meine Religion! Ein höheres Gebot gab es in dieser Welt nicht für mich, als die seltenen Gaben, die mir unter Tausenden durch die Gnade des Himmels zuteil geworden, zur allerhöchsten Vervollkommnung auszubilden! Und mich brachte ich meiner Kunst so frei, so rein, so unangetastet als Einsatz dar. Ich brachte ihr alles, was sich in der kindlichen Knechtschaft an Seelenstärke, an innerlichen Erlebnissen in mir aufgespeichert hatte! Und dann die ersten Wochen am Konservatorium! Welch ein herrliches, feuriges Ringen! Wie wuchs da mit jedem Tage die Zuversicht! Je unüberwindlicher sich die Arbeit vor einem auftürmte, um so mächtiger wurde der Stolz, um so fröhlicher, um so freudiger war das rastlose Streben! Wenn ich daran zurückdenke! Allmächtiger Gott! Allmächtiger Gott! Wenn ich an diese Zeiten zurückdenke!

JOSEF.

Ich möchte nur sehen, wie du dich dieser vertrockneten Schulfuchserei an der Musikschule heute gegenüberstellen würdest. Diese staatlich konzessionierten Klavierhengste hätten dir im besten Falle eine auf beiden Beinen hinkende Klaviertechnik beigebracht, und du wärst als die größte Klavierlehrerin, die die Schweiz je gesehen, zu deiner in Tränen aufgelösten Mutter zurückgekehrt!

KLARA
flammend.
Was bin ich jetzt?!
JOSEF.

Jetzt bist du eine Künstlerin, um die sich in einem Jahre die ersten Theater die Hälse brechen werden. – Und wem verdankst du das?!

KLARA.

Da kamst du! Kamst mit deinem unwiderstehlich schönen [15] Fliegenden-Holländer-Bart! Spottetest über das Konservatorium, an dem du Lehrer bist! Sagtest, ich käme, wenn ich bei dir Privatunterricht nähme, in einem Vierteljahr weiter, als wenn ich mein ganzes Leben lang auf der Musikschule studiere! Benutztest jede Stunde, die ich mit meinen Mitschülerinnen bei dir war nur dazu um mir den Unterricht am Konservatorium als den sicheren Tod meiner Stimme hinzustellen! – Und wie sollte ich dir das alles nicht glauben, wo es sich doch um ein Institut handelte, das dich selber als Lehrer bezahlte! So kam ich denn schließlich um meine Entlassung ein und wurde deine – Privatschülerin! – Gelernt habe ich vieles bei dir, das weiß Gott im Himmel! Dein Privatunterricht hat Abgründe vor mir aufgetan, von deren Vorhandensein ich mir vorher nichts hatte träumen lassen! Ob ich im Lauf dieses Jahres am Konservatorium in meinen Musikstudien nicht vielleicht doch weitergekommen wäre? Ich will das nicht entscheiden. Ich weiß nur eines, was in diesem Augenblick unumstößlich feststeht: Weit ist es mit mir gekommen!

JOSEF.
Klara, wir müssen jetzt gehen.
KLARA
beginnt irre zu reden.

Zu meiner Mutter, Josef? – Ja, Geliebter! Gehen wir doch zu meiner Mutter! Es ist ja so selbstverständlich, daß wir zu ihr gehen! Du bist ja doch mein Mann, Josef! Wird die eine Freude haben, meinen Mann kennen zu lernen. Ihn stürmisch umarmend. Josef, Josef! Du bist mein Mann! Ich bin dein Weib, mein Geliebter! Bin ich es vielleicht nicht?! – Schmeichelnd. Komm, gehen wir zu meiner Mutter. Meine Mutter gibt uns ihren mütterlichen Segen, und dann fahren wir mit einem Schnelldampfer nach Amerika hinüber! Durch unserer Hände Arbeit, Josef, können wir in Amerika reich werden. Wir können uns das herrlichste Leben schaffen!

JOSEF
sucht sich loszumachen.
Wir müssen fort, Klara! In einer halben Stunde fährt dein Zug!
KLARA.
Ja, ja – – ins Gefängnis.
JOSEF.

Dein Zug nach Antwerpen. Es handelt sich um gar nichts weiter, als daß du hier in der nächsten Zeit nicht öffentlich gesehen wirst!

[16]
KLARA
sinkt weinend in einen Sessel.

In Tränen aufgelöst beschwor sie mich, mein Lebensglück nicht auf meinen unüberwindlichen Größenwahn zu setzen. Du, mein Kind, willst eine berühmte Sängerin werden. Du. Mit deinem Gesicht. Um eine berühmte Sängerin zu werden, rief sie, muß man andere Nerven haben, als du von deinen Eltern geerbt hast. Dazu gehört eine Pferdemagen, von dem wir uns in der Schweiz keine Vorstellung machen! Dazu muß man über Leichen gehen können! – Sie hatte recht! Sie hatte recht! Und ich in meinem hirnwütigen Größenwahn glaubte ihr nicht! Ich habe sie ausgelacht! Meiner lieben braven Mutter schenkte ich in meiner wahnwitzigen Selbstüberhebung keinen Glauben! Verzweifelt aufspringend. Könnte ich Dirne jetzt wenigstens vor sie hintreten und sagen: Ja. Ich habe mich überschätzt! Du hattest recht, Mutter. Ich bin keine Sängerin! Ich bin zu spießbürgerlich, ich habe zuviel Ehrgefühl, um eine wirkliche Sängerin zu werden! Aber nicht einmal das kann ich! Fort in Nacht und Nebel! Fliehen muß ich! Über die Grenze muß ich! Meine Kunst, meine Mitschülerinnen, meine Freunde, alles muß ich fliehen! Und dich muß ich fliehen! Dich, Josef! Das ist das Entsetzlichste! Dich, dem ich mein ganzes Elend verdanke! Dich, den ich liebe, wie ich mir irgend etwas auf Erden lieben zu können niemals träumen ließ! Ihn umarmend. Wie soll ich denn ohne dich, Josef, leben! Sage es mir, Josef, wie ich mir ohne dich helfe!

JOSEF.
Klara, es ist jetzt höchste Zeit! Der Zug wartet nicht auf uns!
KLARA
von ihm ablassend.

Sie sagte: »Du kannst dich auf einen Wettkampf mit den abgefeimtesten internationalen Abenteuerinnen nicht einlassen, ohne dabei deine Ehre aufs Spiel zu setzen ...«

JOSEF
die Reisetasche vom Tisch nehmend.
Ich trage dein Gepäck hinunter. Deine Fahrkarte nach Antwerpen habe ich in der Tasche.
KLARA
ihm folgend.
Wenn die eine Ahnung hätte, worauf ich mich habe einlassen müssen!

Beide ab.
[17]

2. Bild. Hinter schwedischen Gardinen

Personen

Personen.

    • Klara Hühnerwadel.

    • Josef Reißner.

    • Else Reißner.

    • Der Gefängnisdirektor.

    • Ein Aufseher,
    • Eine Aufseherin, im Gefängnis.
1. Szene
Erste Szene
Klara sitzt in blau und weiß gestreifter Sträflingskleidung, bestehend aus Rock und Jacke, am Tisch und liest im Neuen Testament. Plötzlich hört man draußen das Rasseln eines Schlüsselbundes. Sie erhebt sich und bleibt regungslos stehen. Ein Schlüssel wird von außen ins Türschloß gesteckt und umgedreht, zwei schwere Riegel werden zurückgeschoben. Darauf öffnet sich die Tür, und die Aufseherin in schlichter, grauer Kleidung, einen Packen Zeitungen unter dem Arm, tritt ein.

DIE AUFSEHERIN.

So! Da ist die »Allgemeine Deutsche Musikzeitung«! Der Herr Direktor hat mir mein Fett gegeben! Unsereins hat alles auszufressen! Das ist ein Leben mit euch Weibsbildern, ich danke schön! Eben kommt er ins Magazin, der Herr Direktors »Na, was fahren diese Zeitungen im Gefängnismagazin herum?! Ist unser Gefängnismagazin eine Trödelbude?!« – »Herr Direktor, das ist die ›Allgemeine Deutsche Musikzeitung‹, die das Fräulein von Siebzehn allwöchentlich zugeschickt bekommt.« – »Dann sagen Sie ihr, sie solle die Zeitungen ganz genau eine nach der andern dem Datum nach ordnen, und sie solle sie ganz genau eine auf die andere legen, so daß sich nirgends ein Eselsohr in dem Packen findet, und daß nirgends eine Ecke von einem Blatt aus dem Packen heraussteht!« Da haben Sie nun wenigstens was zu tun! Sie sollen die Zeitungen ganz genau eine nach der andern dem Datum nach ordnen, und Sie sollen sie ganz genau eine auf die andere legen, so daß sich nirgends ein Eselsohr in dem Packen findet, und daß nirgends eine Ecke von einem Blatt aus dem Packen heraussteht. Haben Sie soviel Verstand, um das zu begreifen?

KLARA.
Ja, ich habe es verstanden.
DIE AUFSEHERIN.

Also vorwärts, flink an die Arbeit! Bis Sie das Essen fassen, müssen Sie fertig sein! Dann kann ich den verdammten Packen wieder ins Magazin zurückbringen. [19] Sie nimmt den Kamm vom Regal und betrachtet ihn genau. Es ist nicht zu glauben, was das für Ferkel sind! Wozu gebe ich Ihnen denn den Zwirnsfaden? Sagen Sie mir nur, wozu gebe ich Ihnen jeden Sonnabendnachmittag einen Zwirnsfaden?!

KLARA.

Ich habe den Kamm, so gut ich konnte, gereinigt. Aber Sie haben mir noch nie gesagt, wozu der Zwirnsfaden da ist, den Sie am Sonnabendnachmittag hereinreichen.

DIE AUFSEHERIN.
Ihnen muß man alles hundertmal sagen!
KLARA.

Das lügen Sie! Sie haben es bis jetzt in den vier Monaten, die ich hier bin, absichtlich unterlassen, mir zu sagen, wozu der Zwirnsfaden da ist, den Sie mir am Sonnabend hereinreichen, damit Ihnen ja noch ein Vorwand übrig bleibt, um mich wie einen Dienstboten anzuschnauzen!

DIE AUFSEHERIN.

So eine Frechheit! Na, Sie sehen vor Pfingsten übers Jahr keinen grünen Baum wieder! Das kann ich Ihnen sagen! – Den Zwirnsfaden bekommen Sie, um Ihren Kamm damit zu reinigen! Wo haben Sie ihn denn?!

KLARA.
Meinen Kamm? Sie halten ihn ja in der Hand!
DIE AUFSEHERIN.
Nicht Ihren Kamm, zum Donnerwetter! Ihren Zwirnsfaden!
KLARA.
Ach so, meinen Zwirnsfaden. Sie nimmt den Zwirnsfaden vom Regal. Hier ist der Zwirnsfaden.
DIE AUFSEHERIN.

Geben Sie her! Natürlich voll Schmutz! Ferkel! Das eine Ende nimmt man in den Mund, zwischen die Vorderzähne. So! Sie tut es. Das andere Ende hält man mit der linken Hand fest. So, sehen Sie! Merken Sie sich das jetzt! Ich habe keine Lust, Ihnen das noch hundertmal vorzumachen! Dann faßt man den Kamm mit der rechten Hand und fährt an dem Zwirnsfaden gleichmäßig auf und nieder. Sie tut es. So, sehen Sie! Und so reinigt man – sorgfältig – der Reihe nach einen Zahn um den andern. Einen um den andern! Mit dem Kamm auf und nieder fahrend. Eins, zwei! Eins, zwei! – Werden Sie das jetzt endlich begriffen haben? – Eins, zwei! – Sie?!

