[171] [173]Sechstes Dutzend

[173][175]

Das Erste Lied

Von meinen eignen Versen.

[175] 1.
Tugendreich/ mein selbst-eigenes Hertze/
Blume der Zeit/ mein Alles und Nichts/
Fackel und Licht des irrdischen Lichts/
Gönne mier doch/ daß itzo mein Schmertze
Möge vergehn durch deinen Anblick/
Blicke mich an/ so lob' ich mein Glück.
2.
Solte/ mein Lieb/ die Feder beschreiben
Deine Gestalt/ dein' Augen und Zier/
Müst' ich dich selbsten sehen allhier/
Deine Gestalt die müste mir bleiben
Immer vor Augen/ immer im Sinn/
Sonsten ich selbsten Augen-loß bin.
3.
Eyle mein Schatz/ verweile nicht lange/
Eyle mein Lieb/ der Garten ist hier/
Welcher abbildet dein' eigene Zier/
Rosen die Lippen/ Liljen die Wange/
Nelcken den Halß/ Narcissen die Brust
Zeigen an deinem Leibe mit Lust.
4.
Deine sehr-schön-geflammete Zöpffe
gleichen dem Klee und weichen Ihm nicht/
Sonderlich wann dein schönes Gesicht
Strahlen einmischet/ müssen die Köpffe
unserer Blumen sincken alsbald/
spüren die Macht der schönen Gestalt.
[176] 5.
Blühe nun fort du Rose der Zeiten/
Blühe so lange Venus regiert/
Gönne mier das/ was/ Schöne/ dich ziert:
Deine Leit-Sterne müssen mich leiten/
Sonsten verirrt sich balde mein Sinn/
Sihe/ mein Schatz/ wie traurig ich bin.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Das Erste Lied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AF8B-4