[1929] 2056. Evangelische Lieder aus dem Berner Synodo 1532 1

In voriger Melodie.

Cap. 1.

Cap. 1. ist der Eingang, und Anrede an die Pfarrer.

Cap. 2.

1.

Der Lehr halb hat es die gestalt, daß all heilsamer lehr-inhalt im eingen ewgen worte leit: Des Vaters güt und herzlichkeit,

2.

Was er durch Jesum Christum schenkt, ist nichts, als Jesus erst erhenkt für unsre sünd, und dann erwekt, daß unser ablaß werd vollstrekt.


Chor.

3.
Der selge Schöpfer aller ding zog an ein's knechtes leib gering!
Was wieder diese lehre geht, auch unserm heil entgegen steht.
4.

Was diesen inhalt und verstand nicht mit ihm bringt, wird nicht erkant für eine wahre Christen-lehr. Boten Christi sind prediger.

5.

Und zeugen seiner passion: eins ieglichen kommission ist, daß ers aufs beste ausricht, daß Christi sein befehl geschicht.

6.

Er schikt' sie dazu, wie er kam vom Vater, dessen ehr und nam denen menschen zu sagen an: welchs er sein lebtag treu gethan.

7.

Sintemal er ohn nachlaß gar zu seines Vaters sachen war, und nicht von ihm selbst hat geredt sondern wie Ers vom Vater hätt'.

Cap. 3.

1.

Wie schimpflich ists für Christi knecht, seins Herren sinn nicht wissen recht, sich unterziehn vergebnem ding, nicht's Herren sach, und was heil bring.

2.

Wir hörn des lieben Vaters sprach durch seinen Sohn noch heut bey tag, welcher durch seinen Christ so frohn in unsern herzen drinne wohn.

3.

Durch den uns Gott ihm selbst versühnt, und uns sein göttlich werk andient; in welchem wir auch gar zu schön in Gottes vater-herze sehn.

4.

In solchem verstand und befund von Christo, wächset alle stund der gläubige mensch, und nimt zu, doch daß mans oft erinnern thu;

5.

Welchs nicht beschicht, wenn prediger noch so viel von Gott reden her auf heidnisch art, und DenGOTT nicht weisen in Christi angesicht.

6.

Denn der abglanz der herrlichkeit, und der wesentlichen [1930] wahrheit ebenbild und wort-zeichen ist niemand anders als Jesus Christ.

7.

Verläßt der prediger, die gnad im Christ zu zeigen, ist kein rath; sein volk wird immer mehr und mehr boshafter und ungläubiger.

8.

Zuletzt ohne Gott in der welt, wies mit den Heiden war bestellt, da ward auch gnug davon geredt, daß die natur Einen Gott hätt';

9.

Sie hatten aber nichts vernomm'n vom himmlischen Vater, dem fromm'n: darum sie den Gott wohl bekant doch nicht als Gott verehret hant;

10.

Bis ihnen Christus offenbart, und von ihnen geglaubet ward: worauf Sanct Paulus bringt so sehr im andern an die Epheser.

11.

Ihr waret, heißts, ihr arme leut! noch ohne Christo zu der zeit, da hattet ihr kein' hoffnung hie, war't in der welt als Athei.

Cap. 4.

1.

Daß also der Herr JESUS Christ der einge grund und boden ist von allen geistlichen gebäun, kein heil zu hoffen ausser sein.

2.

Und in Christo keins, einen schad noch verdammniß zu fürchten hat; Er ist der Ekstein, Eingang, Hort, das Leben, die wahrheit, all's fort.

3.

Diesen Herrn Jesum Christum han selbst die apostel und fortan deren jünger gelehrt allein: deren folger die pfarr'r solln seyn.

4.

Darum war die gerechtigkeit aus dem gesetze so verleid't Sanct Paulo, er mocht sie nicht han; seht Philipper am dritten an.

5.

Die apostel hielten gemein Christum für ihr' grundvest allein, wie mans im folgenden seyn soll, wiewol alle schrift davon voll.

6.

Mit Gottes gnaden, drin ich stund, sagt er einmal 2, legt ich den grund; ein'n andern, als der gelegt ist, kan keins legen. Der ist der Christ.