KLARA.

Ja, jetzt wo Sie es mir gezeigt haben, weiß ich es. – Angstvoll. Aber der Arzt ist heute wie der nicht [20] gekommen! Vorgestern versprach er als sicher, daß er heute kommen und mir etwas verschreiben werde!

DIE AUFSEHERIN.

Der Gefängnisarzt? Das glaube ich Ihnen. – Nehmen Sie sich gefälligst ein Beispiel an unseren Mannsbildern da drüben! Wenn die sechs Wochen bei uns in Kost sind, dann haben sie ganz und gar vergessen, daß es überhaupt noch Weiber auf dieser Welt gibt. Fünfzehn Jahre bleiben sie dann hier, ohne daß ihnen auch nur im Traum einmal ein Weib vorkommt! Aber Ihr Weibsleute! Euch kann man im Dunkeln an die Kette legen, Ihr denkt Tag und Nacht nur an den Mann! Heute ist es der Gefängnisarzt und morgen ist es der Gefängnisgeistliche! Ihr denkt nur an den Mann, der Euch für all Eure Schande und all Euer Elend trösten soll!

KLARA
unter Krämpfen.

Ich werde wahnsinnig! Ich bin dem Selbstmord nahe! Ich habe gestöhnt und gestöhnt die ganze Nacht hindurch! Mein Herz hält das nicht mehr aus! Ich muß ein Schlafmittel haben! Ein Schlafmittel! Sagen Sie das dem Gefängnisarzt! Er muß mir etwas beruhigendes geben!

DIE AUFSEHERIN.

Ein heißes Fußbad! Ja, das können Sie haben! – Das hilft gegen Ihre Herzbeklemmungen. Ich bringe das heiße Fußbad herein, wenn Sie das Essen gefaßt haben. Bis ich Ihr Bett losschließe, stecken Sie Ihre Füße hinein, auch wenn's etwas weh tut. Soviel hält man aus, wenn man schlafen will! Den Gefängnisarzt, den haben Sie hier zum Schlafen nicht nötig!

2. Szene
Zweite Szene
In der offengebliebenen Türe erscheint Josef Reißner, hinter ihm ein Wachtmeister in Uniform.

KLARA
schreit überwältigt.
Josef ...!
JOSEF
sie mit einem Blick zur Besinnung bringend.
Gnädiges Fräulein.
DER WACHTMEISTER.
Sind Sie da, Aufseherin?
[21]
DIE AUFSEHERIN.
Ich bin hier, Herr Oberaufseher! Was ist es mit dem Herrn?
DER WACHTMEISTER
in der Tür stehenbleibend.

Der Herr Direktor haben dem Herrn Professor gestattet, die Zelle der Gefangenen zu betreten, natürlich vorausgesetzt, daß die Aufseherin anwesend ist. – Sie, Aufseherin, sind also da?

DIE AUFSEHERIN.
Ich bin hier!
DER WACHTMEISTER.
Und Sie bleiben auch hier?
DIE AUFSEHERIN.
Schon gut. Ich bleibe in der Zelle, solange der Herr hier ist.
DER WACHTMEISTER.
Na also. Er sieht sich flüchtig in der Zelle um und bleibt am Bett stehen. Wie das hier aussieht.

Klara zuckt nervös zusammen.
DIE AUFSEHERIN.

Ich sage es ja! Man kann mit den Weibsbildern reden und reden, soviel man will, es nutzt alles nichts!

DER WACHTMEISTER.

Eine gerade Linie muß die Matratze mit dem oberen Rand des Bettes bilden! Eine gerade Linie! Wenn das der Herr Direktor gewahrt, dann kriege ich einen Verweis!

KLARA
eilt an das Bett.
Ich bringe es gleich in Ordnung.
DER WACHTMEISTER.
Na also. Er verläßt die Zelle. Die Türe bleibt geöffnet.
3. Szene
Dritte Szene
Klara. Die Aufseherin. Josef.

JOSEF.

Gnädiges Fräulein! Ich möchte um alles in der Welt nicht, daß mein Erscheinen Erwartungen in Ihnen wachruft, die im nächsten Moment zur schmerzlichsten Enttäuschung werden können. Glauben Sie bitte nicht, in mir Ihren Befreier vor sich zu sehen. Mit voller Bestimmtheit läßt sich in diesem Augenblick noch wenig sagen. Aber die Tatsache, daß mich der Herr Gefängnisdirektor Ihre Zelle betreten läßt, ist mir ein untrügliches [22] Zeichen dafür, daß Ihrem Geschick jedenfalls eine günstige Wendung nahe bevorsteht.

KLARA.

Herr – Herr Professor! – Ich – ich – die Sprache – ich kann nämlich nicht sprechen! – in der Kehle – hier – seit vier Monaten – ich habe seit vier Monaten – keinen bekannten Menschen habe ich mehr gesehen! – Herr Professor – Plötzlich angstvoll auffahrend. Herr – Herr – Nein! – Gehen Sie fort, Herr! Lassen Sie mich allein! Sie bringen nichts Schönes, Herr! Mit Ihnen, Herr – kommt nichts Gutes über diese Schwelle! Nein! Niemals! Ich habe geschworen. Herr! Ich will mich auf das, was Sie mir sagen – ob Sie es mit Bestimmtheit sagen oder nicht mit Bestimmtheit sagen! – nie, nie mehr einlassen!

JOSEF
räuspert sich laut, dann mit starker Stimme.

Gnädiges Fräulein! In einer Viertelstunde von jetzt ab gerechnet – Es kann höchstens zwanzig Minuten dauern! – wird meine Frau hier bei Ihnen sein. Sie werden sich meiner Frau noch erinnern! – Gnädiges Fräulein, meine Frau hat ohne Ihr Wissen ein Immediatgesuch an den Landesherrn gerichtet ...

KLARA
vor sich hinmurmelnd.
Gnädiges Fräulein ...?
JOSEF.

Meine Frau, gnädiges Fräulein, hat ein Immediatgesuch, indem sie unter allerhand Begründungen um Ihre Begnadigung nachsucht, durch ich weiß nicht welche Vermittelungen an seine königliche Hoheit zu bringen verstanden. Und seine königliche Hoheit – soviel steht augenblicklich unumstößlich fest – haben das Gnadengesuch selber in Händen gehabt ...

KLARA
betrachtet lächelnd ihre Kleidung von oben bis unten.
Das gnädige Fräulein, das soll wohl ich sein?
JOSEF.

Ich konnte mit dem besten Willen nicht darauf gefaßt sein, gnädiges Fräulein, daß Ihnen der Anblick Ihres Lehrers, dem nur die Wahrscheinlichkeit einer baldigen günstigen Wendung in Ihrem Schicksal Zutritt zu Ihnen verschafft, daß Ihnen dieser Anblick so unerträglich sein werde! – Meine Frau hat sich an eine Dame gewandt, deren Verbindungen und Beziehungen gar keinen Zweifel an dem besten Erfolg ihrer Bemühungen aufkommen lassen!

[23]
KLARA
bricht plötzlich in die Kniee und windet sich in Krämpfen auf der Erde.

O womit habe ich das verdient! Womit habe ich das verdient! Nein, ich bin kein hysterisches Weibsbild! Ich bin nicht hysterisch! Ich bin es nicht! Aber ich kann nicht anders! Ich kann mir nicht anders helfen! O Gott, womit habe ich das verdient! O Gott, o Gott! ich bin nun einmal so! Die ganze vergangene Nacht habe ich an den fürchterlichsten Herzkrämpfen gelitten! Was Wunder, daß jetzt alles zum Ausbruch kommt. – O Gott, o Gott, o Gott, wenn mich doch jemand durchpeitschte! Wenn mich nur jemand peitschen wollte. Peitschenhiebe, bis ich kein Gefühl mehr in den Gliedern habe. Nur kein Gefühl mehr im Körper. Peitschenhiebe brauche ich. Nur kein menschliches Gefühl mehr! Um Gottes Barmherzigkeit willen die Peitsche. – Die Peitsche!

JOSEF
kniet neben ihr nieder und streichelt ihr geschäftig Stirn und Wangen.

Beruhigen Sie sich, mein Fräulein! Beruhigen Sie sich, mein Kind! Beruhigen Sie sich doch in des drei Teufels Namen! Habe ich als Ihr Lehrer denn nicht die Pflicht, mich darum zu kümmern, was aus Ihnen wird? Ich versichere Ihnen, daß ich Ihr Geschick während der ganzen Zeit Ihrer Gefängnishaft nicht eine Minute aus dem Kopfe verloren habe! Er richtet sie langsam empor. Und Gott sei's gedankt, hat sich Ihr Los doch seit dem Beginn Ihres Prozesses stetig zum Besseren gewandt. Vergessen Sie das doch bitte nicht! Sie sind jetzt auf dem allerbesten Wege, sich Ihr künstlerisches Leben neu zu gestalten. Denken Sie doch nur zurück! Unendlich viel schlimmer als der Aufenthalt hier im Gefängnis war doch für Sie die Zeit, die Sie in Antwerpen verlebt haben! Ihre Existenz war damals vollständig aussichtslos! War es denn da ein so unverantwortungsvolles Verbrechen von mir, daß ich Ihnen als Ihr Lehrer den Rat gab, nach Deutschland zurückzukommen, sich kurzerhand verurteilen zu lassen und in aller Stille Ihre Strafe zu verbüßen?. Jetzt können Sie doch endlich Ihre ganze Lebenskraft wieder frei und ohne Hindernisse für Ihre Kunst einsetzen! Bedenken Sie doch, was Sie durch die Quälereien, [24] die Sie hier erdulden mußten, gewonnen haben! Die Hälfte der über Sie verhängten Strafen haben Sie ja nun schon glücklich überstanden! Und wie ich eben andeutete, findet das Rätsel Ihres Geschickes ja in diesem Augenblick vielleicht schon eine ganz unerwartete günstige Lösung!

KLARA
unter seinen Liebkosungen wollüstig er schauernd.
Wie wohl das tut! – O Gott, wie wohl das tut!
JOSEF.

In Antwerpen kannten Sie keine menschliche Seele! Deutschland war Ihnen verschlossen! Zu Ihrer Mutter in die Schweiz zurückzukehren war Ihnen, solange Ihre künstlerische Zukunft nicht wieder frei und offen vor Ihnen lag, gleichfalls unmöglich!

KLARA.

Sie hatten recht, Herr Professor! Gottes Gnade behüte mich davor, die Tage noch einmal erleben zu müssen, die ich in Antwerpen verbrachte! Das war schrecklicher als alles, was ich hier in den vier Monaten ausgestanden! Vor meinem Fenster der schwarze Kanal, in den ich hinunterstarrte, während ich Woche um Woche kein Wort über die Lippen brachte! Kein Klavier! Keine Noten! Tat ich einmal den Mund zum Singen auf, dann war mir meine Stimme das gellende Verdammungsurteil, vor dem ich mich in den dunkelsten Winkel verkroch! Ein zermalmender Donnerschlag war mir der leiseste Laut, den ich sang! Und in der Schweiz meine Mutter, deren Briefe mir gewissenhaft nachgeschickt wurden! Die nicht ahnen durfte, wo ihr Kind war, geschweige denn, weshalb es dort war! Ich las und las und sah keine Möglichkeit, ihr ein Lebenszeichen von mir zu geben!

JOSEF.
Ja, was ich noch sagen wollte ...
KLARA.

Als du dann schriebst, es wäre wohl das beste, zurückzukommen, weil ich ja doch voraussichtlich freigesprochen würde ...

JOSEF.
Mein gnädiges Fräulein ...!
KLARA.

