Verruchter Mensch! du heist ein Christ

Epistel, I. Advent, Röm. 13. v.11-14.

Cantata.


Verruchter Mensch! du heist ein Christ,
Und wilst doch stets im Luder leben;
Du liebest Fleisch und Blut,
Das doch vergänglich ist,
Weit höher, als das wahre Gut,
Das dir der Himmels-Fürst so liebreich übergeben.
[114]
Dein Herz ist so verstockt,
Daß du nicht siehst,
Wie dich dein Jesus lockt.
Fürwahr, wenn du dich nicht zurücke ziehest,
So wird er seine Gnaden-Hand,
Die er so lange Zeit nach dir schon ausgestrecket,
Bey deinem Wiederstand,
Auch endlich von dir nehmen.
Jetzt ist die Zeit, du kanst dich noch bequemen,
Eh deinen Leib der kühle Sand bedecket.
Wache auf vom Sünden-Schlafe,
Du verstocktes Menschen-Kind,
Sonst ergreift dich Gottes Strafe;
Schlage dieses nicht in Wind.
Beßre dich
Inniglich,
Gieb Christo die Ehre, verläugne dein Leben,
So wird dir dein Jesus das ewige geben.
Wache auf vom Sünden-Schlafe,
Du verstocktes Menschen-Kind!
Bedenke dieß,
Die Stunden sind erschienen,
So uns gewiß
Zu einer steten Prüfung dienen.
Wir leben jetzt in einem solchen Stand,
Von welchem uns bekannt,
Daß wir der Heyden Boßheit fliehen,
Hingegen das, was Christlich ist,
Mit Ernst ergreifen sollen.
Drum so du weise bist,
Nimm diese Zeit in acht,
Die dir der Sternen-Prinz verliehen.
Sey munter Tag und Nacht;
Gott giebt dir nicht allein das Wollen,
Er ist bereit
Dir auch die Kräfte darzureichen.
Ach! spare keine Zeit,
[115]
Laß dein hartes Herz erweichen.
Der Knecht, der seines Herrn vollkommnen Willen weiß,
Und folget seinen Worten nicht,
Den wird der Herr noch desto schärfer strafen.
Wer aber seinen Fleiß
Nach dessen Willen eingericht,
Der kan alsdann geruhig schlafen.
Kehre wieder Israel!
Bist du gleich von Gott gewichen,
Deine Pfosten sind bestrichen,
Hier ist dein Immanuel.
Christi Gnade zeiget sich,
Ach so komm und schmiege dich,
Falle ihm gebückt zu Fusse,
Thue wahre Herzens-Buße,
Kehre wieder Israel!
Bist du gleich von Gott gewichen,
Deine Pfosten sind bestrichen,
Hier ist dein Immanuel.
Das Heil, ja aller Völker Heil ist kommen,
Weit ehr als wir gedacht;
Das Heil, von dem die Väter schon vernommen,
Hat sich zu uns in diese Welt gemacht.
Der, welchen sie in einem Spiegel angeschaut,
Ist mitten unter uns getreten;
Auf welchem sie vertraut,
Der will vor uns nunmehro beten.
Nun müssen wir uns desto mehr bemühn,
Damit bey uns die Tugend möge blühn.
Denn Christi Gegenwart,
Soll uns ein Denkmaal geben.
Wer so im Glauben fest bis in den Tod verharrt,
Dem fehlt es nimmermehr, er wird mit Christo leben.
Auf Zion freue dich!
Laß süsse Lieder schallen!
[116]
Verehre emsiglich
Den, der dir zu gefallen
Vom Himmel kommen ist.
Diene ihm mit Furcht und Zittern,
Wirst du gleich die Welt erbittern,
Achte nicht des Teufels List.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Geistliche Gedichte. Verruchter Mensch! du heist ein Christ. Verruchter Mensch! du heist ein Christ. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AC98-F