7.

Ihr bürger mit dem heilgen heer, und Gottes haus-volk, auf der seh'r und der apostel grund gefügt, wo Jesus Christ zum ekstein liegt.

Ephes. 2, 19. 20.

8.

Wo ihr geschmekket habt, wie süß und wie freundlich der Herre ist, zu welchem ihr gekommen seyn, als zu dem lebendigen stein;

9.

So heißts in Petri andern brief, der sich auf einen psalm 3 berieff, und aufs zwanzigste Jesai: Und Der ekstein ist JESUS hie.

Cap. 5.

1.

Doch was bedarf es vieler wort, alle schätz sind verborgen dort der weisheit und erkenteniß in Christo; Colosser II. lies.

2.

Was solt ein Christlich Prediger aus andern g'schichten holen her, oder aus neben-bücherlein weisheit suchen für die Gemein.

[1931] 3.

Denn Gottes reichthum und schatz ist unser lieber HERR Jesus Christ, weil alle dinge, wie man findt, in ihm zusamm'n gefasset sind.

4.

Man sagt wol ausser Jesu Christ, daß ein allmächtiger Gott ist, allein es ist so unfruchtbar als es ohn Christo immer war.

5.

Gott hat sich alleweg erzeigt in sachen, die ins aug geleucht, und an welcher ding eigenschaft und wort-zeichen sodann gehaft't.

6.

Beym lebens-baum im paradies, nach Adams fall, was er verhieß in ansehung der frauen saam', und beym auszug dem Abraham:

7.

Sein knecht, darnach sein eigner stamm hiessen ihn den Gott Abraham, dann unter Israelis lob, Gott Abram, Isac und Jacob.

8.

Die Wüst und Canaan ihn nant' Gott, der uns aus Egyptenland, aus dem dienst-hause, rausgebracht, und auf Horeb den bund gemacht.

9.

Des bundes halb geschahe es, daß die arche des zeugnisses, der tempel und Jerusalem Gott der Herr ward genant vordem.

10.

Unter welcher expression und wort-zeichen man Gott wol schon in etlichen werken der gnad und bestimten zeichen deut't hat.

11.

Doch war das alles dunkeley; wie hingegen so klar und frey genießt, und ohne allen fehl findt ihn im Christ die gläubge seel?

12.

Drum kan es ja nicht anders seyn, oder ein lehrer muß den schein der erkentniß von Gottes licht holen aus Christi angesicht.

2. Corinth 3.

13.

Weil, was ausserhalb, ohne Christ von Gotts kenntniß gebauet ist, auf ein'm so schlechten grunde steht, daß es untern händen vergeht.

14.

Wie Marcus Cicero wol eh erzehlt hat von Simonide, wohin es der damit gebracht, daß er Gott so fleißig betracht't,

15.

Durchs forschen, was die Gottheit wär, kams dahin, er wußt weniger von Gott und von göttlichem ding, als da er zu denken anfing.

16.

Den Juden fehlt noch heut zu tag erkentniß von Gott vor wie nach bey ihrem todten buchstaben; die arch ist nicht mehr zu haben.

17.

Nun ist itzt ein neu Symbolum von GOTT dem Herrn, zeichen und summ, daß der liebe Gott selber ist, der sich der welt versühnt im Christ.

18.

Vorhin war der dekkel der ark, der gnaden-stuhl, und thron und sark, da itzund der Herr Jesus Christ der wahr' gnaden-stuhl selber ist.

19.

Draus hörn wir Gotts gnadreiche stimm, werden beruhiget mit Ihm, krigen sichern zeugen durch Ihn, wo Jeremias drauf sieht hin.

20.

Sie werden das nicht sagen mehr, daß die arche des [1932] Herrn bund wär; das kommt nicht mehr in ihren sinn, sie gedenken wo anders hin;

21.

Jerusalem wird Gotts stuhl seynd. Der Prophet da's reich Christi meint, das Jerusalem himmelwärts, das frey, Gotts haus, das erwehlt herz.

22.

