2105.

Mel. Ach mein verwundter Fürste!


1.

So ists, eh noch die welten sich in die ordnung stellten, dies Lämmlein haben wollt; so hat sichs schon erwehlet ein volk zu ihm gezehlet, das von dem Lämmlein zeugen solt.

2.

Es sah schon vor sich stehen, wies in der welt würd gehen, und auch mit seinem bild, das es den Adam nannte, und sich zu ihm bekannte, weils bey ihm mehr als alles gilt.

3.

Es sah des Satans neiden: es sahe schon die leiden, die es ihm machen würd: es trug die schäflein alle, gesamlet aus dem falle, im herzen, als der gute hirt.

4.

Es sah sich schon so schmächtig, so herzlich niederträchtig, als stünds im fleische da. Kein striemlein ist zu finden, kein schmerz für unsre sünden; er war ihm schon bekant und nah.

5.

Die maal der füß und hände, der grosse stich der lende, der blut- und wasserquell, die ausgespante armen voll herzlichen erbarmen, sein creuz-tod war ihm klar und hell.

6.

In dieser heissen liebe, in diesem Lammes-triebe sah es die menschen an, als ihr schon viel geworden, und stiftete den orden des Lamms, und gab ihm seinen plan.

7.

Der war: Die kirch der zeugen; um nie vom Lamm zu schweigen, ehs Lamm das Lamm noch hieß: sie sind die auserkorne, des Lammes erstgeborne, ob sie die welt gleich oft verstieß.

8.

Bald warens viel, bald wenig, ein haus, ein Salems könig, auch wol ein ganzes volk: bald zog es hin und wieder, bald ließ sichs stille nieder, und blieb doch stets die zeugen-wolk.

9.

So gings bis er erschiene in seiner Lämmleins mine, aus ewgen stamm-geschlecht: bis er des vaters willen am creuze kont erfüllen, als Gott-mensch, Lamm und Gottes knecht;

10.

Bis er das blut vergossen, für alle welt geflossen,[1977] das seinen vater rührt; das nun in aller herzen den eindruk seiner schmerzen und auch sein leben mit sich führt;

11.

Bis er sich selbst vollendet, und boten ausgesendet durch aller erden strich, daß man zu seinem creuze die völker alle reize: denn an dem creuze zeigt er sich;

12.

Bis er die Creuz-Gemeinen beyn völkern ließ erscheinen in seiner geistes-kraft; und bis nach vielen zeiten er itzt ließ zubereiten ein volk, das sein geschäffte schafft.

13.

Nun da sind seine leute, die gehn und machen beute, er ist in ihnen da: er schrieb sie ins register, als seine blut-geschwister, eh man noch was von ihnen sah;

14.

Gab ihnen blut und kräfte, zog sie in sein geschäffte, und legte darauf an, daß sie bey schmach und höhnung das wort von der versöhnung ans herze tragen iedermann.

15.

Er weiß es auszuführen, ihr herz und mund zu rühren, daß sich sein kirchlein freut, und siehet einzle steinlein und über das Gemeinlein agraffen an das priester-kleid.

16.

Ich kan nicht viel mehr sagen, weil sich bey solchen tagen zu viel auf einmal regt, doch küß ich dir die hände, mein Priester, ohne ende, die du mir erst hast aufgelegt.

17.

Daß mich die Mutter liebet, sich um mich nicht betrübet; der Mann mein herze hat; der Vater mächtig schützet; die schwester unterstützet im hochbetrauten wächter-rath;

18.

Das setzt mein herz in flamme; und red ich mit dem Lamme, so sagt mirs, wies so ging in ihrem cabinette, als obs nichts heimlichs hätte für sein, (was denn?) sein armes ding.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. 12. Anhang zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 2105. [So ists, eh noch die welten sich]. 2105. [So ists, eh noch die welten sich]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B824-5