Auf den Geburts- und Namens-Tag einer guten Freundin

Den 15ten May 1734.


Serenata.

Jugend:


Ich belustge die Gemüther.

Gesundheit:

Ich erfreu, was menschlich heist.
Jugend:

Wer kan das Vergnügen brauchen,
Wenn die Jahre schnell verrauchen?
Gesundheit:

Ich ermuntre Sinn und Geist.
Jugend:

Ich belustge die Gemüther.
Gesundheit:

Ich erfreu, was menschlich heist.
[316] Jugend:

Das werthe Alterthum
Begleitet Ehre, Preis und Ruhm.
Drum auch ein Sitten- Lehrer spricht:
Man soll vor grauen Haaren
Die Ehrfurcht niemahls spahren.
Und sie auch äuserlich,
Durch Worte, Minen und Geberden zeigen.
Der Herr und Meister der Natur,
Der Schöpfer jeder Creatur,
Verschmäht das Alter nicht;
Er trägts vielmehr auf seinem Rücken,
Er schützt und pflegt es wohl, und wills mit Seegen schmücken.
Allein wer tadelt mich,
Wenn ich die Jugend höher achte,
Und sie dem Alterthum jetzt vorzuziehen trachte?
Angenehmer Lenz der Jahre,
Schmuck der Haare.
Wer in meinen Orden
Zum Mitglied aufgenommen worden,
Der kan warhaftig glücklich seyn.
Er singt bey Sonn- und Monden-Schein:
Angenehmer Lenz der Jahre,
Schmuck der Haare.
Gesundheit:

Was höhnst du mich?
Und sprichst, du müstest allen,
Nur schlechterdings gefallen?
Jugend:

Ich frage dich:
Ist nicht das Alterthum ermatt, entkräft, verdrossen,
Und mit viel Ungemach umschlossen?
Die Ehrfurcht heist mich schweigen,
Ich will dir aber zeigen,
Daß Salomon, der allerklügste König,
Dem du und ich zu widerlegen viel zu wenig,
In seinem Buche spricht:
[317]
Die bösen Tage,
Die Noth und Plage,
Bricht mit dem Alter an:
Dann ists um unsre Frölichkeit gethan.
Man muß alsdann mit Seufzen sagen;
Ach! sie gefallen mir gar nicht.
Drum bleibts darbey;
Daß stets das Vorrecht meine sey.
Gesundheit:

Gemach! gemach!
Ich lasse zwar wohl deine Rede gelten;
Allein,
Du wirst mich nicht deswegen schelten,
Wenn ich die Warheit offenbare,
Wer läugnet daß ich nicht die Zierde grauer Haare,
Und aller Schätze Schatz und Krone solte seyn?
Drum sey nicht stolz, und geh gemach, gemach!
Meinen Schätzen, meinen Gaben,
Kommt kein Reich noch Krone bey.
Crösus, Cyrus, Alexander,
Fürsten, Könige mit einander,
Sagen ohne Heucheley:
Du kanst uns vor andern laben.
Meinen Schätzen, meinen Gaben.
Komt kein Reich noch Krone bey.
Was ist doch Jugend ohne mich?
Geht hin, ihr zart und angenehmen Kinder,
Und sucht euch über die und jene Sachen
Vergnügt zu machen!
Wie lange wird die Freude seyn?
Geh ich mit euch kein Bündniß ein.
Wenn euch mein Kleinod fehlt,
Wenn euch die Schwachheit und die Krankheit quält;
Da seufzt, da ächzt, da klaget ihr:
Ach! wären wir,
Nur älter; aber doch gesünder!
[318]
Die Jugend ohne mich hat Noth,
Sie lebet zwar, doch scheint sie eher todt.
Drum werd ich mehr als du geacht,
Mir wird der Sieges-Kranz gebracht.
Schmeckt euch Wasser, Brod und Kümmel
Besser als die Mandel-Frucht;
Wißt ihr nichts von Schmerz und Sucht;
So erhebet euch zum Himmel,
Und verehrt im Welt-Getümmel,
Mit ermuntertem Gemüthe,
Gottes Gnade, Huld und Güte.
Vergnügen:

Ich habe eure Rede angehört,
Nun will ich auch mit kurzen Worten sagen:
Die Palmen werd ich wohl von dannen tragen.
Gesetzt, du bist von muntern Jahren;
Gesetzt, du hättest nicht der Krankheit Schmerz erfahren:
Du wärest aber nicht vergnügt,
Es hätte dich ein innerlicher Gram besiegt:
Du hättest Sorgen, Kummer und Verdruß,
Die man verhehlen muß.
Das Mißvergnügen ist ja mancherley.
Drum saget mir, ob dieser glücklich sey,
Der mich vermeiden soll?
Wer mich nicht kan erreichen,
Der muß, wenn schon die Jugend lacht,
Und ihm das Glück zu Ehren bracht,
Nach kurzer Zeit erbleichen.
Drum schweigt,
Weil ich euch meine Würdigkeit gezeigt.
Jugend:

Was? was? ich wolte ehnder sterben,
Bevor du solst den Vorzug erben.
Gesundheit:

Ich will dich auch nicht meine Meistrin nennen,
Und solte eh mein Lebens-Dacht verbrennen.
[319]
Sprecht was ihr wolt, ich sage frey,
Daß doch der Sieg auf meiner Seite sey.
Was streitet ihr
Zu einer Zeit, da alles in der Welt
Sich lustig, munter frölich stellt?
Die Vögel in den Lüften,
Die Thiere in den Wäldern und in Klüften
Vertragen sich und scherzen.
Felder, Wälder sind verjünget,
Und mit Schönheit ausgeziert.
Ja der Vögel-Schall erklinget,
Welcher Sinn und Ohren rührt.
O ihr Vögel! ihr Sirenen!
Solt man euch das Ohr nicht lehnen?
Die ihr also reitzend singet:
Felder, Wälder sind verjünget,
Und mit Schönheit ausgeziert.
Und ihr, Pfui! schämet euch!
Wolt euer Angesicht mit zornigen Geberden
Zu eurer Schande schwärzen?
Was kan wohl thörigter gefunden werden?
Hört auf! verändert die Gedanken,
Denn heute ists nicht Zeit zu zanken.
Versöhnt euch gleich;
Ich will vor mich als Richterin erscheinen,
Und euch aufs edelste vereinen.
Ich hab jetzt eine Nacht,
Und einen Tag hervor gebracht.
An dem ein Frauenbild das Licht der Welt erblickt
Dieß Frauenbild besitzet muntre Jugend,
Sie lebt gesund und ist mit Frölichkeit geschmückt.
Selbst das Vergnügen,
Will auch aufs zärtlichste an ihrem Halse liegen.
Ihr Eh-Schatz liebt und ehret sie;
Gott giebt ihr auch ihr täglich Brod,
[320]
Und was zu diesem Leben noth.
Kurz, sie besitzet einen Geist
Den das Vergnügen täglich speißt.
Wo Jugend, Gesundheit, und wo das Vergnügen
Mit einem Geschöpfe sich täglich vereint,
Da blühet der Wohlstand, die Sorgen erliegen,
Die Seele bleibt kräftig, das Auge nicht weint.
Laßt Ehre und Würde, laßt Schätze und Geld:
Weil dieses vor allen den Vorzug behält.
Ihr habt euch alle drey mit dieser fest verbunden,
Sie hält auch jede werth,
Daher sie eure Huld beehrt.
Wer euch besitzt, der hat beglückte Stunden.
Drum sag ich euch:
Ihr seyd an Trefflichkeit einander gleich.
Jugend:

Was meinst du vor ein Frauenbild?
Zeit:

Ist dir Sophia nicht bekannt,
Die ihr Geburts- und Namens-Fest heut feyret?
Gesundheit:

Wen hast du mir genannt?
Vergnügen:

Ist dieses wahr?
Jugend:

Hast du auch dieses Wort betheuret?
Zeit:

So wahr als Blätter auf den Bäumen;
So wahr die Menschen öfters träumen;
So wahr die Tauben Flügel haben;
So wahr wird heute sich Sophiens Herze laben.
Sophiens Herze schwebt in Freuden,
Und feyret ihr gedoppelt Fest.
Kein Mund wird ihr das Glück beneiden,
Das ihr der Himmel schauen läßt.
[321]
Der Schöpfer hat es wohl gefügt,
Der sie und ihren Schatz vergnügt.
Sophiens Herze schwebt in Freuden,
Und feyret ihr gedoppelt Fest.
Jugend:

Wohlan! so will ich auch dieß Fest besingen.
Gesundheit:

Und meine Wünsche bringen.
Vergnügen:

So will ichs auch beehren.
Zeit:

Und ich will euren Wunsch durch meinen Wunsch vermehren.
zusammen:

Leb Sophia! leb vergnüget!
Dein Geburts- und Namens-Fest
Müssest du bey Wohlergehen
Oft erblicken und ersehen!
Himmel! laß von Ost und West
Tausend Glück und Freuden-Ballen
Auf Sophiens Schläfe fallen!
Weil sie dir im Schooße lieget.
Leb Sophia! leb vergnüget!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Lob- Ehren- und Glückwünschende Gedichte. Auf den Geburts- und Namens-Tag einer guten Freundin. Auf den Geburts- und Namens-Tag einer guten Freundin. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AC74-0