Ja, ja! Gewiß! – Meine Richter dachten im Traum nicht daran, mich freizusprechen. Sie verurteilten mich zu acht Monaten Gefängnis und ließen mich aus dem Sitzungssaal in diese Zelle bringen! Aber trotzdem ist mir doch die Fahrt von Antwerpen hierher als das reinste, [25] schönste Glück im Gedächtnis, das mir seit den Erlebnissen meiner frühesten Kindheit zuteil geworden ist.

JOSEF.
Sie spannen mich absichtlich auf die Folter!
KLARA.

Wie es freilich jetzt um meine künstlerische Zukunft aussieht, das liegt einstweilen für mich noch im dunkeln. Legen Sie hier doch einmal Ihre rechte Hand auf Ihr Herz, Herr Professor, und sehen Sie mir in die Augen! Glauben Sie immer noch daran, daß ich in einem Jahr eine der gefeiertsten Wagnersängerinnen bin?!

JOSEF
ihr ruhig in die Augen blickend.
Wenn Sie bei mir Privatunterricht nehmen!
KLARA.
Wenn ich bei Ihnen Privatunterricht nehme?!
JOSEF.
Was kann ich Ihnen als Gesangspädagoge anderes antworten. – Gott sei Dank, da kommt meine Frau!
4. Szene
Vierte Szene
Else Reißner, einige große Rosen in der Hand, tritt ein. Hinter ihr erscheint der Wachtmeister in der Tür. Die Vorigen.

ELSE
rasch auf sie zugehend.
Klara, ich bringe dir diese Rosen!
KLARA.
Else! – Die schönen Blumen! – Du findest mich hier in einer ganz unmöglichen Toilette!
DER WACHTMEISTER
in der offenen Tür.

Aufseherin! Der Herr Direktor sagt, Sie könnten die Gefangene mit den Herrschaften jetzt, wo die Frau Professor hier ist, allein in der Zelle lassen. Sie wissen, was Sie zu tun haben?

DIE AUFSEHERIN.
Schon gut, schon gut. Sie bleiben hier, Herr Oberaufseher?
DER WACHTMEISTER.
Gehen Sie nur. Ich bleibe hier.
DIE AUFSEHERIN.
Dann gehe ich also!

Sie verläßt die Zelle. – Der Wachtmeister bleibt anfangs in der Türe, tritt dann in den Gang hinaus und geht vor der offenen Zelle auf und nieder.
[26]
ELSE.

Deine Begnadigung, Klara, ist ausgefertigt! Du bist begnadigt, Klara! Du bist begnadigt. Wir warten hier nur noch auf den Gefängnisdirektor, der dir die allerhöchste Entscheidung mitteilen muß, und dann verlassen wir dieses entsetzliche Bauwerk!

KLARA
scheu und angstvoll.
Ich soll voraussichtlich wieder einmal freigesprochen werden!
ELSE.

Du bist begnadigt, Klara. Glaub mir, du bist begnadigt! – Seit dem Verhandlungstage, an dem du zu acht Monaten verurteilt wurdest, gab es in meinem Kopfe nur einen Gedanken: Wie kann ich sie befreien! Wie kann ich Klara befreien! Nächtelang habe ich mein Gehirn mit diesem einen Gedanken zermartert! Endlich kam mir die Erleuchtung: ein Gnadengesuch an den Großherzog! Erste Bedingung war natürlich, daß das Gnadengesuch dem Justizminister nicht in die Hände geriet. Denn der Justizminister hat für alles, was nicht gleich Räuber und Mörder ist, nicht das geringste Verständnis. Dein Gnadengesuch mußte dem Großherzog von jemandem, der ihm menschlich nahe steht, zu lesen gegeben werden, und diesen hilfreichen Engel fand ich in der Person der Baronin Sommerfeld. Ich tat einen Fußfall vor ihr, ich habe aufrichtig und ehrlich vor ihr geweint. Wie das in dem Augenblick plötzlich so gegen all mein Erwarten über mich kam, ist mir heute noch nicht verständlich. Nun handelte es sich nur noch darum, das Begnadigungsgesuch wirkungsvoll zu stilisieren. Deine beste Fürbitterin, Klara, war, ohne daß sie sich's träumen läßt, deine liebe Mutter. Ich schrieb, daß du eine schweizerische Offizierstochter seiest, und daß deine Mutter seit Jahren an einem schweren Herzleiden daniederliege. Der Großherzog soll sofort geäußert haben. daß nur ja die alte Dame nichts von der Geschichte erfährt! Er begreife ja, wie einem hübschen, jungen Mädchen so etwas passieren könne, aber es wäre doch zu gräßlich, wenn die alte Mutter dafür büßen müßte!

KLARA.

Ich möchte mich vor Scham erdrosseln, Else, daß ich hier in diesem Rock und in dieser Jacke vor dir stehen muß! Da, nimm deine Blumen! Die Blumen passen mir nicht [27] recht zu meiner Frisur! Ich will Gott danken, wenn diese Tür wieder hinter Euch zugeriegelt wird! Mir war in dieser Zelle so wohl wie dem Fisch im Wasser, solange ich allein darin war! Euer Besuch martert mich mehr, als es der Untersuchungsrichter mit all seinen Verhören getan hat!

ELSE.

Klara, Klara, wie kannst du mich so fürchterlich quälen! In einigen Minuten – es kann höchstens noch eine Stunde dauern – wird der Gefängnisdirektor hier sein! Ich kann ja vor Glück über deine Befreiung die Tränen kaum zurückhalten!Vom Weinen überwältigt. O Klara, du ahnst ja gar nicht, wie gut es dir ergangen ist! In jener gleichen Nacht, in der du damals nach Antwerpen flohst, wurde die unglückliche Frau Fischer, mit der zusammen du angeklagt warst, zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt!

KLARA.
Allmächtiger Gott!
JOSEF
sachlich.

Die Frau Fischer wurde zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt! Ein Jahr von ihrer Strafe hat sie bis heute schon abgebüßt!

DER WACHTMEISTER
tritt hastig ein und geht direkt auf das Bett zu.

Der Herr Direktor kommt! Haben Sie die Matratze vorschriftsmäßig zurechtgerichtet? Fährt mit der Hand über den oberen Rand des Bettes. Na, Gott sei Dank! Die Zeitungen bemerkend, die auf dem Tisch liegen. Was tut denn der dicke Packen Zeitungen hier?

KLARA.

Der Herr Direktor hat mir die Zeitungen eben erst hereingeschickt, damit ich sie dem Datum nach ordnen soll.

DER WACHTMEISTER.

Das weiß der Herr Direktor aber doch gar nicht mehr! Ich kriege einen Verweis! Strammstehend, da von außen rasche Schritte laut werden. In Gottes Namen!

JOSEF
zu den Damen.
Jetzt, bitte, ruhig!
[28]
5. Szene
Fünfte Szene
Der Gefängnisdirektor tritt ein, ein hochgewachsener, rüstiger Graubart in Offiziersuniform mit schweren silbernen Epauletten. Die Vorigen.

DER GEFÄNGNISDIREKTOR.
Was fahren heute hier überall, wohin man kommt, diese Zeitungen herum?!
DER WACHTMEISTER.
Befehl, Herr Oberst!
KLARA.
Die Zeitungen wurden mir hereingebracht, damit ich sie dem Datum nach ordnen soll.
DER GEFÄNGNISDIREKTOR
Josef die Hand reichend.
Herr Professor! – Wollen Sie mich, bitte, Ihrer Frau Gemahlin vorstellen.
JOSEF.
Herr Gefängnisdirektor – meine Frau.
DER GEFÄNGNISDIREKTOR
zieht ein Schriftstück aus der Tasche und prüft es von oben bis unten.

Zu Klara. Ich habe Ihnen mitzuteilen, daß Ihnen durch Allerhöchste Entschließung seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs der Rest Ihrer Strafe – und zwar auf dem Gnadenwege – erlassen ist. Der Allerhöchste Erlaß, den ich hier in Händen halte, ordnet ausdrücklich an, daß Sie mit dem heutigen Tage aus der Haft entlassen werden. – Das Schriftstück zusammenfaltend. Von diesem Augenblicke an sind Sie nicht mehr meine Gefangene. Sich leicht verbeugend und Klara die Hand reichend. Gestatten Sie mir, mein Fräulein, daß ich Sie aufrichtig, aus vollem Herzen, zu Ihrer unverhofften Befreiung beglückwünsche.


Klara sinkt langsam in die Kniee, küßt die Hand des Gefängnisdirektors, die sie in der ihrigen hält; darauf fällt sie vornüber und bricht, auf der Diele zusammengekauert, in herzerschütterndes Wimmern aus.
DER GEFÄNGNISDIREKTOR
sehr ruhig zu Josef.

Ich habe dem Fräulein vom ersten Tage an Krankenkost verabreichen lassen. Für Leute aus guten Verhältnissen ist der Aufenthalt bei uns eine ganz unverdiente Grausamkeit, während ein Landstreicher jedenfalls nirgends in der Welt gesundere Kost und Pflege findet als hier im Gefängnis.

[29]
ELSE
ist neben Klara niedergekniet und richtet sie empor.
Ich bitte dich, Klara, steh doch ruhig auf! Du bist frei, Klara! Du bist frei!

Klara hat sich wortlos erhoben.
DER GEFÄNGNISDIREKTOR.

Diese Kleider hier legen Sie unten bei unserer Zeugmeisterin ab, die Ihre Sachen in Verwahrung hat. Sie werden sich der Güte unseres allergnädigsten Großherzogs erst voll und ganz bewußt werden, wenn Sie sich wieder hübsch und menschlich gekleidet sehen. Vor allem aber, mein Fräulein, muß ich Sie zu den aufopfernden treuen Freunden beglückwünschen, die Sie in Herrn Professor und seiner Frau Gemahlin haben! Daß jemand in seinem tiefsten Elend noch auf solche Freunde rechnen darf, das kommt nur äußerst selten bei uns vor. Josef die Hand reichend. Herr Professor, ich habe Sie als Sänger schon mehrfach an Ihren musikalischen Abenden bewundert. Ich freue mich sehr, Sie bei diesem Anlaß als Lehrer und als Menschen persönlich kennen zu lernen. Zu Klara. Halten Sie sich nur immer an Ihre Freunde, mein Fräulein, dann werden Sie in Zukunft vor solchen Kalamitäten gesichert sein.

JOSEF
dem Gefängnisdirektor die Hand reichend.

Gestatten Sie, Herr Oberst, daß wir uns empfehlen. Leise zu den Damen. Vorwärts marsch! Hinaus aus diesen Mauern!


Else und Josef führen Klara hinaus.
DER WACHTMEISTER.
Zu Befehl, Herr Oberst! Sollen der Gefangenen die Zeitungen nachgeschickt werden?
DER GEFÄNGNISDIREKTOR.

Lassen Sie mich doch erst mal sehen, was das ist. Er entfaltet eine der Zeitungen und liest den Titel. Das ist die »Allgemeine Deutsche Musikzeitung«. – Die Zeitungen sollen in unserer Buchbinderei gebunden und der Gefängnisbibliothek einverleibt werden. Unsere Leute hier sind durch die Bank weg außerordentlich stark musikalisch veranlagt.

[30]

3. Bild. Vom Regen in die Traufe

Personen

Personen.

    • Klara Hühnerwadel.

    • Josef Reißner.

    • Else Reißner.

    • Franz Lindekuh, Literat.

    • Hildegard, Dienstmädchen.
1. Szene
Erste Szene
Klara sitzt am Flügel. Sie schlägt einzelne Tasten an und singt, ohne die Klavierbegleitung zu spielen.

KLARA
singt.
Was ist's? Worin war meine Liebe lässig?
Geliebter, wessen klagest du mich an?