Daraus folget, daß der Gemein, was haupt und glieder in Christo seyn, Gott der Vater allein verleiht, Ihn zu kennen in dieser zeit.

23.

Im Christ komts auch zur Heidenschaft, die wird durch Ihn der gnad theilhaft, ohn gesetz durch sein göttlichs blut; wobey der Heilge Geist nicht ruht.

Cap. 6.

1.

Weil Gott allweg an greifflich ding seine erkenntniß gleichsam hing; und solch figur, für bild und schatt nun all's auf Christum deutet hat;

2.

Der in der letzen zeit erschein': und da er in dem fleische fein seinen lauff ganz und gar vollbracht, sich in den himmel nauf gemacht.

3.

Läßt aber bey den gläubigen sich täglich in seinem Geist sehn, weils g'heimniß vom Vater und Christ ein einig gleichförmig ding ist.

4.

Den Vater auch niemand erkennt, der sich nicht zu dem Sohne wendt; so ist es von der hohen noth für alle dienere von Gott,

5.

Für die verkünder vons Christs reich, daß sie fleißig lehrn, und zugleich den eingen Herren Jesum Christ, deß kenntnis über alles ist.

6.

Dehalber sollen wir uns dann treulich ermahnen, diesen mann, unsern Herrn, deß diener wir seyn, zu predgen einzig und allein.

7.

Denn auf ihm ruht der ganze rath, denn Gott der Herr gefasset hat, und wir würden, wenn das nicht wär, erfunden gesetz-prediger,

8.

Oder weltliche rhetores, lehrend ihrer vernunft gemäß, als falsche diener in die fern geworfen werden von dem Herrn.

Cap. 7.

1.

Es ist auch damit nicht gethan, daß ein pfarrer die wort zeigt an, und sie dem volke so redt her, daß unser Heiland Christus wär.

2.

Denn das reichs-evangelium steht nicht in einem leer'n gebrum, sondern in wahrer Gottes-kraft, die an der gläubgen herzen hast't;

3.

Verändert, erneut, und bereit't aus sündern Gotts kind, himmlisch' leut, die nicht nach blut und fleisch gesinnt, sondern nach Gott geartet sind.

4.

Daß man zu solcher gab und gnad gelange, ist der beste rath, daß man den anfang aller sach bey Christi Tod und Urständ mach.

5.

Und so in sein'm nam'n verkünd die buß und vergebung der sünd: das ist der wahre punct und summ aller predigt im Christenthum.

6.

So zu thun, hat der Herr [1933] voran seinen jügern befehl gethan: das war der apostolsche lauff, der auserwehlten glaub fiel drauf.

7.

Der Heilge Geist bestätigts fein; die welt mags nicht in abred seyn. Wie man denn dieserhalben wohl nachstehnden spruch bedenken soll:

8.

»Er öffnet' ihnen den verstand, daß ihnen die schrift ward bekant; spricht: Obs nicht so geschrieben ist, daß Christus also leiden müßt,

9.

Und auferstehn am dritten tag, daß man in seinem nam'n ansag die buß und ablaß aller sünd, wo man auf erden leute find't?«

Luc. 24.

10.

Hier sehn wirs, nach dem auferstehn soll diese predigt erst angehn, welche nach wahrer reu und buß auf vergebung vertrösten muß.

11.

Denn die buß und sünden-erläß wird gepredigt im namen deß, der litt' und starb, und von dem tod wieder erstanden ist durch Gott.

12.

Drum richtet dahin den inhalt der predigten, darnach erst fallt aufs abthun derer irrungen, gutes thun, sitten, bessrungen.

13.

Merkt, daß der Herr erst auferstand, eh er die jünger voll't aussandt; und indem unser Herr stund auf, erfüllt er seinen ganzen lauff.

14.

Da verstand sich die Uffahrt mit, des Heilgen Geistes sein auftrit in austheilung der wunder-kräft; und seitdem all sein herz-geschäfft.

15.

Dabey forscht auch fein fleissig nach, was Petrus führt für eine sprach: Actorum zwey, vier, fünf und elf; siebzehn und zwanzig darauf helf.

16.

