Andächtige Feld- und Pfingst-Gedanken,

Als ich den ersten heiligen Pfingst-Tag von Erfurt nach Ilmenau reisete, wobey es beständig donnerte, blitzte, auch zuweilen etwas regnete.


Wie vielmahl bin ich schon den Weg allhier geritten,
Und dennoch, Gott sey Lob! ist nie mein Roß geglitten:
Mein Pferd ist nie gestürzt, so scharf ich auch gejagt.
Zwar einmahls machte mich mein Hengst etwas verzagt;
Allein dein starker Schutz ließ mich nicht in den Hecken,
Vielwenger in Gefahr verzagen oder stecken.
Du Höchster! warst mein Schirm, dein Engel brachte mich
Gesund und wohl nach Haus; und darum preis ich dich.
Wenn mich ein Regen-Guß den ganzen Weg geführet,
Daß ich kein trocknes Fleck an Kleid und Leib verspühret;
Wenn mich der Sturm gedreht, so hab ich doch gelacht;
Es hat mir nichts geschadt. Wenn mich die finstre Nacht,
Da kaum vor Dunkelheit die Pfützen zu erblicken,
Mich über Stock und Stein und über schmahle Brücken
Und Berge hingeführt, nahm ich doch nie Gefahr,
Noch Schrecken, oder Furcht, noch Widrigkeiten wahr.
Der finstre Tannen-Wald hat mich gar nicht erschrecket,
Vielmehr sein sanft Geräusch die größte Lust erwecket.
Versuchts, es reiset sich des Nachts in Wäldern schön;
Ich habs erst nicht geglaubt; nun hab ich es gesehn.
Das sonst berufne Fleck läßt mir auch keinen Grauen
Noch Zittern und Gefahr wie etwa andern schauen.
Wenn Blitz und Donner-Knall den Tannen-Wald erfüllt,
Und in denselbigen gesaufet und gebrüllt:
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Hat man mich vor der Fluth und Donner warnen wollen,
So hab ichs nicht geacht. Denn die Gerechten sollen
In Unglück und Gefahr und in der Todes-Pein,
Doch allezeit beherzt und frischen Geistes seyn.
Bey Tage und bey Nacht, zu Hause und in Gründen,
Kan mich die Hand des Herrn stets treffen oder finden:
Drum fürcht ich mich vor nichts. Du mein Immanuel!
Du führst mich stets; durch wen? durch deinen Raphael.
Gott Lob! der führt mich auch an diesem heilgen Tage,
Und schützet mich gewiß vor aller Noth und Plage.
Das grosse Sonnen-Licht wirft seine Strahlen aus,
Und wärmt und baut dadurch das grosse Erden-Haus.
Die Luft ist aufgeklärt, die Wolken sind ganz dünne,
Ganz lichte, hell und klar. Was werd ich weiter inne?
Ein angenehmer Wind bewegt und regt die Saat;
Er rauscht so sanft und still bey manchem Espen-Blat
Und dicken Baum vorbey; er dämpft die Sonnen-Hitze,
Daß man auf grünen Gras im Schatten ruhig sitze.
Hier ist ein grüner Zaun; hier ist ein dicker Baum,
Allwo ein Wandersmann in süssen Schlaf und Traum
Zu seiner Lust verfällt und wenn er aufgestanden,
So ist auch neue Kraft zur Wanderschaft vorhanden.
So weislich richtest du, o Schöpfer! alles ein,
Ich seh wohin ich will, es muß uns dienlich seyn.
Kein Blümgen ist so schlecht, kein Kraut ist so geringe,
Das uns nicht Stärk und Kraft und guten Nutzen bringe.
Heb deine Augen auf, und schaue in das Feld!
Was hat dir nicht der Herr vor Seegen dargestellt?
Die Saat ist lang und schön, wie dicke stehn die Aehren,
Wodurch dir Gott dein Brod aus Gnaden will bescheren.
So sorgt der Herr vor mich und andre Menschen noch.
Er wendet gnädiglich das schwere Hungers-Joch.
Hier segnet Gott den Fluß, der muß zu unsern Leben,
Und Labsal manchen Fisch uns in die Hände geben.
Der Weinstock weißt mich auch auf Gottes Mildigkeit,
Wenn er durch seinen Saft uns künftighin erfreut.
Die Bäume auf dem Feld die stellen uns die Früchte
Zu unserm Wohlergehn schon zeitig vors Gesichte.
