Der Lehrer von Mezzodur

In Mezzodur war ein Lehrer,
Sigmund Zus war er genannt,
Als ein braver Mann geachtet,
In der Gegend wohlbekannt.
Er war Gatte und auch Vater
Von drei Kindern, noch so klein;
Leider lebte er nicht glücklich,
Denn die Eh ward ihm zur Pein.
Ein Verdacht regt sich im Herzen,
Seine Frau sei ungetreu,
Daß ein andrer, nicht er selber,
Vater seiner Kinder sei.
Und von Eifersucht gepeinigt
Lebte fürder er dem Wahn;
Als er sich betrogen glaubte,
Reifte leider rasch der Plan.
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Eines Nachts zwang er die Gattin,
Daß sie ein Bekenntnis schrieb,
Das er selber ihr diktierte
Und ihr Todesurteil blieb.
Als sie drin den Vater nannte
Ihrer Kinder – ach! o Gott! –
Schoß er die drei armen Kleinen
In dem Bett mit Kugeln tot.
Darauf hat er sie gezwungen,
Sich zu legen auf das Bett,
Hat sie dann auch umgebrungen,
Wie sie ihn auch angefleht.
Er legt' nun selber Hand an sich
Und endete dann fürchterlich.
Das Dienstmädchen, das zugegen war,
Mußte leuchten mit dem Licht
Und erzählt's mit Grauen und Entsetzen
Dem Gericht.
[503]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Wedekind, Frank. Gedichte. Die vier Jahreszeiten. Herbst. Der Lehrer von Mezzodur. Der Lehrer von Mezzodur. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-95DA-7