Die halten angezeigte summ der ordnung des heils durch Christum: denn allenthalben zeigens an Christi Tod und sein Auferstahn.

17.

Dadurch sie treiben zu der buß und vergebung die folgen muß. Und das ist ja in einer summ auch unser evangelium.

18.

Solch apostel-predigt bedenkt, und fanget an wo sie anfängt um zu gleichem fortgang und wuchs in Christo zu gelangen flux.

19.

Dabey wendt etwa iemand ein, solls vom tod angefangen seyn, was nutzt uns der Evangelist, wo sein leben beschrieben ist?

20.

Antwort: Des Herren Christs geburt, und das leben, das er geführt, war die tods-präparation nach seiner dispensation.

21.

Daß unsers Herren leb'n und lehr auf unser heil gerichtet wär, dazu war er vom Vater sein gesandt in diese welt hinein;

22.

Daß er die sünder selig mach, Die abred war sein' ganze sach, darauf richtet er alles hin, wär sonst ungehorsam gesyn.

23.

Drum sucht der Heilge Geist nichts mehr in uns mit aller seiner lehr, denn das wort seiner creuzes-schmach, und denn die Herrlichkeit darnach.

1. Petr. 1, 11.

24.

So sieht er auch die wunder an, die Jesus Christus hat [1934] gethan, damit er denn den lauff verstaht, den die gnade inwendig hat;

25.

Die geistlich arbeit Jesu Christ, wie sie im herzen gänge ist, was er aus leuten macht, die blind und taub gewesen in der sünd,

26.

Dieselben macht er sehn und hörn gegen des Vaters lebens-lehrn, aus lahmen manch geraden held, der Gottes weg laufft durch die welt.

27.

Die ganze malazey der sünd nimt er durch gnade weg geschwind, und dem sünder wird wohl zusehns durch den geist seines auferstehns.

28.

So hört der glaub die wunder an, glaubt auch, daß sie der Herr gethan; doch die auswendige sinds nicht, drob er wie einen schauer krigt;

29.

Das sind die innre geistliche, die werk, die der geschäfftige Heilige Geist so täglich thut, und die vernunft ganz macht caput.

30.

Denn Christi zeugung aus dem Geist uns auch die kindschaft Gotts verheißt, wenn uns die aus dem fleisch und blut erlangte zeugung nicht gnug thut.

31.

So macht uns denn derselbe Geist, den uns Jesus Christus verheißt, und auch herzlich gerne verleiht, auch neue und himmlische leut.

32.

Geburt und leben von dem Christ darum so breit beschrieben ist; sintemal es ganz dazu dient, erlöst zu werden und versühnt.

33.

Daran wirds fleisches tod erweist, und das auferstehn nach dem geist; und das alles ans Christs person,


Chor.


An uns geschichts Christo zu lohn.

Cap. 8.

1.

Daran preiset Gott seine lieb zu uns, wie der apostel schrieb, daß Christus für uns g'storben war, da wir sünder und feinde gar.

2.

Das macht uns die sünd grauserlich, da der Sohn Gottes selber sich für uns gegeben in den tod, daß er uns abnebm diese noth.

3.

Drum ward er ein für allmal hie im geist für uns zum opfer-vieh, da er uns denn in diesem stand ewige erlösung erfand.

4.

Daraus erscheint auch, was für schad und fluchs es in dem herzen hat; das durch dis theuropfer allein und durch sonst nichts gebüßt kont' seyn.

5.

Und dessen ausser einge cur und reinigung und heilgung nur ist die besprengung mit Gotts blut, weil lediglich sonst nichts gut thut.

6.

Gott ist schöpfer der mensch-gemein, die solt ihm ganz ergeben seyn: das ist nicht in ihrer natur; denn sie sieht auf die creatur,

7.

Auf sich und eignes wohlgefalln, macht sich zum abgott gar in all'n, mißt sich Gotts ehr zu, und wills han; die verachtung scheut iedermann.

[1935]

Cap. 9.

1.

Die apostel han aus dem tod Christi des Herrn die ganze noth der verdammten natur erkennt, und zwar ganz glüklich und behend'.

2.