Gemüße, Kraut und Kohl, was Feld und Garten trägt,
Hat, Vater! deine Huld vor Augen uns gelegt.
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Gesegnet ist das Feld, die Wiesen sind geschmücket,
Worauf der Hirt sein Vieh aufs lieblichste erquicket.
Die Hirten treiben hier die Lämmer, Schwein und Küh,
Auf das geschmückte Feld. Das fromme Wollen-Vieh
Findt zu der Schäfer Lust und der Besitzer Freude,
In dieser Seegens-Flur die allerschönste Weyde.
Hier lockt ein klarer Bach das matte Vieh herbey,
Und auch den Wandersmann macht er vom Durste frey
Hier springt ein muntres Reh aus Sträuchen und Gebüsche,
Daß es sich in dem Feld bey einem Fluß erfrische.
Wie lieblich singen hier die Vögel in der Luft?
Sie loben Gott, und weil ihr Mund um Futter ruft,
So giebt ers ihnen auch, daß sie nicht Hungers sterben.
Schaut Gottes Liebe an! Er läßt sie nicht verderben.
Gedächte doch der Mensch in seiner Noth und Pein
An Gottes Mildigkeit. Wie könt es möglich seyn,
Daß er den Menschen nicht auch Brod und Nahrung gäbe?
Wenn ich mein Angesicht nach jener Heerd erhebe,
So seh ich, wie der Herr das kleinste Vieh bekleidt.
O! solte mich der Herr in meiner Lebens-Zeit
Nicht auch wie dieses Thier bedecken und bekleiden?
Den Zweifel kan fürwahr des Herren Ohr nicht leiden!
Bedenke dieses wohl, du hart beklemmter Christ,
Wie hoch du jederzeit vor Gott geschätzet bist.
Wenn Vögel und Gewürm, so gar die jungen Raben,
Schutz, Kleidung, Speiß und Trank von Gott dem Vater haben,
So wirst du wahrlich auch von ihm versorget seyn.
Er schließt dich in sein Herz weit mehr als diese ein.
Die heist er sein Geschöpf, dich nennt er seinen Erben
Und Kind; wie könt es seyn, daß er dich ließ verderben?
Wie lieblich, süß und schön riecht doch der Wiesen-Schmuck.
Wohin ich mich nur dreh, da find ich Stof genug,
Mich an der Wunder-Hand des Schöpfers zu ergötzen,
Und seine Huld und Macht ins Herze fest zu setzen.
Bey dem, was ich jetzt seh, stell ich vor andern mir
Das erste Paradieß den schönsten Garten für.
O angenehme Lust! die ich wohl ohne Sünde
In diesem offnen Feld in meinem Geist empfinde.
O! wie vergnügt bin ich, wenn sich in Einsamkeit
Und in dem stillen Feld mein Angesicht erfreut.
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Hier singt und bett sichs schön; hier läßt sichs gut studiren;
Die Feld-Lust kan mein Herz aufs angenehmste rühren.
Wenn ich in Feld und Flur und auf den Wiesen steh;
Wenn ich bald hier und dort die Schaafe hüten seh;
So bild ich mir auch ein, ich seh die ersten Zeiten
Worinn die Unschuld noch mit Lust auf allen Seiten
Gewohnet und geherrscht. Ich bilde mir fast ein:
Die Gegend und die Zeit müßt dieser ähnlich seyn,
In welcher ehemahls die Töchter Labans standen,
Des Viehes hüteten und ihre Garben banden.
Mir deucht, hier ist das Feld, worinnen Abraham
Und Jacob ihre Heerd, so manches zartes Lamm,
Geweydet und gepflegt, und mit erfreuten Zungen
Zu Gottes Lob und Preiß ein Hirten-Lied gesungen:
Wo jener treuer Knecht zu der Rebecca kam,
Und von der schönsten Hand den Krug mit Wasser nahm,
Und mit demselbigen sein durstig Vieh erquickte,
Wobey er nun die Braut des Isaacs erblickte.
Mir ist als wandelte allhier der Rahel Fuß,
Und brächt ihr Wollen-Vieh zum klaren Wasser-Fluß,
Und Jacob käm zu ihr, der ihre Schaafe tränkte,
Und ihr aus Redlichkeit mit Gott sein Herze schenkte.
Mich deucht hier ist der Ort, wo dort der Väter Schaar,
Dem allerhöchsten Gott so manchen Beth-Altar,
Und Maal-Stein, ihm zum Ruhm, aus frommen Geist erbauet.
