2.

Herr Soherr wohnt im weißen Roß –
(Daß ich je ihn verließ, ich bereu es) –
»Willkommen!« so sprach er, »mein lieber Herr Weerth,
Willkommen! was haben Sie Neues?
Sie sehn so verstört und so flüchtig aus
Wie ein Mann ohne Geld und Courage.
Wie kommt's, daß Sie reisen im schwarzen Frack?
Wo ließen Sie Ihre Bagage?
Sie haben gewiß in Ems gespielt!
Oder haben Sie sich duellieret?
Oder haben Sie gar zu Köln am Rhein
Sich politisch kompromittieret?«
[270]
»Mein Vater Soherr!« versetzte ich da,
»Erbärmlich sind die Zeiten.
Doch kompromittier ich mich nie, denn das
Überlaß ich anderen Leuten.
Mit schönen Fraun hab ich lieber zu tun
Als mit schönen preuß'schen Soldaten.
Und als ich am Lurlei vorüberkam:
Da war ich verkauft und verraten.
Ich sah sie sitzen, die nackte Fee,
Und ich hörte ihr lüsternes Singen;
Und mit Koffer und Reisesack sank ich hinab,
Ihren wonnigen Leib zu umschlingen.
Das war eine Barrikadenschlacht
Auf ihren schneeweißen Brüsten!
Mit heiler Haut kam ich eben davon,
Doch verlor ich Koffer und Kisten –«
Da lachte Herr Soherr und zeigte mir
Seinen letzten Zahn – alleine
Steht der in seiner Kinnlade wie
Der Mäuseturm im Rheine.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weerth, Georg. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Kein schöner Ding ist auf der Welt, als seine Feinde zu beißen. 2. [Herr Soherr wohnt im weißen Roß –]. 2. [Herr Soherr wohnt im weißen Roß –]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-96E7-0