Sich unterbrechend.

Was das heute wieder einmal mit meiner Stimme ist?!

Sie singt.

Weh dir! Verräter! Heuchler! Undankbarer!
Ich laß dich nicht! Du darfst von mir nicht ziehn!
EIN DIENSTMÄDCHEN
öffnet von außen die Tür und sagt.
Wollen Sie, bitte, eintreten. Der Herr Professor hat gesagt, er werde um sechs Uhr zu Hause sein.
2. Szene
Zweite Szene
Franz Lindekuh, fünfunddreißig Jahre alt, glattrasiert und kurzgeschoren, tritt ein. Klara.

LINDEKUH
bemerkt Klara und sagt erstaunt.
Sie sind hier, Fräulein Hühnerwadel?
KLARA
hat sich erhoben.
Ja, ich bin's, Herr Lindekuh. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.
LINDEKUH.
Allerdings. Anderthalb Jahre werden es sein. – Ist denn Josef nicht zu Hause?
KLARA.
Nein. Er ist in der Musikschule. Aber er muß jeden Augenblick kommen.
LINDEKUH.
Und Else?
KLARA.
Else ist vor einer Stunde ausgegangen.
LINDEKUH.
Ist sie wirklich ausgegangen?
KLARA.
Ja, oder zweifeln Sie daran?
LINDEKUH.
Nicht im geringsten. Sie wird ja wohl auch bald nicht wieder nach Hause kommen?
KLARA.
Das weiß ich nicht. – Was haben Sie denn?
[32]
LINDEKUH.

Ich habe gar nichts. – Entschuldigen Sie, Fräulein Hühnerwadel. – Ich komme her, weil mir Josef in einer wichtigen Angelegenheit schreibt, daß er mich um sechs Uhr bei sich zu Hause sprechen möchte.

KLARA.
Er wird ja jedenfalls gleich hier sein.
LINDEKUH.

Ich kann ja warten. – – – Ich muß Ihnen aber aufrichtig gestehen, Fräulein Hühnerwadel, daß ich nicht erwartet hätte, Sie hier zu finden!

KLARA.
Warum? Was ist denn los?
LINDEKUH.
Sie scheinen offenbar keine Ahnung zu haben, was um Sie her vorgeht!
KLARA.

Nein, das habe ich auch nicht. Aber sagen Sie es mir, bitte! Ist es irgend etwas, was mich betrifft? – – Nun?! – – Sie benehmen sich mir gegenüber so sonderbar! – Reden Sie doch! – Um Gottes willen, was ist geschehen?!

LINDEKUH.
Geschehen? – Er wirft sich in einen Sessel. Geschehen ist – meines Wissens – bis jetzt noch nichts.
KLARA
geht an die Türe und ruft auf den Vorplatz hinaus.

Hildegard, bringen Sie die Lampe! Sie kommt ins Zimmer zurück und bleibt erwartungsvoll am Flügel stehen.

LINDEKUH
nach einer Pause.

Was würden Sie, Fräulein Hühnerwadel, denn dazu sagen, wenn Else Reißner von ihrem Ausgang heute nicht mehr zurückkehrte und in einigen Tagen irgendwo tot aus dem Wasser gefischt würde?

KLARA.
Was ich dazu sagen würde, wenn – wenn Else Reißner ...?

Das Dienstmädchen bringt die brennende Lampe herein, stellt sie auf den Flügel, schraubt den Docht auf und nieder, bis sie richtig brennt, und geht
wieder hinaus.
LINDEKUH
nachdem das Dienstmädchen draußen ist.
Was würden Sie dazu sagen?
KLARA.

Gott sei Dank, ist es hier endlich hell. – Aber was ist denn mit Else? Ich habe nicht das geringste an ihr bemerkt!

LINDEKUH
erhebt sich erstaunt.
Ist das Ihr Ernst?
KLARA.

So wahr ich hier stehe! Sie ging fort, um, soviel ich weiß, ein Paar Schildpattkämme, die sie vorgestern gekauft hat, umzutauschen. Jetzt sagen Sie mir aber endlich, was Sie von ihr wissen! Sie begehen einen Schurkenstreich, wenn Sie jetzt nicht reden!

[33]
LINDEKUH.

Mein gnädiges Fräulein, soweit ich meiner fünf Sinne mächtig bin, ist Ihre Behauptung, daß Sie nichts von den Vorgängen, die sich in diesem Hause abspielen, wissen, eine – Schamlosigkeit ...

KLARA
außer sich.
Mein Herr ... Die Hände vor dem Gesicht. O Gott ...
LINDEKUH.

Das berührt mich nicht. Aber ich kann um so eher sprechen, da Ihr Verhalten voraussichtlich morgen schon in den Zeitungen erörtert werden wird!

KLARA
auffahrend.

Ich habe keine Richter und keine Zeitungen mehr zu fürchten! Das habe ich Gott sei Dank hinter mir! Wollen Sie mir jetzt endlich Rede und Antwort stehen!

LINDEKUH.
Mit Vergnügen! –
KLARA.
Sie scheinen sich aber doch noch zu besinnen?!
LINDEKUH.

Weil es mir in diesem Augenblick nicht behagen kann, mich von Ihnen zum Narren halten zu lassen! Wenn in der Zeit, die wie hier mit unnützen Worten vergeuden, ein Menschenleben zum Opfer fällt, dann tragen Sie die Schuld!

KLARA.
Ich?
LINDEKUH.

Warum zum Teufel warten Sie denn, bis die Polizei Sie als Landstreicherin über die Grenze spediert, bevor Sie diesem Hause endlich den Rücken kehren?!

KLARA
ruhig.

Sie sind doch wohl nicht so ohne weiteres in der Lage, mein Herr, die Verhältnisse in diesem Hause richtig zu beurteilen.

LINDEKUH.

Ich kann Ihnen bei allem, was ich bin und habe, schwören, daß mich die Verhältnisse in diesem Hause nicht im geringsten interessieren! Ich habe Wichtigeres zu tun. Aber seit acht Tagen sehe ich ein gemartertes Menschenkind in der grauenhaftesten Verzweiflung mit dem Selbstmord ringen. Heute vor acht Tagen kam Else Reißner zum erstenmal zu mir. Ich lag noch zu Bett. Sie eröffnete mir unter Weinkrämpfen, daß sie jeden Moment fürchte, wahnsinnig zu werden, weil sie das Verhältnis zwischen Ihnen und ihrem Mann unmöglich länger ertragen könne. Sie beschwor mich, Sie, mein Fräulein, durch irgend eine Gewaltmaßregel, sie sei wie sie sei, zur Abreise zu zwingen. Sie erzählte mir, sie sei [34] auf dem Polizeipräsidium gewesen und habe den Polizeipräsidenten gefragt, ob man Sie, da das Glück einer Familie auf dem Spiel stände, als Ausländerin denn nicht einfach ausweisen könne. Der Polizeipräsident habe ihr aber geantwortet, solange Sie als Musikschülerin von Ihrem eigenen Gelde lebten und noch nicht unter Polizeiaufsicht ständen, sei das leider nicht möglich. Ich erwiderte ihr natürlich. »Warum zum Henker hast du die Dame denn nicht ruhig im Gefängnis sitzen lassen?! Dort war sie doch einfach tadellos aufgehoben!« Ich habe sie übrigens auch ausdrücklich gefragt, ob Josef vielleicht Geld von Ihnen geborgt hat. Wenn das der Fall sei, sagte ich ihr, dann könne sie schlechterdings nichts besseres tun als die Zähne zusammenbeißen und mäuschenstill abwarten, bis ihr Mann seine Schulden an Sie zurückbezahlt habe. Soviel Rücksicht sei eine Frau, deren Haushalt aus dem Darlehen voraussichtlich Gewinn gezogen, ihrem Mann unter allen Umständen schuldig! – »Nein, davon kann gar keine Rede sein! Mein Mann ist der Person nicht einen Pfennig schuldig!« – Vorgestern abend kam sie in einem so fassungslosen, vergeisterten Zustand zu mir, daß ich im Begriff stand, die Sanitätskolonne zu alarmieren, um sie ins Krankenhaus bringen zu lassen. Ich wollte mir ganz einfach die Verantwortung für einen Selbstmord vom Halse schaffen! Sie, mein Fräulein, hatten an dem Tage mit Josef Meißner im Orientalischen Restaurant diniert! Else Reißner wälzte sich wie eine Wahnsinnige vor mir auf dem Teppich und schrie mir ein Mal über das andere zu. »Mach meinem Elend ein Ende, koste es, was es kosten mag! Ich bitte dich nur, meinem Elend ein Ende zu machen.« Ich sagte ihr: »Wenn du im voraus wußtest, daß die zwei im Orientalischen Restaurant dinieren werden, warum gingst du denn nicht mit einer Reitpeitsche hin und schlugst sie der schamlosen Person von rechts und links um die Ohren ...!«

[35]
3. Szene
Dritte Szene
Josef Reißner. Die Vorigen.

JOSEF
eintretend.
Was ist denn hier los?
LINDEKUH.
Du schriebst mir, daß du mich um sechs Uhr sprechen möchtest. – Ich bin hier.
JOSEF.

Ich danke dir. – Ich bitte um Entschuldigung, daß ich mich verspätet habe. – Zu Klara. Wollen Sie uns bitte einen Augenblick allein lassen. Er geleitet Klara hinaus und setzt sich an seinen Schreibtisch, auf den er die Lampe gestellt hat. Indem er Lindekuh einen Sessel zurechtrückt. Darf ich dich bitten, Platz zu nehmen.


Lindekuh setzt sich zu ihm.
JOSEF
in einer Schreibtischschublade nach einem Brief suchend.

Auf mich hageln die Unannehmlichkeiten augenblicklich so erbarmungslos nieder, daß ich gar nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Er hat den Brief gefunden und fliegt ihn durch. Du schreibst mir da, du werdest morgen – das wäre also heute – den Zeitungen beiliegende Notiz einsenden ... Ich muß die Notiz noch einmal durchlesen. Ich habe sie nicht mehr recht im Kopf. Er liest, indem er jeden einzelnen Satz deutlich hervorhebt. »Skandalöser Undank. – Ein empörendes Beispiel von skandalösem Undank bietet der Verlauf einer Strafsache, die vor etwa einem halben Jahr das hiesige Landgericht beschäftigte. Es handelt sich um eine ausländische Musikschülerin, die wegen Vergehens gegen den Paragraphen 812 zu acht Monat Gefängnis verurteilt worden war. Der Gattin ihres Lehrers gelang es dann, durch ein Immediatgesuch an den Landesherrn ihre Begnadigung zu erwirken. Und nun nistete sich die Begnadigte im Hause ihres Lehrers, mit dem sie schon vor ihrer Verurteilung ein Verhältnis unterhielt, mit solcher Hartnäckigkeit ein, daß der unglücklichen Frau, der sie ihre Freiheit verdankt, nichts übrig bleibt, als sich von ihrem Gatten scheiden zu lassen und mit ihren Kindern in die weite Welt hinauszuziehen. Sollte das Gesetz denn gar keine Handhabe bieten, um mit ausländischen [36] Elementen von so skrupelloser Gemütsbeschaffenheit kurzen Prozeß zu machen?!« Ich fand den Brief leider erst heute früh um drei Uhr, als ich hundemüde nach Hause kam. Über Mittag war ich gestern nicht zu Hause gewesen. Ich frage dich nun zuerst: Hast du heute den Zeitungen diese Notiz eingeschickt?

LINDEKUH.
Ja! Ich habe sie an sämtliche Zeitungen geschickt.
JOSEF.