O Seele; jeder Baum, den hier dein Auge schauet,
Ein jeder Wasser-Fluß, ein jeder Acker-Land
Giebt dir Gelegenheit, daß du der Vaters-Hand
Auch einen Altar baust; doch sie sind selbst Altäre,
Von seiner Hand erbaut. Kom! bringe und verehre
Allhier, dem Höchsten Gott; leg' deine Gaben drauf;
Zündt deinen Weyhrauch an! So steigt der Rauch hinauf
Zu Gott, und riecht so schön als Habels Opfer Gaben.
Ja Herr! du solst mein Herz mit meinem Weyhrauch haben.
Dieß Feld gleicht wohl dem Ort, wo Jacob sanft und schön
Auf einen Steine schlief; wo er im Traum gesehn,
Wie Gottes heilges Heer vom Himmel runter kommen,
Und seinen Geist vergnügt, und ihn in Schutz genommen.
Es gleicht dem Ort, wo Gott zum Patriarchen trat,
Und ihm den Sohn versprach, da er vor Sodom bath;
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Wo Jacob selbst mit Gott gekämpfet und gerungen
Und auch denselbigen aufs herrlichste bezwungen.
O was vor Lieblichkeit! o was vor süsse Lust,
Empfindet meine Seel! wie labt sich meine Brust
Wenn ich im Felde bin! Ich kan an Gottes Werken
Und reicher Seegens-Hand den Glauben in mir stärken.
Geht hier ein Schäfer hin, und singt auf Blat und Rohr,
So stell ich mir darbey den Hirten David vor
Wie er bey seiner Heerd sein Harfenspiel gerühret,
Und seinen Gott gelobt, der ihn bisher geführet.
Lauft dort ein Bauren-Weib mit aufgewecktem Sinn;
Geht da mit gleichem Geist die junge Dirne hin;
So denk ich, diese sind im aufgeschürzten Rocke
Wohl glücklicher als die, so als die schönste Docke
Im Puder-Putze prangt und in den Steif-Rock geht.
Ihr Fuß viel sicherer auf Feld und Fluren steht
Als derer, welche stets geschmückt bey Hof erscheinen,
Allwo die Falschheit wohnt. Da giebt es gnug zu weinen.
Der eine wird verfolgt; der andre wird verlacht;
Dem wird durch Haß und List gefährlich nachgetracht;
Dem wird die Zeit geraubt; Der kommt um sein Vermögen;
Ein andrer muß sich krank und schwach zu Bette legen.
So gehts in Städten her, so gehts bey Höfen zu!
Auf Dörfern lebet man in still und süsser Ruh.
Glückseelig ist der Stand der sich von Acker nehret,
Und dem der Herr durchs Feld sein Kleid und Brod bescheret!
Gesegnet ist der Mann, den Gott durch Pflug und Feld
In dieser Zeitlichkeit erquicket und erhält!
Du starker Seegens-Gott! erhalte Feld und Fluren,
Und seegne fernerhin all deine Creaturen.
Herr! höre auf mein Wort! Herr sprich dein Amen drauf!
Ja! ja! ich weiß du hörst, die Wolken thun sich auf,
Und geben durch den Knall des Donners zuverstehen,
Der Höchste lebe noch, und werde auf mich sehen.
Mein Gott dein heilger Geist erfüllet mein Gemüth,
Drum freut sich meine Seel; drum sing ich jetzt ein Lied
Von deiner Gütigkeit und deinem milden Seegen.
Gelobt seyst du mein Gott, daß du auf meinen Wegen
Mich auf das beste führst. Ich danke deiner Treu,
Die über mich gewacht, und öfters mancherley
[121]
Noth, Unglück und Gefahr so gnädig abgewendet,
Und deiner Engel Schutz zu mir herab gesendet.
Gott Lob! daß ich gesund und nicht gebrechlich bin,
So, daß ich Hand und Fuß, das Haupt und jeden Sinn
Auch glücklich brauchen kan. Ich preise deine Güte,
Die meine Seel und Brust, mein Herz, Sinn und Gemüthe
Mit deinem Einspruch labt, mit deinem Worte tröst,
Wenn etwa eine Noth und Trübsal auf mich stößt.
In Leiden hat dein Sohn die Kelter helfen treten;
Dein Geist half mir getrost vor dir das Abba beten.