Die Judenschaft zu Mosis zeit lernt' an der sünd mit viel arbeit, und hat sie bey allem verstand übel und böse gnug erkant.

3.

Wies zun Heiden kam auf die letz zeigten sie ihnen ohn gesetz in Christo sowol ihren bann, als auch ihre versöhnung an.

4.

Sie wiesen keinen von dem strich in Mosen wieder hinter sich: wenns gesetz auf die sünde weist ist ein todt, kalt ding ohne geist,

5.

Wie sich das Juden-volk verschantzt, eh's Mosen ließ, ward Christi ganz. Wolln wir das volk vom Christ abziehn, damit es dem gesetze dien?

Cap. 10.

1.

Weil die falschen apostel denn sich drein mengten, und lehreten, es seys gesetze und gebot neben Christo gleichwol auch noth;

2.

So must' der wahr' apostel dran, den Juden doch zu zeigen an, wo Moses recht würd angewandt; beyn Heiden ers nicht nöthig fand:

3.

Denn die glaubten einfältiglich; verhofften vom Christ lediglich ablaß der sünd; dem hingens an, und in allen gleich ansahn.

4.

Denn wer an Christum glaubt, der hat das ewge leben in der that: solch ein Heid braucht den Treiber 4 nicht, er hat der kindes freyheit krigt.

Cap. 11.

1.

Wir gestehen, daß die Gemein'n, die aus Juden gesamlet seyn, nach der freyheit, die sich gebührt, das gesetz beym Christ conservirt.

2.

Doch unabbrüchlich dem vertraun, mit grossem ernst auf Ihn zu schaun; dazu ermahnete sie schon Malachias in Gotts person,

3.

Als er propheten klein und groß nunmehr versiegelt' und beschloß mit Christi reich, spricht er zuletz: Denkt Mosis, meines knechts, gesetz;

4.

Denn ich gab ihm dasselbige dort selber auf der Horebs höh, so satzungen als straff-befehl, über das ganze Israel.

5.

Wie lang heißt Gott durch Maleach dem gesetze zu denken nach? Bis daß sie lernten seinen brauch und denn sein unvermögen auch;

6.

Und dadurch recht entzündet wärn auf den advent des tags des Herrn, und der buß-prediger Johann des Herrn weg bey den sündern bahn'.

7.

Mit Mosis amt ists also aus, und dies gewohnet sind zu haus, die haltens willig ohn gebot,

Chor.


Weils ihnen auch niemand verbot.

[1936] 8.

Die lieben Väter frischten an, wie sie es etwa so einsahn, ihr'n glauben und himmlischen schatz durch die handlungen im gesatz.

9.

Zwar die kirch zu Jerusalem hielt dieses ganz allein genehm, und sonsten keine überall, doch wich ihr Paulus in dem fall;

10.

Lehrt' keinen abfall vom gesetz, ließ sich selbst reinigen zuletz, aus respect vor die andern Herrn,

Chor.


Die das gesetz noch hatten gern.

11.

Er wolte angesehen seyn, als ders gesetz für gut und fein, und nicht für böse gäbe aus,

Chor.


Und das kam in so weit heraus.

12.

Und der Apostel Synodus macht zu Jerusalem den schluß: (so eifrig sie auch drauf bestehn) Die Heiden soll das nicht angehn.

13.

Vielleicht, daß den gläubigen auch aus den Juden der recht gebrauch von der alten gewohnheit her, nicht so gar ohne segen wär.

14.

Denn sie erinnerten sich doch bey des lieben gesetzes joch, was man gegen die schuld und sünd für gnad und gab in Christo find'.

15.

Dahingegen, was schädlichs haft' bey unerfahrner Heidenschaft, die macht es auf die werke schaun, und da nur fleischlich auf vertraun.

16.

Obs vor Christo gelehret sey oder nach, das ist einerley; denn es hat doch immer den schein, als wär im Christ nicht all's allein.

17.

Der gläubig Jude hatte das, weil er in den figuren saß, daß ihn das g'setz-werk nicht bethört, wie die erfahrung auch gelehrt.

18.