So?! – Dann sind Else und Fräulein Hühnerwadel und ich verloren! Ich verliere meine Stellung als Professor am Konservatorium und verliere meine sämtlichen Privatschülerinnen!

LINDEKUH.
Findest du denn ein Wort in der Notiz unwahr oder übertrieben?
JOSEF.

Nein! Aber darüber werden wir später sprechen. – Ich fragte mich, nachdem ich den Brief gelesen, immer und immer wieder vergebens: Welchen Beweggrund kann mein Freund Franz Lindekuh haben, um in dieser – unerhörten Weise gegen mich vorzugehen? Und nun kommt eine zweite Frage, die ich an dich richten muß. Hat dir vielleicht meine Frau durch Äußerungen irgendwelcher Art Veranlassung gegeben, mir diesen Brief zu schreiben?

LINDEKUH.
Nein. Das hat sie nicht getan.
JOSEF.

Du kannst es mir, wenn es sich so verhält, ruhig sagen. Ich würde es verständlich finden und würde meiner Frau, obschon es eine maßlose Dummheit von ihr gewesen wäre, deswegen kein Haar krümmen.

LINDEKUH.
Ich habe deine Frau seit vier Wochen überhaupt nicht mehr gesehen.
JOSEF.
Sie kann dir aber geschrieben haben?!
LINDEKUH.
Nein, sie hat mir nichts geschrieben! Nicht eine Silbe! Ich kann dir mein Ehrenwort darauf geben.
JOSEF.

Aber dann sag mir doch zum Henker einmal, welchen Beweggrund du dazu hast, um uns alle zusammen mit einem Schlage zugrunde zu richten?!

LINDEKUH.
Ich – ich konnte die Verhältnisse, in denen du lebst, nicht länger ruhig mit ansehen.
JOSEF.

Das war in der Tat auch die einzige Erklärung, die mir für deine Handlungsweise übrig blieb. Du hast einen Sparren! Du giltst infolge deiner Schriften seit Jahren [37] als der unmoralischste Mensch, der unter Gottes Sonne umherläuft, in Wirklichkeit läufst du aber tagaus, tagein mit einem ungestillten, unersättlichen moralischen Heißhunger umher! Du bist moralisch ein Monomane! Du bist ein Don Quichote, der nicht ahnt, um was es sich in dieser Welt handelt, sondern der vom Leben nur die Erfüllung seiner hirnverbrannten Zwangsvorstellungen erwartet und der gemeingefährlich wie ein toller Hund wird, sobald die erhoffte Erfüllung ausbleibt! Du bist einem als Freund durch deinen Wahnsinn gefährlicher, als es einem der erbittertste Feind, der bei gesunder Vernunft ist, durch die abgefeimteste Bosheit werden könnte!

LINDEKUH.
Wenn du mir weiter nichts mitzuteilen hast, dann werde ich gehen.
JOSEF.
Und – die Notiz steht morgen in den Zeitungen?
LINDEKUH.
Gewiß. Die Notiz steht morgen in den Zeitungen.
JOSEF.
Nun sag mir einmal, welchen Erfolg du dir denn von dieser Notiz versprichst!
LINDEKUH.

Fräulein Hühnerwadel wird ein unverhofftes Wiedersehen mit dem schweizerischen Bundesrat feiern und wird am eidgenössischen Preis- und Wettringfest in Appenzell die Partie der Julia in Spontinis »Vestalin« singen!

JOSEF.

Allem Anschein nach fürchtest du also doch, daß meine Frau innerlich unter der Tatsache leidet, daß Fräulein Hühnerwadel trotz ihrer Verurteilung nach wie vor unbehindert in unserem Hause ein und aus geht?

LINDEKUH.
Offen gestanden, ja!
JOSEF.

Wie kommst du denn aber zu der hirnverrückten Annahme? Meine Frau lebt mit mir in dem glänzendsten Einvernehmen, das sich zwei verheiratete Menschen nur wünschen können!

LINDEKUH.

Wie du weißt, kenne ich deine Frau seit nun bald sechs Jahren und hatte in dieser Zeit reichlich Gelegenheit, sie sowohl in glücklichen wie in unglücklichen Gemütsstimmungen zu beobachten. Ich habe deine Frau in Zeiten gesehen, wo sie sich in unserem Kreise als unumschränkte Herrin fühlte; ich habe sie in anderen Zeiten gesehen, wo sie der umsichtigsten Lebensklugheit [38] bedurfte, um ihre Stellung als deine legitime Frau zu behaupten. Aber dieser zur äußersten Zuflucht, zur Lieblingsbeschäftigung gewordene Selbstmordgedanke, den ich jetzt bei jeder Gelegenheit, wo wir uns begegneten, unheilvoller in ihren Zügen lese ... was soll ich dir sagen?! Ich finde seit Tagen, seit Wochen keine Ruhe mehr! Ich kann des Nachts nicht mehr schlafen!

JOSEF.

Ich kann dir mit dem besten Gewissen von der Welt die Versicherung geben, daß deine Befürchtungen vollständig unbegründet sind!

LINDEKUH.
Das wäre mir eine große, aber überraschende Beruhigung.
JOSEF.

Diese Beruhigung kannst du dir aus dem Munde meiner Frau, sobald sie nach Hause kommt, bestätigen lassen. Mach dich nur bitte darauf gefaßt, daß meine Frau vor Empörung über deine Handlungsweise völlig außer sich ist. Selbstverständlich zeigte ich ihr, sobald ich mich vom ersten Schrecken erholt hatte, deinen Brief sowohl wie die Notiz, die du für die Zeitungen geschrieben hast, und fragte sie, was sie mir in der Angelegenheit zu tun rate. Ich frage meine Frau nämlich immer um Rat, wenn ich vor einem wichtigen Entschluß stehe. Meine Frau war zuerst wie aus den Wolken gefallen und brach dann in eine Flut von Schimpfreden über dich aus, die ich dir hier nicht wiederholen will. Sie sagt, wie kommt dieser Lindekuh zu der unerhörten Unverschämtheit, sich in unsere Privatangelegenheiten zu mischen! Kümmern denn wir uns um seine Privatangelegenheiten?! Ich begreife nicht, woher dieser Mensch die Stirne nimmt, uns vorschreiben zu wollen, wie wir uns in unserem eigenen Hause einzurichten haben!

LINDEKUH.
In solcher Entrüstung sprach deine Frau über mich?
JOSEF.

Laß ihre Ausdrücke bitte mich nicht entgelten! Alles, was ich dir hier sage, kannst du, sobald meine Frau nach Hause kommt, von ihr selber hören.

LINDEKUH.

Aus ihrem weiblichen Stolz ist mir diese Empfindungsweise erklärlich. Mein gewaltsames Vorgehen war natürlich darauf berechnet, daß deine Frau nie etwas davon erfahren würde.

[39]
JOSEF.

Wie konntest du das denn aber bei der uneingeschränkten Offenherzigkeit, in der, wie du weißt, meine Frau und ich miteinander leben, jemals voraussetzen?!

LINDEKUH.

Ich konnte das voraussetzen, weil ich glaubte, deine Frau werde Gott für ihre Erlösung danken wie jemand, der nach zweijähriger Kerkerhaft plötzlich in einem idyllischen Blumengarten erwacht!

JOSEF.

Und statt dessen wünscht meine Frau dich mit allem, was du für sie tun zu müssen glaubtest, zu allen Teufeln! – Du siehst, daß du der unglückseligste Hansnarr bist, der je das Opfer seiner lebensgefährlichen psychologischen Phantastereien war! Soll ich dir sagen, woher das kommt?! Du lebst zu wenig unter Menschen! Du trinkst zu viel! Du solltest dich endlich einmal verheiraten, um nicht mehr wie eine reißende Bestie durch unsere friedlichen Straßen zu trotten!

LINDEKUH.

Weißt du unter deinen Schülerinnen vielleicht ein liebenswürdiges, hübsches Mädchen, das eine solche Bestie heiraten würde?

JOSEF.

Vorderhand habe ich leider noch dringendere Angelegenheiten zu erledigen. Bevor ich für dich auf die Brautschau ausziehe, möchte ich wenigstens erst selber vor deiner Raserei in Sicherheit sein. Deshalb bitte ich dich, mir jetzt aufmerksam zuzuhören, sonst laufe ich von neuem Gefahr, infolge irgend eines Mißverständnisses, das kein normaler Mensch voraussehen konnte, zum Opfer deiner blinden Wutanfälle zu werden. Fräulein Hühnerwadel hat mir in einem Augenblick, wo ich nicht aus noch ein wußte, ihr ganzes vä terliches Erbteil in Höhe von fünfzigtausend Francs als Darlehen überlassen, nota bene, ohne daß ich nötig hatte, sie mit einem Wort darum zu bitten. Dein unheilvoller Eifer zwingt mich schlechterdings, dir alle, auch die unerfreulichsten Beziehungen, die zwischen Fräulein Hühnerwadel und mir bestehen, rückhaltlos aufzudecken! Das Mädchen hat sich durch dieses Darlehen bis auf den letzten Heller sämtlicher Einkünfte entblößt, die ihr jemals zu ihrer künstlerischen Ausbildung zur Verfügung gestanden haben! Und ich bin leider seit Monaten nicht in der Lage, ihr von meiner Schuld einen Pfennig mehr [40] als das, was sie für ihr tägliches Brot unbedingt nötig hat, zurückbezahlen zu können.

LINDEKUH
sich erhebend.
Das ändert die Sachlage allerdings gewaltig.
JOSEF.
Und nun willst du das Mädchen mit Polizeischergen in die weite Welt hinaushetzen!
LINDEKUH.
Gott behüte mich davor!
JOSEF.

Wenn du nun einen Funken Ehrgefühl im Leib hast, dann wirst du in die Notiz, die du an die Zeitungen verschickt hast, wenigstens eine ergänzende Bemerkung einflechten müssen. Diese Einflechtung wird freilich nicht hindern, daß Fräulein Hühnerwadel und Else und ich und meine Kinder morgen abend auf dem nackten Straßenpflaster liegen!

LINDEKUH.
Wenn sich die Dinge so verhalten, dann verdiene ich totgeprügelt zu werden.
JOSEF
sich gleichfalls erhebend.

Offenbar glaubtest du meine Frau gegen die Umtriebe einer Dirne, einer Hochstaplerin in Schutz nehmen zu sollen! Laß dir sagen, daß dieses Mädchen das edelste, anständigste Menschenkind ist, das ich jemals kennen gelernt habe! Und was hat sie nun davon, daß sie mir ihren letzten Pfennig zum Opfer brachte?! Tagelang sitzt sie in ihrem möblierten Zimmer in der verlängerten Käferstraße an einem Fenster, das auf den Hof hinausgeht, und wünscht nichts sehnlicher, als der Stadt den Rücken kehren zu können. Von allem künstlerischen und gesellschaftlichen Leben ist sie, da sie mich um keinen Preis kompromittieren will, erbarmungslos ausgeschlossen. Unser Haus ist das einzige in der ganzen Stadt, das ihr offen steht. Dabei hat sie hier wenigstens Gelegenheit, hin und wieder ein wenig zu musizieren. In dem Hinterzimmer, das sie in der Käferstraße bewohnt, ist für ein Pianino leider kein Platz, und wenn sie ihre künstlerischen Zukunftspläne auch längst zu Grabe getragen hat, so ist ihre künstlerische Zukunft ihr eben doch immer noch die teuerste Erinnerung aus ihrer künstlerischen Vergangenheit ...

LINDEKUH.
Kann ich vielleicht, bevor ich gehe, noch ein Wort mit der Dame sprechen?
JOSEF.
Was führst du denn jetzt wieder im Schilde?
[41]
LINDEKUH.
Dir, lieber Freund, brauchte ich das wahrlich nicht auf die Nase zu binden!
JOSEF.

