110. Die Hoffnung der geringen Leute über Hiob 5, 16. Offenb. 12, 10. zur Gedächtnis-Predigt seiner Frau Schwieger-Mutter, Frauen Erdmuth Benignen Reußin, gebornen Gräfin zu Solms

1732.


Der Hiob ist ein grosser Mann
Von tugendhaften Sitten,
So, daß ihn niemand zeihen kan,
Worinn er überschritten.
Das machet den Verkläger kek
Ihm etwas anzudichten,
Und siehe, er erhält den Zwek,
Den grossen Mann zu sichten.
Die Welt-bekante Sünderin,
Maria Magdalene,
Wirft sich zu Jesu Füssen hin,
Und thut Ihm allzuschöne.
Ein Lehrer läßt bey diesem Schein
Vernunfts-Bedenken walten;
Der Heiland reißt ihm alles ein,
Die Magd muß recht behalten.
[310]
Hört man nicht von weiten
Christi Creutzes Feinde
Und der Eitelkeiten Freunde,
Hört man sie nicht sagen:
Das ist unser Stekken,
(Wenn wir Händ und Füsse strekken,)
Daß ein Kind
Gnade find;
Wenns nichts Gutes treibet,
Und viel Gutes gläubet?
Nein, die Feigen-Bäume,
Die der Herr verfluchet,
Weil Er Frucht umsonst gesuchet,
Sind nicht Gnaden-Ziele:
Sondern die Marien,
Die die alten Wege fliehen,
Oder die
Sich der Müh
Ihrer tapfern Triebe,
Schämt vor lauter Liebe.
Die, der man dieses Ehren-Fest
Im Reussen-Lande angesaget,
Und alles Volk sich halten läßt,
Wie Israel die Mirjam klaget,
Die vormals kluge Richterin
Des Erbtheils ihres zarten Sohnes,
Und tapfere Verstreiterin
Der Rechte ihres Witwen-Thrones;
Die rühmte sich gewiß,
(Wie viele zeugen diß?)
Von nichts als einem guten Wollen.
Und da des Herren Hand
Sie an das Lager band,
So überzehlte sie das Sollen.
[311]
Ihr Streiter hört! es ist ein Wort des Fürsten:
Die Zeit ist kurz, wir haben einen Plan,
Darnach die Kriegs- und Siegs-Gemeinen dürsten,
Der unserm Haupt den Hunger stillen kan:
Des Vaters Willen ist zu thun,
Wer nicht mit Freuden wirkt, kan ohne Angst nicht ruhn,
Wer zweifelt, daß der Diener im Gerichte
Der selgen Frau was vorzuhalten findt,
Und wärens nur uneingebrachte Früchte,
Die ihr im Feld erliegen blieben sind?
Sie konte vom Verklagen
Des Argen wenig sagen:
Denn sie lag still in sich.
Wir mögen uns nur alle selber fragen:
Was sagt dein Herz? Die Trägheit rüget mich.
Was saget dann die selige Beklagte?
War ich nicht ehemals ein scheinend Licht,
Weiß niemand mehr, was ich im Glauben wagte?
Land! zeuge! bracht ich dir die Wahrheit nicht:
Führt ich die Einfalt nicht ins Haus,
Und sah nicht Ebersdorf vorlängst wie Laubach aus?
Das sagt sie nicht (sie ist erfahren,)
Wir wissens besser, was sie sagt,
Sie und mit ihr mehr Streiter-Schaaren:
Ich bin des Herrn geringe Magd,
Ich habe mich für meinen König
Bemühet: Aber ach wie wenig?
Er ist vergnügt, ich schäme mich.
Herr hilf uns durch beym Reichs-Erscheinen,
Wie dieser Deiner Magd der kleinen,
Denn, ach! wer dient Dir würdiglich!
Zeuch dann hin, du theur erstritten
Und durchs Recht erlöstes Herz,
Und vergiß den Namen: Schmerz:
Denn der ist das Theil der Hütten.
[312]
Unser Vorsatz wird erneuet:
Reines wird als anverwandt,
Nach wie vor, von uns erkant,
Reins :,: :,: :,: Reins das Christi Schande scheuet.
Wer den Herrn nicht liebt noch sucht:
Dem ist beym Amen, dem Gottes Namen, einmal geflucht.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Teutsche Gedichte. 110. Die Hoffnung der geringen Leute über Hiob 5, 16. Offenb. 12, 10.. 110. Die Hoffnung der geringen Leute über Hiob 5, 16. Offenb. 12, 10.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-BB7D-5