Er durfte nicht in furchten seyn, die itzge gnad zu büssen ein, sondern nur in der gnad bestehn, und ins welt-element nicht gehn.

Cap. 12.

1.

Es ist gewiß ein unterscheid zwischen der botschaft an den Heid; das wars apostels Pauli hut, und zwischen Simons an den Jud.

2.

Dieweil dieser noch ohne schad überm gesetz geeifert hat, jener läßt das gesetze ruhn, und hat mit Mose nichts zu thun.

3.

Es müßt zufällig seyn, sofern er redt von unserm lieben Herrn, auf die weise wärs gut genung zur lehr, straff oder besserung.

4.

Wir Heiden, die die Heiden lehrn, und mit Juden nicht viel verkehrn, soll'n, ohne gesetzes zuthat, in Christo predigen die gnad.

5.

So macht' es Paulus weiland auch; der Petrus hatte den gebrauch von der kirch, die sich ehedem enthielte zu Jerusalem.

6.

Das, das ist unsrer kirche sach: sie fragt dem gesetz so nicht nach; denn Christus unser lieber Herr ist uns genug. Was wolln wir mehr?

[1937]

Cap. 13.

1.

Daher komts, daß manch falscher hirt Jerusalem doch allegirt, (weils eifrig an der Thora hing) und den Heiden mit hinterging:

2.

Es war aber die wahrheit nicht; denn sie führeten hinter sich die gläubgen Heiden auf Mosen zu, von Christo weg,


Chor.


Der ewgen ruh.

3.

Aber Die kirch war nicht schuld drinn; und Paulus litt denselben sinn derer falschen apostel nicht, und gab den Heiden unterricht,

4.

Sie sollen steiff beym glauben stehn; und das sie das so recht einsähn, so allegirt er dann und wann, was das gesetz will, soll und kan.

5.

Nicht, daß er damit hätt gewolt, daß man die sünde kennen solt (von der man gerecht worden war) aus Mosis dienst, gesetz und lahr.

6.

Denn was davon noch nöthig wär, sieht man im Christ viel heiterer, er führt den disputat nur gar, daß er sie vorm gesetz verwahr,

7.

Und das vertrauen drauf verhüt, das schädliche ding fürs gemüth, und daß er all die seinige in Christo recht bevestige.

8.

Denn Jesus Christus gibt den geist, der zur Thora des lebens weist, (ohn des gesetzes buchstaben) die werden wir ewig haben.

9.

Deßhalben nehmt, ihr prediger! die art zu predigen fein her, die der apostel weise ist, den Heiden zu sagen vom Christ.

10.

Sie zeigten, was sich nicht geziem, und das zeigten sie erst aus Ihm; und wie man ohn gesetzes mühn gnad und verzeihung krigt durch Ihn.

11.

Und wär es nöthig eine schrift zu allegirn, die sich so trifft gegen gesetz-lehrer zu seyn für unsre heutigen Gemein'n,

12.

Möcht't ihr sie wohl erläutern dann, und führet gleich daneben an die einfalt, die in JESU Christ ohne alles gesetze ist.

13.

So förderts Gottes bau noch heut: komt irrsal'n z'vor, was tumme leut aus solchen buchstaben glossirn und ohne verstand streiten wür'n.

Cap. 14.

1.

Nachdem aus Christi Todes-Leid und gang ins Vaters herrlichkeit, sich die erkentniß von der sünd am ordentlichsten her entspinnt,

2.

Geschichts, daß die rechtschaffne buß ganz richtig daraus folgen muß. Was ist denn sie? Ein herzlich leid und mißfalln an der sündlichkeit,

3.

Die vergebung auch gleich dabey, weil Gott Sohn derenthalben sey von seinem Vater in die welt zu leiden und sterben bestellt,

4.

Auf daß er uns durch seinen tod zum leben bringen möcht aus [1938] Gott, zum völligen genuß und kraft der himmlischen verlassenschaft.

5.

Wo der Vater den Sohn verklärt, und das gewissen also lehrt, wird vester glaub und herz-vertraun auf die unbegreiflich gnad baun.

6.

Derselbe glaube macht gerecht. Wer an mich glaubt, spricht Christus schlecht, der hat das ewge leben krigt, aus dem tod er ins leben bricht;

7.