Ich frage mich natürlich, welch ahnungloses Opfer du denn jetzt wieder meuchlings aus dem Hinterhalt überfallen wirst?!

LINDEKUH.

Ich nehme die nächste Automobildroschke, die ich finde, und fahre, so rasch sie mich trägt, von einer Redaktion zur andern, um wenn irgend möglich den Abdruck der Notiz bis morgen noch zu verhindern. – Vorher muß ich aber noch deiner Schülerin sprechen.

JOSEF.

Ich werde sie hereinrufen. Aber Ihm die Faust über den Kopf haltend. nimm dich vor mir in acht! Ich warne dich! – Wenn du den geringsten Versuch machst, das Mädchen zu beleidigen, dann – schlage ich dir die Zähne ein und werfe dich kopfüber die Treppe hinunter!

LINDEKUH
ihm kalt in die Augen sehend.

Traurigerweise muß ich mir diese Behandlung von dir gefallen lassen. Ich habe sie mir durch meine Beschränktheit redlich verdient! – Wo ist die Unglückselige?

JOSEF
öffnet die Tür und ruft hinaus.
Fräulein Hühnerwadel! – Wollen Sie eben hereinkommen.
KLARA
tritt mit ruhigem Stolz ein, zu Lindekuh.
Was wünschen Sie noch von mir?
LINDEKUH.

Mein gnädiges Fräulein – ich habe Ihnen, als ich vor einer halben Stunde, ohne die Verhältnisse zu kennen, hier eintrat, so weh getan, daß ich mich jeder Demütigung unterziehen würde, die meine unmenschliche Roheit ungeschehen machen könnte. Gott sei Dank können solche Verfehlungen aber trotz ihrer erschütternden Traurigkeit noch zu glücklichen Ergebnissen führen. Ich bitte Sie inständig, mein Fräulein, lassen Sie mich diese einzige Hoffnung als geringen Trost aus unserer unseligen Begegnung mitnehmen! In mir haben Sie in dieser Welt auf lange Zeit Ihren größten Schuldner! Sollten Sie je einmal eines Menschen bedürfen, von dem Sie aus irgend einem Grunde ein großes Opfer zu fordern genötigt sind, dann bitte ich Sie, sich meiner zu erinnern. – Zu Josef. Weiter wollte ich nichts sagen. – Jetzt in die Redaktionen!Ab.

[42]
4. Szene
Vierte Szene
Josef, Klara.

JOSEF
aufatmend.
Da geht der Esel hin!
KLARA.
Ich merkte sofort, daß es nicht bös von ihm gemeint war.
JOSEF
ihm nachsehend.

Solch ein Hanswurst! – Bildet sich ein, ich werde vor seinem Revolverjournalismus zu Kreuze kriechen! Sobald der Mensch mit seiner deutschen Literatur nur halb soviel verdient, wie ich mit meiner Gesangspädagogik, dann läßt er den berüchtigtsten Raubmörder, der ihm in die Hände läuft, ungeschoren. In meinen häuslichen Einrichtungen glaubt er endlich den geeigneten Stoff für sein geplantes Sittengemälde gefunden zu haben. Deshalb bietet er sich dir als opferfreudiges Faktotum an! Ich bedanke mich! Ich verspüre nicht die mindeste Lust, mich auf allen Schauspielbühnen als modernen Cagliostro dargestellt zu sehen. Wenn sich mir der Esel noch einmal über die Schwelle wagt, dann schlage ich ihm, bevor er irgend etwas in meinem Hause zu sehen bekommt, den Hirnkasten ein!

KLARA.
Mir schien, daß er die Absicht hatte, irgend etwas über uns in den Zeitungen zu veröffentlichen.
JOSEF.

Ich habe ihm seine Finger so blutig gequetscht, daß sie ein halbes Jahr lang nicht daran denken, die Feder zu ergreifen! Klara ins Gesicht sehend. Aber nun sag mir endlich einmal, mein liebes Kind, was ist denn nun eigentlich mit dir?! – Seit Tagen und Wochen bist du unausgesetzt in einer Stimmung, als hättest du einen Tümpel voll Kröten verschluckt! Das wird für deine Umgebung auf die Dauer einfach zur Quälerei! Wir bemühen uns hier alle auf das redlichste, um dir dein Unglück so erträglich wie nur irgend möglich zu machen! Jeder Mensch im Hause tut, was er dir an den Augen absehen kann! Und für alles Zartgefühl bekommt man von Morgen bis Abend immer nur das gleiche saure Gesicht zu sehen. Ich wiederhole mir jede Minute, wie unendlich viel du durch mich gelitten hast und wie große Opfer ich dir zu danken habe. Aber ich habe wie jeder Künstler meine Nerven. tagaus tagein ununterbrochen [43] die verkörperte Unzufriedenheit, die sich durch keine Liebenswürdigkeit erschüttern läßt, vor Augen zu haben, das bringt einen schließlich zur hellen Verzweiflung!

KLARA.
Mit mir ist nichts.
JOSEF.

Das hast du mir schon ein halbes Dutzend mal geantwortet! Wenn nichts mit dir ist, dann benimm dich bitte wie andere Menschen! Ist dir das aber nicht möglich, dann sag mir, was dich daran hindert! Meine Geduld hat schließlich auch ihre Grenzen! Welchen Vorteil erhoffst du dir denn davon, daß du dein Leben damit hinbringst, über längst vergessene Unglücksfälle zu trauern, an denen mit dem besten Willen kein Mensch mehr was ändern kann! Raff doch lieber deine eingeschüchterten Lebensgeister durch einen kräftigen Ruck zusammen und frag dich endlich einmal, wie du dir mit den Hilfsmitteln, die dir augenblicklich zur Verfügung stehen, ein neues, freieres Leben gestalten kannst! Ich rate dir das weiß Gott im Himmel nicht mit der geheimen Absicht, mich deiner zu entledigen! Aber du leidest offenbar an einer Art von Willenslähmung! Du bist infolge deiner aufregenden Erlebnisse Neurasthenikerin geworden! Sobald dein Wille wieder ein festes Ziel erfaßt hat, wirst du mit uns anderen, denen es im Grunde genommen nicht um ein Haar besser geht als dir, deines Daseins endlich auch wieder froh werden können!

KLARA.
Mit mir ist nichts.
JOSEF.

Nichts? – Nichts! – Nichts bis auf deine verbissene halsstarrige Melancholie, die dich für die bestgemeinten Ratschläge, die man dir erteilt, taub und blind macht! – Es ist rein um aus den Fugen zu gehen! – Von jetzt ab ganz kalt. Meiner selbstlosen unbestechlichen Vernunft nach, für deren Ergebnis ich meinerseits jede Verantwortung ablehne, führt dein Verhalten zu folgendem logischen Schluß. Von jedem modernen Mediziner wird gegen das Leiden, unter dem du dahinsiechst, als erstes und sicherstes Mittel – Luftveränderung verordnet. Mit dem Gelde, das ich dir monatlich von meiner Schuld zurückzahle, kannst du bei deiner Mutter in der Schweiz in jeder Hinsicht behaglicher leben als hier bei uns! Sobald du dich dann von deiner Schwermut nur [44] halbwegs erholt hast – und du wirst dich unter völlig veränderten Verhältnissen rascher erholen, als es dir jetzt glaubhaft erscheint ...

KLARA.
Ich kann augenblicklich nicht zu meiner Mutter.
JOSEF.
Sag mir bitte, warum nicht!
KLARA
aufflammend.

Dir, mein Freund, das zu sagen, kann mir noch einmal in diesem Leben einfallen! Alle himmlischen Mächte mögen mich vor dieser Greueltat bewahren! Ohne mich eines Unrechtes zu versehen, bin ich zur gemeinen, verabscheuungswürdigen Verbrecherin geworden! Die niedrigste Entwürdigung, die einem weiblichen Wesen vorbehalten ist, habe ich bis zur Grundhefe ausgekostet, weil ich einmal feige genug war, dir zu offenbaren, wie es mit mir stand! – Nein, mein lieber Freund! Das Kind, das ich jetzt von dir unter dem Herzen trage, ist vor deinen wohlgemeinten Ratschlägen in Sicherheit! Dies Kind gehört mir! Was ich noch an Schrecknissen auszustehen haben werde, bis es das Licht der Welt erblickt, das will ich, wenn Gott mir hilft, mit der letzten Kraft, die mir aus meinen Erlebnissen übrig geblieben ist, freudig auf mich nehmen! Und nachher – nachher habe ich dann Gott sei Dank wenigstens ein lebendes Geschöpf auf dieser Welt, bei dem ich alles Unrecht, das ich erlitten – bei dem ich meine wundervolle Stimme, meine Kunst – bei dem ich alle irdische Herrlichkeit, die ich einst aus meiner künstlerischen Begabung erhoffte – bei dem ich alles, alles vergessen kann!

JOSEF
ist fassungslos in einen Sessel gesunken.
– Klara – Klara – ich kann es nicht glauben! – Sollte das wahr sein ...?
KLARA
in höchstem Stolz.
Beklage ich mich denn?! – Will ich irgend etwas von dir?!
JOSEF.
Was – in aller Welt – soll denn werden ...?
KLARA.
Jetzt schick mich nach Hause zu meiner sechzigjährigen Mutter, wenn du den Mut dazu hast!

Josef glotzt sie mit blöden Augen an. Es klingelt. Gleich darauf tritt Else Reißner ein.
ELSE
aufgeregt, in jammerndem Ton.

Ach, da seid ihr ja! – Ich kann euch sagen, es ist mit diesen Leuten rein nicht [45] mehr auszuhalten! Vorgestern kaufe ich mir in der Königstraße für achtzehn Mark zwei echte Schildpattkämme und sehe, sobald ich sie zu Hause ins Haar stecken will, daß der eine zerbrochen ist. Und nun behaupten diese Menschen, ich hätte mich in der Elektrischen auf meine Tasche gesetzt, und wollen den Kamm nicht umtauschen. Sie sinkt weinend in einen Sessel. Wenn diesen Spitzbuben ihr Handwerk nicht bald gelegt wird, dann verliere ich noch den Verstand!

[46]

4. Bild. Der Fluch der Lächerlichkeit

Personen

Personen.

    • Frau Oberst Hühnerwadel.

    • Klara, ihre Tochter.

    • Josef Reißner.

    • Else Reißner.

    • Franz Lindekuh.

    • Dr. Schwarzkopf.

    • Eine Vermieterin.
1. Szene
Erste Szene
KLARA
sitzt in schlichter Kleidung am Bettchen und singt mit leiser Stimme vor sich hin.

»Es lief ein Knäblein in den Wald
War munter und geschwind.
Die Mutter sprach. Kehr wieder bald
Und nasche nicht Beeren, mein Kind!«

Und als die dunkle Nacht begann,
Da schlich es sich müde nach Haus.
Die Mutter sprach: »Was hast du getan?
Du siehst ja so kümmerlich aus!«

Das Knäblein sprach: »Wie sollt ich sein,
Ich bin ja frisch und gesund!
Waldmännchen hat Beeren ohne Stein,
Die schmecken so süß mir im Mund!«

Nicht schlief die Mutter die ganze Nacht,
Sie weinte vor Kummer und Harm;
Und als der junge Tag erwacht,
Hielt tot sie das Knäblein im Arm.

