18.

Ich ließ das Roß zu Tale lenken,
Da traf ich zwei Gesellen fein,
Das war in einer alten Schenken
Der rote und der weiße Wein.
Sie sahn mich an aus großen Krügen,
Wie Gold und Rosen schauten sie.
Mein Herz empfand ein still Vergnügen,
Mir ward, ich wußte selbst nicht wie.
Kaum sah ich hell den Weißen funkeln,
Da half kein Bitten und kein Flehn.
Und sah ich, ach, den Roten, Dunkeln –
Da war es gleich um mich geschehn!
Wollt wandern ich am Morgen gerne:
Sah mich der Rote lockend an.
Und wollt ich ziehn beim Glanz der Sterne –
Hatt's mir der Weiße angetan!
Mir war's, zwei tolle Teufel zwackten,
Der ein am Bart mich armen Tropf,
Indes des andern Fäuste packten
Und zögen mich an meinem Zopf.
Sie zogen mich von Nacht bis Morgen,
Zwackten von Woche mich zu Mond:
Und Jahr und Tag hab ich verborgen
Bei den Gesellen schon gewohnt.
[75]
Nun oft, wenn in den Lindenbäumen
Der stille Mond spazierengeht:
Da ist's, daß mir ein seltsam Träumen
Leis schauernd durch die Seele weht.
Da träum ich wohl: die alte Schenke,
Die würde endlich still und leer –
Sie brach zusammen – und ich tränke
Wohl nimmer Oberingelheimer mehr.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weerth, Georg. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Der Wein. 18. [Ich ließ das Roß zu Tale lenken]. 18. [Ich ließ das Roß zu Tale lenken]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9684-0