[279] Das fünfte Lied

an die übermenschliche schöne Himmelshulde/ als Er Sie auf der Lauten spielen hörete.


gesetzt durch Malachias Siebenhaaren.

[280] 1.
Schöne/ wie mag dieses kommen/
daß mich ihrer Lauten-klang/
die Sie kaum zur hand genommen/
macht so balde liebe-krank/
daß die sinnen schwächer werden/
und sich neugen hin zur erden/
daß mich ihrer augen blik
ziehet aus mier selbst zurük.
2.
Mit den fingern mag sie spielen/
aber mit den augen nicht;
dan die kraft macht schmertzen fühlen/
die aus ihren blikken bricht;
ja/ was mehr ist/ ihre zunge
reget mier auch hertz und lunge/
wan sie so beengelt singt/
und mich fast zum sterben bringt.
3.
Ja nuhn kan ich leichtlich gläuben/
daß Orfeus durch seinen klang/
wie die weisen Dichter schreiben/
das vertutzte wild bezwang/
weil itzund Ihr süßes spielen
die vernunft mus selbsten fühlen/
und/ o Engel-mänschen-bild/
nichts für ihren strahlen gilt.
[281] 4.
Ihre laute/ die sie führet/
ist mit bändern schön bestrükt/
die aus lieb' und gunst gerühret/
könt' ich auch so sein beglükt/
daß ein lied aus gunst geschrieben/
meine Schöne möchte lieben/
und derselbe/ der es schreibt/
Ihrer gunst sei einverleibt.
5.
Sie ist ja zur gunst gebohren
denen/ die Ihr günstig seind/
und zum lieben auserkohren/
drüm werd' ich ja nicht/ als feind/
so unglüklich bleiben müssen;
bin ich doch auf nichts beflissen
als auf ihren hohen preis/
der von keinem weichen weis.

Spruch.

Wan liebe bei liebe ist/ dan weis
liebe nicht was liebe ist: wan
aber liebe von liebe ist/ dan weis
erst liebe/ was liebe gewesen ist.

Spruch-reime.

So lange liebe nur der liebe stehet bei/
weis liebe selbsten nicht/ was recht die liebe sei:
wan aber liebe sich von lieb' entfernt und trennet/
dann weis erst liebe recht/ was liebe ward genennet.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. [Schöne- wie mag dieses kommen]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AEE3-4