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Mel. 107.


1. Der ofen ist recht eingeheizt, er glüht vom ernst der liebe, die lauge, die das fleisch durchbeizt, zeugt von dem feuertriebe, darinnen sieh ich nun, was könt ich anders thun, als mit recht tief gebeugtem sin mich meinem schmelzer geben hin.

2. Ich thu es gern, doch ist noch was, das mich sehr niederdrüket, und macht mir oft die augen nas, weil mirs den zwek verrüket, daß ich nicht völlig weis, obs alzeit dein geheis und wille ist, wenns übung sezt, die uns die inre ruh verlezt.

3. Das eigne leben sol in tod, und was sich davon nennet, denn dieses macht die gröste not, die mein herz gar wohl kennet, doch was mich irre macht, und oft in schaden bracht, das [961] möcht ich gern geschieden sehn von dem, was auf den grund sol gehn.

4. Dis wolst du bey der schmelzungszeit mir immer mehr erklären, und einzig, was zur lauterkeit mir dienen kan, gewären, ists deine goldschmidsglut, wenns gleich sehr schmerzlich thut, wil ich doch stil und willig seyn, und über den erfolg mich freun.

5. Der schmerz ists nicht, der mich bewegt, wenns gleich noch härter gienge, die unruh, die sich dabey regt, die furcht um nebendinge, die machen, daß ich kaum kan finden einen raum, zu gehn, zu sizen und zu stehn, und weder bahn noch weg kan sehn.

6. Du kenst, du nie getrübtes aug, du scharfer herzensschauer, du, dessen arten und gebrauch von einer ewgen dauer, du kennest meinen sin, er geht ja nur dahin, recht regelmäßig treu zu seyn, ich bin nicht gern zur helfte dein.

7. Was mich zu dir bewähren kan, da wolst du gar nichts sparen, du meiner seelen ehemann, du kanst mich ja bewahren, daß mich nichts hindere, daß mir nichts mindere die schon von dir erlangte kraft, zu üben gute ritterschaft.

8. Zwar hat mich deine helferstreu oft mächtig unterstüzet, und mir gedeutet mancherley, das mir noch immer nüzet, das muß ich frey gestehn, wie wär mir sonst geschehn, ich läg unfehlbar schon entseelt, und wär den todten zugezehlt.

9. Ach! bleibe mir nur immer so, du Fürst vom ewgen bunde, und mach mich deiner hülfe froh, nach jeder prüfungsstunde, du wirst mich niemals loß; denn sieh! ich hange blos an dir und deiner freien gnad, ich stäubelein, ich arme mad.

10. Du siehst mich nun in der gestalt zu deinen füssen liegen, erfülle doch mein sehnen bald, und laß mich endlich siegen, gib kraft und heldenmut, und was nicht eher ruht, bis unruh, sorge, furcht und pein in deinen tod begraben seyn.

11. Es ist mir fast, als könte ich ein wenig othem schöpfen, die Gottes kraft berühret mich, der tod komt aus den töpfen, ich merke es an mir, mein freund, du tritst herfür, ich finde raum und ort, zum [962] stehn, ich sehe eine bahn zum gehn.

12. O Herzensheiland, dürfte ich ein einig wort noch sagen, so wär es dis, ich bäte dich, du hälfst mir alles tragen, an in- und äusrer last, die du mir aufgepast, so flög ich wie ein vögelein, in deine frische luft hinein.

13. Dir sey mein ganzer sin und thun, mein wille und mein leben, du weises haupt, von neuem nun ohn aus nahm hingegeben, daß keine hiz vergeh, weil ich in arbeit sieh, bis daß du wirst zu stande seyn, und sprechen: so weit bist du rein.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Erdmuthe Dorothea von. Gedichte. Geistliche Lieder. 1044. Der ofen ist recht eingeheizt. 1044. Der ofen ist recht eingeheizt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B3EC-D