[1476] [1564]1672.

Mel. In dulci jubilo etc.


1. Mein einger glaubensgrund steht auf dem blutgen bund, der am creutz besiegelt, und der zu aller stund mein hertz und sinn verziegelt, vor all andern tand, wie er wird genannt, Gott allein bekannt.

2. Wie ist es möglich nur, daß die gerade spur wird so leicht verfehlet, die arme creatur sich selbsten so was wehlet, das sie machet irr' und bringt ins gewirr, und aus dem geschirr.

3. Daß sie noch immer gern die schaale vor den kern wissentlich erkohren, und ihren morgenstern aus dem gesicht verlohren, wenn man so gesinnt, schatten sucht und findt, bleibt man freylich blind.

4. Die ursach ist gewiß, nichts anders als nur diß,[1564] man ist noch kein sünder, das ist die hinderniß, daß selbst der heyls-erfinder uns nicht helffen kan, er hätts längst gethan ohne diesen bann.

5. Mich jammern sie recht sehr, daß sie die lautre lehr nicht begreiffen können, und immer mehr und mehr in ihr verderben rennen, ja verharren noch gerne unterm joch, Herr, bezwing sie doch.

6. Wie danck ichs Lämmlein dir, daß du mich selbsten mir hast erkennen lassen, und eben da ich schier nicht glauben kont noch fassen, daß ich gar nichts taugt und den Heyland braucht, mich ins blut getaucht.

7. Jetzt weiß ich beydes wohl, mein gantzes hertz ist voll, ich kans nicht verschweigen, wie ich denn auch nicht soll und jederman bezeugen, daß der mund bekennt, was im hertzen brennt, und ich allen gönnt.

8. Ich glaub an einen Gott, denselben der ein spott in der welt gewesen, durch dessen blut und tod wir gar allein genesen, so wies mit der schrifft aus dem alten stifft wohl zusammen trifft.

9. Wie man im neuen lißt, daß es derselbe ist, der mit sich versöhnte die welt als Jesus Christ, der Gottheit sich entwehnte, in die menschheit ging, und das fleisch empfing elend und gering.

10. Der auf die erde kam, und seine nothdurfft nahm, bittre armuth fühlte, und noch dazu dem gram der sünde stille hielte, deren gantze last, die zu ihm nicht paßt, er doch auf gefaßt.

11. Der sich so dargestellt zum eingen löse-geld, und den kampff der busse, an den man sich nun hält, vom haupte bis zum fusse unter Gotts gericht aus besondrer pflicht zitternde verricht.

12. Der endlich gar sein blut mit wohlbedachtem muth aus seit, händ und füssen, als seine seegens flut, so mildiglich ließ fliessen an dem creutze, da man ihn so gantz nah vor sich sterben sah.

13. Der auch begraben ward nach dort beschriebner art, alles ist geschehen, man hat das grab bewahrt, er solte aufferstehen, wie die Bibel sprach, siehe das geschach an dem dritten tag.

14. Der aufgefahren ist, als unser Haupt und Christ, der im throne sitzet, und dennoch nicht vergißt, um was [1565] er so geschwitzet, und die tröpffelein, die erpresset seyn, waschen uns noch rein.

15. Der ists, durch den ich kan den Vater schauen an, und er sieht mich wieder, denn das ist abgethan, was ihm an mir zuwider, seit ers aus gericht, komm ich ins gericht nun und nimmer nicht.

16. Durch den ich alles hab, ist etwa eine gab, er hat sie erschwitzet, er ist mein sichrer stab, der mich wahrhafftig stützet, ohn ihn könt ich nicht stehen aufgericht.

17. Durch ihn bin ich befreyt von aller dienstbarkeit, die der feind kan fodern, das uns sonst eigne kleid der sünde muß vermodern durch des Lämmleins blut, das vor alles gut.

18. Doch kommt mir nicht im sinn, daß ich nicht sündig bin, dieses fühl und weiß ich, die sünd ist dennoch hin, Gott lob! und das beweis ich, weil des blutes krafft sie hat weggeschafft.

19. Sie liegt nun untern fuß, wohl mir, daß ich nicht muß thun nach ihrem willen, macht sie mir auch verdruß, so muß er sich gleich stillen, davor hängt das Lamm an dem creutzes-stamm.

20. Kurtz, dieser Gott mein Herr, das ist nun eben der, dem ich würcklich lebe, und dem ich angehör, ihm diene und erhebe, er hat lediglich forderung an mich.

21. Das schöne feyerkleid am tag der herrlichkeit gläntzt vom blut des Lammes seine gerechtigkeit, die frucht des creutzes-stammes, die mich droben meld't, ist mein löse-geld.

22. Er ist mit einem wort mir alles hier und dort, ihm allein die ehre, ich bleibe fort und fort bey seiner seelgen lehre, glaube bis in tod an den lieben Gott.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Erdmuthe Dorothea von. Gedichte. Geistliche Lieder. 1672. Mein einger glaubensgrund. 1672. Mein einger glaubensgrund. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B3D2-5