Er ist ins buch der himmel auch hinein geschrieben, wo der brauch, daß nichts, was unrein und gemein, in seine thore darf hinein.

8.

Das ist Christi gang allermeist und gnaden-ankunft durch den geist, daß man lerne aus Christi Tod, Aufstehn und Auffahrt, seine noth;

9.

Von der verdammlichen natur und wohlbekannten sünd, die spur auf Gottes gab in Christo käm, auch Der erlassen, gnade nähm',

10.

Das thut die Gottgelassenheit, durch die die sünd der vorgen zeit vergeben wird, und nun nicht mehr zur straffe wird gerechnet her.

11.

Dabey fehlt der Geist Christi nicht, der eröffnet und bringt ans licht die heimlich maladey und sünd, verzehret täglich, was er find't,

12.

Läutert das herz, und defäcirt, wies feuer das silber gradirt, und der sünden unflat und schaum in dem herzen läßt keinen raum.

13.

Denn zwey werk hat des Heilge Geist in uns zu machen, wie man weißt, die gläubigen aus gnad gerecht, die er zu neuen menschen möcht'.

14.

Das andre, daß ihr erben seyd nach der hoffnung der ewgen freud; dazu hilft er, daß wird geschehn, wenn wir im glaubens-kampf bestehn.

15.

Dem fleische stirbt man bis ins grab alle tag immer ganzer ab, und wird ein gar himmlisch gesinnt und geistliches genaden-kind.

Cap. 15.

1.

Die grundlegung ist wol die buß, die man doch im Christ suchen muß: Metanoyte, spricht er ja, das reich der himmel das ist nah.

2.

Daß also die ursach der buß der sinn zum himmelreich seyn muß, das uns Christus so bietet an, anzunehmen und zu empfahn.

3.

Wenn denn der Heilge Geist anfängt, und uns mit Christi blut besprengt, und heiliget und reiniget; so ists damit bescheiniget.

4.

Johann räth zum metanoyn dem volk, das begehrt zu entfliehn dem zorne Gotts, wenn er bricht ein, und vom verderb'n errett't zu seyn.

5.

Wie wir ihm darin folgen solln, und die apostel folgen wolln, das zeigen nachfolgende sprüch, Geschicht am andern sonderlich:

6.

Petrus bewährt in seiner red, daß Gott Christum erwekket hätt', [1939] und spricht, seitdem daß der Herr Christ zur rechten Gotts erhöhet ist,

7.

Und die condition geleist't, daraus hing mit dem Heilgen Geist, so hat er herab lassen wehn, was ihr gehört habt und gesehn;

8.

So nehme nun das ganze haus von Israel gewißheit draus, daß Gott JESUM, den sie geschlacht, zu einem Herrn und Christ gemacht.

9.

Als sie sagten: Was soll'n wir thun? Metanoyte, sagt Simon, und laßt euch tauffen noch dazu auf den namen des Herrn Jesu.

10.

Die tauff ist zum sünden-erlaß, und wenn ihr habt erlanget das, so kriget ihr die wunder-gab des Heilgen Geists zugleich herab.

11.

Der väter Gott Jesum erwekt, den ihr erwürgt und ans holz strekt, den hat erhöht Gotts rechte hand zu einem Herzog und Heiland,

12.

Zu geben Israel die buß, drauf ablaß der sünd folgen muß; deß zeugen sind (wies weiter heißt) wir und der werthe Heilge Geist.

13.

Das ist ein' kurze und vollkomm'n predigt aus der Bibel genomm'n, die Gottes handel in sich schließt, der durch Christum vollendet ist.

Cap. 16.

1.

Sie sprachen: So hat Gott dem Heid auch busse zum leben verleiht: Actorum Elf zeigt den reichthum Christi geheims im Heidenthum,

2.

Das von der welt ihrem beginn die zeiten durch verborgen g'syn. Wer nun amt untern Heiden hat, und sucht ihn'n beym gesetze rath,

3.

Sünder zu bringen in die furcht, der verdunkelt gewiß dadurch Christi fürnehmste herrlichkeit am geheimnisse dieser zeit.