Du hast mich kräftiglich mit deinem Trost erfrischt,
Und mir vom Angesicht die Thränen abgewischt;
Mir ein geduldig Herz und stillen Geist geschenket,
Der sich mit Ungedult und Murren niemahls kränket.
Erhalt mir diesen Schmuck und edle Seelen-Zier,
So folg ich dir getrost, und fahre wohl von hier.
Wie ist mir? hör ich nicht der Glocken Thon erklingen?
Ja! ja! man wird jetzund das Halleluja singen.
Man singt: Komm Heilger Geist, und kehre bey uns ein;
Man stimmt es freudig an, man schlägt die Paucken drein.
Die Paucken hör ich zwar nicht in der Kirch erschallen,
Ich hör an ihrer statt den Donner heftig knallen.
Allein sein Brüllen stöhrt mich in der Andacht nicht,
Ich zeige jetzt wie sonst ein frölich Angesicht.
Mein Pfingst-Fest feyre ich so heilig unterm Blitze
Im Feld, als wenn ich sonst in einer Kirche sitze.
Nichts stöhret meinen Geist; nichts hindert meine Ruh;
Ich weiß, mein Tröster hört mir aus den Wolken zu.
Mein Herr Gott heilger Geist! gleichwie du ehedessen
Den Jüngern deine Kraft sehr reichlich zugemessen,
Und ausgetheilet hast, so reichlich geuß auch hier
Die Seegens-Ströme aus, und wohne stets in mir.
Mein Herz, das Sünden-Nest, entledge seiner Sünden,
Such eine wahre Reu in solchem anzuzünden.
Ach! reinige mein Herz, du werther Heilger Geist!
Von dem, was sündlich ist, von dem, was irdisch heist.
Mach deine Wohnung draus, damit die drey Personen
Der Gottheit stets in mir und meiner Seele wohnen.
Zeig mir den rechten Steg, den ich hier wandeln soll,
Daß ich nicht straucheln mag, mach mich von Andacht voll,
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Daß ich mein Herz und Mund zu Gottes Stuhl erhebe,
Und dir Lob, Ehr und Preiß für alle Wohlthat gebe.
Gieb, daß sich nie mein Herz von Jesu Liebe trennt,
Vielmehr die Liebes-Glut recht Seraphinisch brennt;
Gieb daß ich meine Lust in deinem Wesen suche,
Und alle Eitelkeit und schnöde Lust verfluche.
Und reitzet mich die Welt zu einer Sünde an,
So winke mir alsbald, und reiß mich von der Bahn,
Darauf ich gleiten könt: Gieb mir ein Herz voll Tugend;
Sey du mein Sprach-Gesell und Führer meiner Jugend;
Wenn ich nach Christen-Brauch den Kreuz-Weg wandern muß,
So komm du Geist der Kraft! mit deinem süssen Gruß,
Und stärke mich in Angst, und mach die Seele stille,
Daß sie gelassen spricht: Herr! es gescheh dein Wille.
Vor Murren, Ungedult und Kleinmuth schütze mich;
Denn ich verlasse mich in aller Noth auf dich.
Ja, wird die Angst zu groß, so komm, mich zu vertreten,
Und lehr mich Glaubens-voll stets stark und brünstig beten.
Wenn ich in Herzens-Angst und Kampf nicht rufen kan;
So nimm dich meiner Seel, du theurer Tröster! an,
Und kämpfe stark vor mich, und hilf mir Gott bezwingen,
Schrey, rufe du in mir, so muß es mir gelingen.
Schaff, daß mein Glaubens-Licht beständig helle brennt,
Und wenn die Todes-Hand mein Lebens-Band zertrennt;
(O! wär es doch nur bald, mir eckelt mehr zu leben,
Es sehnet sich mein Geist der Welt Valet zu geben.)
So hilf mir ritterlich durch allen Kampf und Streit,
Und bringe meine Seel zur frohen Ewigkeit.
Du werther Heilger Geist! erhöre jetzt mein Flehen,
Komm deiner Christenheit in Trübsal beyzustehen.
Die, so um Gottes Ehr und um sein heilig Wort,
Und dessen Reinigkeit und Glauben hier und dort
Geängstget und verfolgt, gedrückt, gelästert werden,
Die nimm in deinen Schutz, und tröste sie auf Erden.
Mach ihre Seel und Geist, Muth, Lieb und Andacht groß,
Damit sie alle Angst, Gefahr und Herzens-Stoß
Recht standhaft überstehn; Erquicke sie in Leiden
Mit deiner starken Kraft, und süssen Trost der Freuden.