Sie hat den Gesang mehrfach durch heftiges krampfhaftes Schluchzen unterbrochen und die letzte Strophe kaum zu Ende singen können. Bei dem Wort »tot« schrickt sie jäh empor und flüstert die letzten Worte nur noch mechanisch vor sich hin. – Darauf sich zusammenraffend. Nein, nein, soweit ist es noch nicht! Über das Bettchen gebeugt. Es schläft ja nur! – Die Händchen – wie kühl! – – Aber es muß seine Tropfen bekommen!Sie geht zur Kommode, füllt einen Löffel aus einem Arzeneiglas, kehrt zum Bettchen zurück, und flößt dem Kind die Medizin ein. Es schluckt die Arzenei und öffnet die Augen nicht – verzieht den Mund nicht – – kein Lächeln mehr! Aufhorchend. Da kommt der Doktor! Endlich! Gott sei Dank! Gott sei Dank! Sie eilt zur Tür und öffnet. Auf die Treppe hinaussprechend. Wer ist denn da? – Ach – Ihr seid es! Verhaltet euch nur bitte ruhig!

[48]
2. Szene
Zweite Szene
Josef und Else Reißner treten in durchnäßten Reisekleidern ein. Klara.

JOSEF
mit gepreßter Stimme.
Ist das ein schauderhaftes Wetter! Und dieser Schmutz vom Bahnhof bis hierher!
ELSE
gleichfalls leise sprechend.
Wie geht es dir denn, Klara?
KLARA.

Fragt nicht danach! Fragt nicht danach! Ich weiß ja nicht, wie es mir geht! Ich glaubte, es wäre der Doktor! Er hatte hoch und heilig versprochen, daß er um vier Uhr kommen werde.

ELSE
ist mit Klara zum Bettchen getreten und schrickt unwillkürlich zusammen.
Er schläft! – Wann war denn der Arzt zum letztenmal da?
KLARA
über das Bettchen gebeugt.
Nicht wahr? Nicht wahr? – Es steht schlimm! Schluchzend. O Gott! O Gott!
JOSEF
hat sich zögernd bis auf einige Schritte genähert.

Wenn das Kind schläft, dann wird es auch wieder zu Kräften kommen. Der Schlaf beweist, daß die Krisis überwunden ist.

ELSE.

Wir können leider kaum eine halbe Stunde bleiben. Wir sind auf der Durchreise ausgestiegen. – Warum läßt ihm der Arzt denn keine heißen Einwickelungen machen? Das Kind braucht Wärme!

JOSEF.
Ich würde an deiner Stelle dem Arzt lieber nicht ins Handwerk pfuschen!
KLARA
kleinlaut.
Ihr seid wohl gerade im Begriff, in die Sommerfrische zu fahren?
ELSE.

Wir gehen auf sechs Wochen nach Marienweiler. Die Kinder sind mit dem Mädchen gleich weiter gefahren.

KLARA
über das Bettchen gebeugt.
Jetzt öffnet es die Lippen. Seid einen Augenblick ruhig! Ich bitte euch!
JOSEF.
Was sagt denn der Arzt?
KLARA
auffahrend.

Daß dieser Mensch nicht kommt! Das ist Pflichtvergessenheit! Das ist Mord! Hätte ich nur die geringste Vermutung, bei welchem Patienten er zurückgehalten wird, dann liefe ich zu ihm hin ... Sich plötzlich besinnend. Allmächtiger Gott im Himmel! Ihr müßt mich allein lassen! Ich bitte euch, laßt mich gleich [49] allein! Ihr habt ja gar keine Ahnung davon, was mir bevorsteht!

JOSEF
ist ans Bettchen getreten.

Der ruhige Schlummer des Kindes setzt dich in Schrecken, Klara. Laß ihn doch nur wenigstens noch solange schlafen, bis der Arzt hier ist ...

KLARA
mit verhaltenem Aufschrei.

Meine Mutter ist hier! In diesem Augenblick steigt sie am Bahnhof aus! Jetzt kann sie jeden Moment in der Türe stehen!

JOSEF.
Deine Mutter?!
KLARA
nimmt ein Telegramm vom Tisch und reicht es Josef.
Hier ist ihr Telegramm! – O Gott, o Gott!
JOSEF
reicht Else das Telegramm und liest, während es Else in der Hand hält.

»Zürich, 10. Juni – bin morgen Abend um vier Uhr bei dir. Bitte, mich vom Bahnhof abzuholen. – Mama.«

KLARA.

Franz Lindekuh ist auf den Bahnhof gegangen, um meine Mutter, wenn sie aussteigt, so gut es ihm irgend möglich wird, auf alles vorzubereiten. Euch beiden hat er sich natürlich nicht gezeigt, als ihr ausstiegt.

JOSEF.
Hast du denn deiner Mutter nicht ein Wort davon geschrieben, daß du das Kind hast?
KLARA.

Hätte ich es ihr doch nur geschrieben. Hätte ich ihr doch nur alles geschrieben! Dann wäre mir jetzt leichter zumute! Ich schrieb ihr nur um Geld und schrieb ihr meine jetzige Adresse dazu. Sie kommt auf meinen Brief hin hierher, weil sie glaubt, daß ich nichts mehr zu brechen und zu beißen habe, und daß mich nur meine künstlerischen Enttäuschungen davon abhalten, zu ihr nach Hause zu kommen. Die Hände ringend. Allmächtiger Gott, allmächtiger Gott, wie trete ich meiner Mutter entgegen! – Aber es gibt da oben über uns keinen Gott. Das habe ich untrüglich erfahren! Es müßte denn ein Ungeheuer sein, dem das klägliche Ächzen meines armen verlassenen Kindes Musik in den Ohren ist! – Sich wieder über das Bettchen beugend. Mein armes Kind! – Dein Erbrechen hat heute früh wenigstens nachgelassen. Aber wie schlaff deine Ärmchen sind! – Gewiß, gewiß, du bekommst wieder etwas zu trinken! Zur Kommode gehend. Kalte Milch mit Sodawasser.

[50]
ELSE
ihr folgend.
Kann ich dir etwas helfen, Klara?
KLARA.
Bitte, laß mich in Frieden. Sie kehrt mit dem Trank zum Bettchen zurück und flößt ihn dem Kind ein.
ELSE.
Woran soll denn aber Lindekuh die Mutier am Bahnhof erkennen, wenn sie aus dem Zug aussteigt?
KLARA
vom Bettchen aus nach vorn sprechend.
An ihrer Verzweiflung!
JOSEF.

Dieser Eisblock von einer Menschenseele. – Dem Lindekuh ist der Auftrag, deine alte Mutter vom Bahnhof zu dir hierher zu führen und sie auf dieses Wiedersehen vorzubereiten, ein Hochgenuß, für den er getrost zwei Jahre Gefängnis absitzen würde! Dein und deines Kindes Leiden sieht sich dieser lieblose Mensch mit dem gleichen wonnigen Behagen an, mit dem die Bürgerschaft im alten Rom christliche Märtyrerinnen unter den Zähnen reißender Bestien verenden sah!

KLARA
auffahrend.
Da kommt jemand! Hilf mir Gott, das ist meine Mutter!
JOSEF.
Hoffentlich ist es der Arzt!
KLARA
hat die Tür aufgerissen und spricht in den Vorplatz hinaus.
Gott sei Dank, sind Sie endlich, endlich hier!
3. Szene
Dritte Szene
Dr. Schwarzkopf. Die Vorigen. Dann die Vermieterin.

DR.

SCHWARZKOPF sich seines Havelocks entledigend. Nun erzählen Sie mir einmal ausführlich, Fräulein Hühnerwadel, wie es Ihnen denn nun heute eigentlich geht.

KLARA
ist ans Bettchen geeilt.

Kommen Sie! Sehen Sie mein Kind! Wecken Sie das Kind aus dem entsetzlichen Schlaf! Es schläft schon zwei Stunden!

DR.

SCHWARZKOPF ist ans Bettchen getreten, befühlt das Kind von oben bis unten und sagt fortwährend »Hm – hm.« – Sich aufrichtend. Jetzt rasch ein heißes Bad! Zu Else. Frau Professor, Sie sind schon so freundlich, mir hier ein wenig an die Hand zu gehen. Ich habe mich bei der Frau da unten im Hause eben schon erkundigt. Sie hat [51] heißes Wasser bereit. Lassen Sie die Frau sofort einen Kübel voll heißes Wasser bringen! So heiß als möglich! Es kann fünfundvierzig Grad Celsius haben!

ELSE
hat Hut und Mantel abgeworfen.
Gewiß, Herr Doktor! Sofort! Ab.
DR.

SCHWARZKOPF zu Klara, die weinend am Bettchen kniet. Nun seien Sie erst mal bis auf weiteres vollständig ruhig, Fräulein Klara. Der Verlauf dieser Krankheit hängt leider mehr vom Charakter der herrschenden Epidemie als von der ärztlichen Behandlung ab. Dem Kind die Brust reibend. Geben Sie acht, gleich wird das Kind wieder schreien.

KLARA
die Hände ringend.
Musik! Musik! – Was habe ich um deinetwillen auf Gottes Welt schon ausgestanden!
DR.

SCHWARZKOPF zu Josef. Als ich eben noch einen Krankenbesuch im Dorfe machte, lief mir unversehens Franz Lindekuh über den Weg. Ich fragte mich: Was hat denn der nur! Er erkannte mich kaum und sprach dabei ununterbrochen laut mit sich selber. Er sagte, er müsse rasch jemanden vom Bahnhof abholen.

JOSEF.

Franz Lindekuh hat immer irgend jemanden zur Hand, den er im ungeeignetsten Moment vom Bahnhof abholt! Dieser schadenfrohe Menschenverächter glaubt, wir alle, die wir uns hier auf Erden in den furchtbarsten Qualen winden, seien von Gott nur dazu geschaffen, um ihm durch unsere Gefühlsäußerungen die Zeit zu vertreiben. – Klara den Kopf streichelnd. Klara, du mußt deiner Mutter mit unerschütterlichem Selbstbewußtsein entgegentreten! Du mußt ihr mit unnahbarem Stolz in die Augen sehen. Dann ist deine Mutter glücklich, dich wieder zu haben!

DR.

SCHWARZKOPF. Mut, Fräulein Klara! – Wenn die Gewebe nur erst wieder eine gewisse Sättigung zeigen und das Blut wieder kräftig durch die Adern strömt!


Else Reißner und die Vermieterin tragen einen Kübel dampfenden Wassers herein, den sie in die Mitte des Zimmers setzen.
ELSE.

Das Bad wird ihm gut tun. Den nackten Arm im Wasser. Alles Kochsalz, das in der Küche war, haben wir hineingeschüttet. [52] Das Salz wird ihm doch wohl nicht schaden, Herr Doktor?

DR.
SCHWARZKOPF am Bettchen, gedämpft. Es ist nichts mehr zu wollen. Das Kind ist tot.

Klara schreit jämmerlich auf.
DR.

SCHWARZKOPF nimmt sie in die Arme und richtet sie sorglich empor. Nun kommen Sie, Fräulein Klara! Unser Patient sind jetzt Sie! Wir haben jetzt sehr ernst miteinander zu sprechen, und wir haben noch sehr, sehr viel miteinander zu sprechen. Schreien Sie nur, so laut Sie schreien mögen! Tun Sie sich uns gegenüber nicht den geringsten Zwang an! Weinen Sie sich jetzt aus, so viel und so heftig Sie nur weinen können! – Zu der Vermieterin. Tragen Sie das Wasser wieder hinunter!


Die Vermieterin nimmt den Kübel mit Wasser vom Boden und trägt ihn hinaus.
DR.