4.

Nemlich, daß der Heilige Geist durch Christum auf die Juden fleußt, die unter dem gesetze stehn, und auf Heiden, die ledig gehn.

5.

Sanct Paulus redt' von dieser frag mit den Juden drey ganzer tag, thut ihn'n die schrift auf, legt ihn'n für, was sich wegen Christi gebühr,

6.

Daß er leiden und auferstehn gemust; und (den ich euch erwehn) derselbe (sprach er) ist der Christ; wie mans Actorum siebzehn liest.

7.

Auch zu Athen: Gott hat die zeit vergeben der unwissenheit, und itzt gebeut er allen nun an allen enden buß zu thun:

8.

Dieweil er einen tag bestellt, an dem er richten will die welt in ihrem völligen umkreis, auf eine rechtfertige weiß

9.

Durch einen mann, in welchem er beschlossen, daß er richter wär; und seit er ihn vom tod entriß, iederman an ihn glauben hieß.

10.

Im zwanzigsten erklärt er sich, der Jude wisse und der Griech den finn zu Gott und glaub an Christ, welcher beyden bezeuget ist.

[1940]

Cap. 17.

1.

Wenn aus dem alten Testament etwa sprüche zu handeln sind von der buß, so sind die itzund immer zu führen auf den grund,

2.

Auf den ieder prophete sah; daß man so was beym Irmejah: Wenn das volk, wider das ich redt, buß thut, und vom übel absteht;

3.

Mit Christen ohren hören muß, und bedenken, daß solche buß allein bey Christo recht gesucht gefunden wird, und komt zur frucht,

4.

Auf daß den ernst zur bessrung nicht ein menschs aus sich selbst erdicht', ohne einwirkung Christs des Herrn, als wär er selbst von Gott nicht fern.

Cap. 18.

1.

Die lehr soll in der Christenheit und bey dem häufflein gläubger leut im täglichen zunehmen seyn, die sich ihres ruffs wollen freun,

2.

Durch ein recht embsiges gesuch und aufwachsen der glaubens-frucht; denn wer im gefühl und geschik zum lehrn nicht zunimt, geht zurük,

3.

Und nimt gewiß zusehends ab, es sey daß er noch gar nichts hab. Hier dienen die paraneses Sanct Pauls: die pfarrer merken es.

4.

Die wahl und gnad Gotts fällt nicht ab, und ist ein unentbehrlich gab; doch ist das volk zu lehren gar, daß es sich prüfe und erfahr,

5.

Ob sich die wahl ihm angefügt durch Christum, oder aber nicht? es wisse iedermänniglich, wie ers im gange findt bey sich?

6.

Was er von Christo würklich hat? und was ihm mangelt an der gnad, erkentniß und verstand vom Christ? woher des herzens wandlung ist?

7.

Der inwendig geistliche mann, so weit er dem fleisch nicht hing an, sondern aus Gott geboren sey, wär freilich von der sünde frey:

8.

Denn der glaub ist ein wissenschaft, versich'rung, die am herzen haft't; hier gilts kein überredens nicht, wies mit menschlichen ding geschicht.

9.

Das sey von Christi lehr gesagt, die an seinem tode anfacht, erkentniß der sünde und buß man im tod Christi lernen muß.

10.

Vergebung der sünd geht so fern, daß durch den glaub'n und Gotts beschehr Christi Geist das herz auserwehlt mit göttlichem saamen beseelt.

11.

Aus welchem unvergänglichen saam'n himmlische menschen hervor kam'n, die die sünde von herzen lan, und fang'n ein selig leben an,

12.

In tugend und gerechtigkeit, mit erfahrung, was in Gott leit, und wie der der liebe so voll. Das aller predigt text seyn soll.

Fußnoten

1 Ist anno 1728. wieder von neuen herausgegeben auf Landesherrlichen befehl.

2 1. Corinth. 3, 10. 11.

3 Psalm 118.

4 Bomba, Sclaven-zuchtmeister.


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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. 2056. Evangelische Lieder aus dem Berner Synodo 1532. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B83B-4