2257. Zum Jungfern-Fest
Wir singen heute den gesang: Ihr wunden Jesu habet dank, daß ihr seit anno dreyßig ein solch erstaunlich Jungfern-Chor habt aufgestellt im streiter-thor; sie sind sein [2137] herz, das weiß ich. Papa! Mama! euer flämmlein bruder Lämmlein macht die stäublein zu so jungfräulichen täublein.
2.
Was sagt die Kirche ihrem Mann, daß Er noch machen soll und kan; denn was ist schon geschehen? sie beugt sich zum durchgrab'nen fuß demselben gibt sie kuß auf kuß; sie möchte schier vergehen. Mein Gott! mein spott war ungläublich, bis was weiblich hingeschwunden in die offne Heilands-wunden.
Historia temporis.
3.
Seit dem ihr Chor im höhlgen sitzt, im höhlgen, da's so blutig blitzt, ists Lamm sein liebstes herze. Das macht daß ihre jungfräulein so selig und so fröhlich seyn; Er ist ihr freud und schmerze. Der Mann daran unser Chörlein als haupt häärlein fester kleben, als an ihrem eignem leben.
4.
Das hätten wir wol nicht gedacht, was unser Lamm schon hat gemacht in ihren ledgen Chören. Ach! Lamm erhalt ihr diese gnad, und bringe sie von grad zu grad zu deiner wunden ehren. Blutig, muthig, sünderhaftig, und recht saftig mach sie alle, Lamm! das wär uns ein gefalle!
5.
Oft freun wir uns fast aus der hütt', wenn wir in ihrer Chöre mitt' die wunden-maal [2138] sehn wittern; und sehn die blutge herrlichkeit und unsre selge ledge leut: denn denkt man (doch mit zittern) wenn dein häufflein bis zum schauen und zum trauen mit dem Christe, nichts von Vice-Christen wüßte.
6.
Doch treibt man das nicht allzuweit, man weiß, daß ihr des Herren seyd, den läßt man mit euch spielen; und die noch nicht will was sie soll, der ist gewiß genug nicht wol. Am besten, ihr gespielen! ihr ruht, Er thut, Er alleine, der Gemeine Mann und König! und ihr seyd ihm unterthänig.
7.
Was ist in einem jungfer-herz für eine lichte gnaden-kerz entzündt, dem Mann der seelen? der salbet sie nach seel und leib, darnach gleich ledig oder weib, so kans ihr niemals fehlen: sie bleibt eing'leibt Gott der liebe, seine riebe ist sie, seine eine ehre der Gemeine.
8.
So herzel! mache euch die stamm von eurem theuren Bräutigam, an dem wir selig hangen; und der euch über alles liebt, und der euch leib und seele gibt, gibt Er was wir verlangen, daß ihr, allhier selge sünder, liebe kinder, Lamms-jungfräulein werd't und bleibt, wie soll uns das freun!
9.
Dazu befehlen wir euch an, dem eingen Jungfräulichen Mann, ders euch mit Blut erworben, daß ihr so werden sollt und könnt, Er hat euch lange braut genennt, da Er für euch gestorben. O lieb! O trieb! zu so sündern, schnöden kindern, wie wir waren. Ach! was ist uns wiederfahren!
10.
O Vater Christi! freu dich sehr, wir sind des Sohnes freud und ehr', ach! Mutter! küß uns herzlich, und pfleg uns arme kinderlein, wir sind nicht wie wir sollen seyn, und wahrlich thut das schmerzlich. Eh-Mann denk dran, es ist deine Chor-Gemeine, wunden-beute, deine schaar, leibeigne leute.
11.
Ja Lamm! dein blutger todes-schweiß der dünste uns so naß und heiß auf unsern leib und seele; dein heiligs benedeytes fleisch das mach und halt uns alle keusch, das purpur-rothe öle das dring und spring' durch die glieder hin und wieder, daß nichts bleibe ungesalbt an seel und leibe.
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