SCHWARZKOPF Klara, die ihr Gesicht wimmernd an seiner Brust birgt, den Kopf streichelnd. Nur weinen! Recht viel weinen! – Sehen Sie, Fräulein Klara, wenn man so liebe und so treue Freunde in dieser Welt sein eigen nennt wie Sie, dann ist es ja unmöglich, daß es einem in Wirklichkeit einmal schlecht geht! Glauben Sie mir, Fräulein Klara, daß ich aus meiner Erfahrung weiß, wie das wirkliche Unglück aussieht! Dagegen gehalten sind Ihre Erlebnisse noch nicht so schwer. – Aber es schüttelt Sie eben doch, es reißt Sie innerlich zusammen, es würgt Ihnen den Hals ein! – Dafür haben Sie eben augenblicklich auch all Ihr aufgepeitschtes Blut im Kopf! – Weinen Sie nur, wir bleiben bei Ihnen! Sie müssen sich jetzt erst wieder vollständig gesund und vollkommen glücklich fühlen! Was Sie in den letzten Wochen erlebt, muß Ihnen ganz und gar aus dem Gedächtnis entschwunden sein, bevor wir Sie aus unserer Gefangenschaft entlassen! – So, und jetzt setzen Sie sich, bitte, in diesen Polstersessel. Er hat einen Strohstuhl zurechtgerückt und läßt Klara sich darauf niedersetzen. Ihr fortwährend Gesicht und Hände streichelnd. Sehen Sie, Fräulein Klara, Sie haben – genau betrachtet – wirklich ein ganz unverhofftes [53] Glück gehabt! An Ihrer Stelle würde ich dem lieben Gott aufrichtig für seine barmherzige Fügung danken. Das Kind, dessen Verlust Ihnen jetzt noch so erbarmungslos das Herz zerfleischt, das liebe Kind wäre in dieser Welt doch wahrscheinlich niemals recht glücklich geworden! Ich als Arzt kann Ihnen die Versicherung geben, daß das herzige, gute Geschöpfchen, ohne es zu ahnen, den besten Weg gewählt hat, der ihm zu seinem Glück offen stand. – Weinen Sie, Fräulein Klara! – Weinen Sie, wir haben Zeit.

ELSE
gedämpft.
Unter diesen Verhältnissen, Josef, werden wir heute doch jedenfalls noch bei ihr bleiben müssen!
JOSEF
ebenso.
Selbstverständlich bleiben wir hier! Es ist mir unbegreiflich, wie du daran zweifeln kannst!
DR.

SCHWARZKOPF Klara den Kopf streichelnd. Weinen Sie jetzt nur ruhig so weiter. Er geht zu Josef hinüber und sagt leise, aber mit Nachdruck. Das Mädchen darf diese Nacht unter keinen Umständen allein bleiben! Wie ich eben an dem starren glanzlosen Ausdruck ihrer Augen merke, bereitet sich in ihrem Nervensystem ein jäher Zusammenbruch vor. Dieser Nervenschlag könnte sich in vorübergehender geistiger Umnachtung äußern. Jedenfalls muß das Mädchen vor jeder Gemütserschütterung bewahrt bleiben. Die geistige Störung könnte sonst mit Leichtigkeit eine lebenslängliche Schwermut zur Folge haben.

JOSEF
während Else zu Klara hinübergeht.

Es versteht sich ganz von selbst, Herr Doktor, daß wir die nächsten Tage hier bleiben. Aber was geschieht jetzt mit dem Kind? Man muß die Unglückliche doch jedenfalls baldmöglichst von dem fürchterlichen Anblick befreien.

DR.

SCHWARZKOPF immer noch leise sprechend. Das muß natürlich das erste sein. Seinen Havelock anziehend. Ich schicke jetzt gleich die Vermieterin von unten herauf, damit sie das Kind möglichst unauffällig hinausträgt. Derweil stelle ich auf der Gemeindekanzlei den Schein aus und besorge beim Tischler einen kleinen Sarg. Sobald es dunkel geworden ist, tragen wir, Sie und ich, das Kind dann zum Friedhof hinaus. Ich muß Sie aber noch einmal darauf aufmerksam machen, Herr Professor, bewahren [54] Sie das Mädchen vor jeder Art von Aufregung! Ich halte es für sehr gut möglich. daß man einem plötzlichen Nervenkollaps durch gute Pflege und umsichtige liebevolle Behandlung vorbeugen kann. Aber bei dem kritischen Zustand, in dem sich das Mädchen augenblicklich befindet, würde die geringste seelische Erschütterung mit absoluter Sicherheit einen Wahnsinnsanfall auslösen. Ihm die Hand drückend. Aus Wiedersehn! Für die nächste Nacht bekommt sie ohne ihr Wissen ein kräftiges Schlafmittel zu trinken.

4. Szene
Vierte Szene
Frau Oberst Hühnerwadel. Franz Lindekuh. Die Vorigen.

FRAU OBERST
eine hochgewachsene Dame von sechzig Jahren, öffnet die Tür und sagt.
Und in dieser jämmerlichen Dachkammer!
KLARA
die inzwischen mit blöden Augen vor sich hingestarrt hat, mit einem Aufschrei emporfahrend.
Da ist meine Mutter!
FRAU OBERST
ist rasch auf sie zugeeilt und schließt sie in die Arme.
Mein Kind! Mein inniggeliebtes Kind! So habe ich dich endlich wieder!
KLARA
gleitet wimmernd an ihr herab, bis sie mit dem Gesicht den Boden berührt.
Mutter! Meine Mutter! Bin ich denn noch wert, deine Füße zu umklammern!
FRAU OBERST
richtet sie zärtlich auf.

Ermanne dich, mein Kind. Wirf dich vor Gott in die Kniee! Ich bin deinesgleichen, dein Fleisch und Blut, ich bin doch deine Mutter! Ich weiß ja alles, was du mir zu sagen hast; weiß alles, was du gelitten hast! Nimm dein Kind in den Arm und komm! Du und dein Kind, ihr sollt die glücklichsten Tage in deinem väterlichen Hause erleben!

KLARA
aufschreiend.

Mutter, mein Kind ist tot! Zum Bettchen eilend. Hier liegt mein Kind! Es ist kalt! Es hat keine Spur von Wärme mehr in sich! Mutter, was ich um dieses Kind gelitten habe, das hast du um mich nicht [55] gelitten, als du mich gebarst! Und jetzt ist es hin! Alles hin! Alles, alles hin!

FRAU OBERST
zum Bettchen gehend und sich in maßlosem Erstaunen zu Lindekuh zurückwendend.
Das Kind ist tot!? – Und das können Sie mir verschweigen?!
LINDEKUH.
Das wolle Gott im Himmel nicht, daß das Kind nicht mehr lebt!
DR.

SCHWARZKOPF gedämpft. Es ist vor zehn Minuten einem unheilvollen Magen- und Darmkatarrh erlegen. Ich hätte ihm vielleicht noch eine Kampfereinspritzung geben können. Der rasche Verlauf ließ mir keine Zeit dazu.

FRAU OBERST.

Klara! Klara! Jetzt erfaßt mich ein entsetzliches Grauen! Zu Lindekuh. Rührt Sie denn dieses Schicksal nicht?!

LINDEKUH.
Ich bin wortlos ...
FRAU OBERST.

Wortlos sind Sie?! – Das Schicksal meiner Tochter rührt Sie so wenig, als wäre in Ihrer Abwesenheit ein Apfel vom Baum gefallen! Reden Sie mich nicht mehr an! Ich habe bei uns in der Schweiz schon die empörendsten Ruchlosigkeiten über Sie gehört! Aber Ihr persönliches Benehmen verwandelt mir das Blut in Eiskörner!

KLARA
aufspringend.

Laß mich allein, Mutter! Laßt mich alle allein! Laßt mich allein, damit ich endlich, endlich, endlich wahnsinnig werden kann!

FRAU OBERST
sie in die Arme schließend.

Soweit hat dich sein Satanismus also glücklich gebracht.Zu Lindekuh. Helfen Sie mir jetzt doch wenigstens mein Kind zu beruhigen, nachdem Sie mein Kind so grenzenlos unglücklich gemacht haben!

KLARA
sich losreißend.

Die Qualen, die mich zu Boden rissen, werden lächerlich! Meine Höllenleiden verkehren sich in Lächerlichkeit! Das ist übermenschlich! Was umschlingt mich! Was packt mich denn an! Ein namenloser Ekel vor dem schauerlichen Los, unter schallendem Hohngelächter zu Tode gefoltert zu werden!

DR.

SCHWARZKOPF versucht sie in die Arme zu schließen. Weinen Sie, Fräulein Klara! Weinen Sie! Nachdem ihn Klara zurückgestoßen, für sich. Das ist ein Unglück, das ich bei so manchem Unglücksfall erlebe, daß das Unglück [56] gerade im unglücklichsten Augenblick anfängt, lächerlich zu werden!

FRAU OBERST
sucht Klara aufzuhalten, jammernd.
Gibt es denn für deine Mutter gar keine Möglichkeit, mit dir, mein liebes Kind, allein zu sein!
JOSEF
sich kühl verbeugend.
Ich war drei Jahre hindurch der Lehrer Ihrer Tochter ...
FRAU OBERST.

Aus vollem Herzen danke ich Ihnen, Herr Professor, für alles was Sie in den drei Jahren an meiner Tochter getan haben.

KLARA
aufschreiend, auf und nieder rennend.

Drei Jahre hindurch habe ich, ohne zugrunde zu gehen, das gräßlichste Unglück ertragen, das einem Weibe beschieden sein kann! Das war zu wenig! Das war zu wenig! Mir war noch übrig, in meinem Unglück verhöhnt zu werden! Das irdische Denken reicht nicht bis zu dem Gedanken aus, daß es solche Qualen gibt. Ich stehe am Schandpfahl! Und kein Erwürgen möglich. Kein Selbstmord mehr! Gelächter über mir! Gelächter unter mir! Gelächter! Gelächter! Sie heult in fürchterlichem Schmerz auf und sinkt zu Boden. Die Menschen bekommen Krämpfe vor Lachen, wenn sie die Erzählung meiner Qualen hören!

DR.
SCHWARZKOPF leise zu Josef. Jetzt gehen Sie aber bitte, ohne sich zu verabschieden!
JOSEF.
Ich möchte mich durchaus nicht aufdrängen. – Komm, Else!

Else und Josef ab.
DR.

SCHWARZKOPF zur Frau Oberst, die in einem Sessel zusammengesunken ist. Frau Oberst, ich erwarte jetzt die tatkräftigste Entschlossenheit von Ihnen! Für die Bestattung dieses unglücklichen Wesens werden Herr Lindekuh und ich Sorge tragen. Nehmen Sie jetzt Ihre Tochter, wenn Sie ihr Leben retten wollen, besinnungslos, wie sie daliegt, vom Boden auf und bringen Sie sie, ohne sie zur Besinnung kommen zu lassen, zur Bahn! Dann fahren Sie, ohne sich einen Aufenthalt zu gestatten, mit ihr in die Schweiz und pflegen Sie sie bei sich zu Hause so gut, wie man ein todkrankes Kind nur irgendwie pflegen kann! Klara vom Boden aufhebend. Stehen Sie jetzt [57] rasch auf, Fräulein Klara. So rasch wie möglich! Eine wollene Decke von ihrem Bett nehmend. Wickeln Sie sich fest in diesen Reiseplaid, und nun gehen Sie mit Ihrer lieben Mutter! Herr Lindekuh und ich kommen Ihnen gleich nach, um Ihnen die Fahrkarten zu besorgen! Halten Sie sich nicht mehr auf, meine Damen! Er geleitet die Damen hinaus. – Zurückkommend zu Lindekuh. Ich hoffe zuversichtlich, daß dieser erste Anfall keine dauernde Geistesstörung zur Folge hat.

LINDEKUH.
Die kann ein Lied singen!

Ende.

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TextGrid Repository (2012). Wedekind, Frank. Dramen. Musik. Musik. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9552-6