[1078] [1108]1232.

Mel. 29.


1. Mein mann! ich wil so kühne seyn, und gehn ins heiligtum hinein, zum gnadenstule flehn, da schütt' ich dir mein herze aus, und gehe dir nicht eh hinaus, bis du mich angesehn.

2. Es liegt in deiner lezten bit, was ich nur sagen[1108] könte, mit, erklärs dem Vater doch, und laß ihm fühlen, wie mein sin mit dir sich für ihm wirft dahin, wir gehn in einem joch.

3. Mein lam! mein herzensbräutigam! ich, und die zweige, die im stam mit mir gepfropfet stehn, wir preisen dich mit innigkeit vor so viel wunder dieser zeit, die wir mit angesehn.

4. Hindurch zu führn ist deine art, dadurch hast du dich offenbart; denn steken läßt du nicht; du führst durch gut und böse zeit, und wen dein seligs auge leit't, der hat im finstern licht.

5. Das haben andre mehr als ich erfahren: wie so wunderlich und treu du dich beweist, weil du dein volk von kindheit an durch eine unwegsame bahn die strasse nehmen heist.

6. Ich weis doch auch mein teil davon, ich sehe auch ein wenig schon: du hilfst uns, eh' man denkt; es schien mir oft was so verwirt, ich wär indem darein verirrt, so wars herum gelenkt.

7. Es hat von jahr zu jahr den schein: nun wirds aufs höchste kommen seyn, oft dünkts uns schon zu viel; eh man es denkt, ist mehr geschehn, als man sich je zu dir versehn: das ist schon so dein spiel.

8. Nim deine leute bey der hand, und führe sie am gängelband getrost von ort zu ort: die augen sehen nur nach dir, die ohren hören für und für nichts als dein gnädigs wort.

9. Der mund thu' sich mit segen auf, und rufe dir ein volk zu hauf aus allerley geschlecht; die hände seyn in einem fleis: die füsse gehn geschwind und leis', so wie dirs eben recht.

10. Die hütte bleib dein tempelhaus, da geh du niemals mehr heraus; die edle seel und geist, die fühlen in dem tiefsten grund nichts, als was sie der gnadenbund thun oder lassen heist.

11. Wen du zur eh' berufen wilt, der stel das schöne ebenbild von dir und der gemein bey unsrer schaar gesegnet für, und lebe so alleine dir, daß alle zeugen seyn.

[1109] 12. Was sich dir frey bewahren wil, das dien' in priesterlicher stil dem HERRN Melchisedech, nun sag ich keine worte mehr; du aber hörest mich so sehr als ob ich tausend spräch.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Erdmuthe Dorothea von. Gedichte. Geistliche Lieder. 1232. Mein mann! ich wil so kühne seyn. 1232. Mein mann! ich wil so kühne seyn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B3EF-7