Die, so erleuchtet sind, und in dem Glauben stehn;
Erhalte kräftiglich, und laß sie weiter gehn.
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Die Bösen aber zieh von ihrem Laster-Stege,
Und bringe ihren Fuß auf Gott beliebte Wege.
Geuß deinen starken Strom auf den Regenten-Stand;
Regiere ihren Geist und führ sie bey der Hand,
Daß sie in Heiligkeit vor Gottes Antlitz wandeln,
Und nach Gerechtigkeit in ihren Werken handeln.
Den Lehr-Stand schmücke auch mit deinen Gaben aus,
Damit zu jeder Zeit in unsers Gottes Haus,
Dein Wort, dem Donner gleich, durch alle Herzen dringe,
Und hundertfältge Frucht zum ewgen Leben bringe.
Du Geist der Einigkeit! erhalte Fried und Ruh,
Und schicke jedem Stand die güldne Eintracht zu.
Wie schön, wie ungestöhrt läßt sichs im Felde singen!
Und Gottes Heiligkeit ein Halleluja bringen.
So wohl, so angenehm es unserm Munde deucht,
Wenn man ihm auf dem Feld so Kost als Nahrung reicht;
So eine süße Lust empfindt der Geist darneben,
Wenn man ihm seine Kost zugleich auch sucht zu geben.
Wenn heut ein hohes Haupt, ein Fürst und grosser Held,
Bey schönem Paucken-Schall die offne Tafel hält,
So kan ich hier im Feld auch offne Tafel haben.
Wohlan! hier ist mein Tisch, da nehm ich Gottes Gaben,
Die ich zu mir gesteckt, vergnügt und frölich ein,
Die Erde soll mein Tisch, das Gras mein Sessel seyn,
Recht so! hier ist ein Rand, den manches Blümgen schmücket,
Da steht ein dicker Baum, der Reisende erquicket;
Darneben fließt ein Bach, der klar und rauschend quillt,
Und der den Durstigen ihr trocknes Schmachten stillt,
Hier findet auch mein Pferd die angenehmste Weyde.
Herunter von dem Gaul! Zu meiner tausend Freude
Setz ich mich bey dem Baum, und speise meine Kost.
Mich labt der Wasser-Trank weit mehr als Wein und Most,
Den grosse Könige aus güldnen Schalen trinken.
Mein Becher ist die Hand. Ich lasse mich bedünken,
Es sey nicht ungereimt, wenn ich aus Redlichkeit
Aus diesem klaren Fluß, bey dieser Jubel-Zeit,
Auf hoher Häupter Glück und auf ihr Wohlseyn trinke!
Es lebe Carl zu Wien! daß Achmet vor Ihm sinke.
Es leb die Kayserin, die Kussens Thron regiert!
Die ihren Scepter klug, gerecht und sieghaft führt.
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Es leb Elisabeth, das Muster grosser Frauen,
Die wir in Spanien in Kron und Purpur schauen.
Es leb in Engeland die weise Königin!
Es lebe Carl zu Maynz! in dessen Schutz ich bin.
Es lebe Ernst August, der Herzog derer Sachsen!
Es leb sein junger Prinz! Er müsse blühn und wachsen!
Es leb der Helden Stand; Es lebe der Soldat,
Der Tugend und Verstand, Geist, Muth und Feuer hat!
Es leb der Weisen Zunft; die hochgelehrten Männer!
Ein jeder Musen-Sohn und wahrer Weisheits Kenner!
Es lebe jedermann, ders redlich mit mir meint!
Dies wünsch ich gleichfalls auch dem allergrößten Feind!
Ich hasse niemand nicht. Der Teufel in der Höllen.
Ist nur allein mein Feind! den suche ich zu fällen.
Ich habe wohl ein Herz voll Feuer, Geist und Muth;
Doch aber nicht voll Zorn, voll Rache, Haß und Wuth.
Ich habe mit mir selbst und meinem Fleisch zu kämpfen.
Da hab ich Feinds genug, desselben Macht zu dämpfen.
Es müsse jedem Feind auf Erden glücklich gehn,
Er müsse auch dereinst mit mir den Himmel sehn.
Bey dem Gesundheits-Trunk hört man die Paucken schallen,
Allein an ihrer statt hör ich den Donner knallen,
Der faußt um mich herum. Gott hört die Wünsche an,
Die ich bey jedem Trunk, aus Redlichkeit gethan.
O wie vergnügt hab ich mein Festtags-Mahl genossen!
Mein Roß hat sich erquickt, nun setzt es unverdrossen
Die Füsse weiter fort: Ob gleich der Donner brällt,
Und vor der Sonnen Glanz der Blitz das Feld erfüllt.
Es donnert! wie? wenn Gott auf dich erzürnet wäre
Dieweil du sein Geboth und seine heilge Lehre
Aus deinen Augen setzst! Du thust was Gott verbeut;
Wie so? was ist es denn? du trägst ein Mannes-Kleid!
Hat nicht der Herr gesagt? es soll ein Greuel heisen,
Der sich in andrer Tracht den Augen sucht zu weisen
Ja! Gott hat dieß gesagt; allein noch mehr dabey:
Er spricht auch, daß das Thier von ihm verboten sey,
Das seinen Fuß nicht spalt, und auch nicht wiederkäuet.
Dem wurde scharf vom Herrn mit Fluch und Tod gedräuet,
Der sich nach einen Fisch im Fluß gelüsten ließ,
Der nicht sein Schuppen-Heer benebst den Federn wieß.
[125]
Wer ausfuhr und ein Mal an Leib und Haupt bekommen,
Der muste unrein seyn, und ward nicht aufgenommen.
Es durfte nie kein Blut vom Thier beym Essen seyn,
Und keinem ward erlaubt von Wollen und von Lein
Ein Kleid an Leib zu ziehn. Kein Priester durfte lieben
Ein Weib, das man bereits ins Wittwen Buch geschrieben.
Nach Gottes strengen Wort entzog man dem Altar
Denselbigen Levit an dem ein Fehler war.
Kein Mannsbild war befugt den Bart ganz abzuscheren.
Und was dergleichen mehr gestrenge Gottes Lehren
Des Höchsten Wort uns zeigt. Wir Christen neuer Zeit,
Sind aber nun davon entbunden und befreyt.
Dieß herrschende Gesetz, das unsre Alten hatten,
Hat Christus abgeschaft. Warum? es war ein Schatten.
Eins wie das andre war verboten und verflucht:
Bleibt nun ein Mann verschont, wenn er das Messer sucht,
Und seinen Bart abschiert; Wird keiner mehr verschlossen,
Bey dem was eytriges von Haupt und Lieb geflossen;
Darf Schleye, Schmerl und Blut, Caninchen, Haß und Schwein
Und was dergleichen mehr auf unsrer Tafel seyn;
Darf auch ein Priester jetzt nach einer Witwe fragen;
So darf ich auf dem Pferd auch wohl ein Manns-Kleid tragen.
Nein, dieserwegen beißt mich mein Gewissen nicht;
Deshalber ziehet mich der Herr nicht vors Gericht,
Er straft mich nicht darum. Ich kan zu allen Zeiten
In solcher Tracht durch Blitz und Donner frölich reiten.
Es donnert! Ey! Gott lob! so hör ich, daß die Macht
Des Schöpfers und sein Aug noch vor die Erde wacht.
So lang die Wolken noch die Dünste an sich ziehen,
So lange wird auch noch die Erde fruchbar blühen.
Der Donner brüllt! Gott lob! so ist zu unsern Glück,
Vor unser dürres Land ein Regen-Guß zurück,
Der es befeuchten wird. Es lächzet stark nach Regen,
Es wartet ganz verschmacht auf deinen Milden Seegen.
So lang ich deine Stimm durchs Donnern hören kan;
So lange ficht mein Herz noch gar kein Zweifel an,
Das Gott nicht vor das Land und vor uns sorgen solte,
Und unsrer Dürftigkeit zu Hülfe kommen wolte.
Gott lob! mein Leib und Geist, meine Herze und mein Blut
Ist mitten bey dem Knall und Blitze wohlgemuth.
[126]
Wer Gott zum Freunde hat, der hat nicht noth zu klagen;
Denn Gott will ihn ja selbst auf seinen Händen tragen.
Behüte Stadt und Dorf vor Einschlag und vor Brand,
Nimm Volk und Vieh in Schutz und gieb, daß unser Land
Durch Hagel und durch Fluth nicht überschwemmet werde.
Erhalte Saat und Frucht; Beschütz, was auf der Erde
Und auf den Bäumen wächst, vor deines Feuers Grimm,
Und sieh dich stets in Gnad nach deinen Volcke üm!

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TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Andächtige Feld- und Pfingst-Gedanken,. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-ABFF-F