[77] Filidors Geharnschter Venus viertes Zehen

Denen zweyen Hochbegabten Schäfern/ Dem Zahrt-länder und Hirander. Wie auch dehm Edlen Elb-Schäfer Nephelidor/ aus Niladelfia/ übergibt gegenwertiges vierte Zehn Filidor der Dorfferer. Durch folgendes d. f. w.


Soll/ Zahrt-länder/ ich von dir hier was melden oder schweigen?
Iens verbeut der Freundschafft Menge dieses wehrt der Ubelstand
und bezeugt mich des Vergessens. Hätt' ich nur Apelles Hand/
wolt' ich dein Verdienst um mich durch den stillen Fürhang zeigen.
Iezt sey dieser Strich genug. Weil mein Atem sich wird regen
ist mein dancken zu geringe gegen deiner Guttaht Zahl/
die du hast an mir erwiesen. Leben/ Leib und allzumahl
was in meinen Kräfften wohnt/ wil ich dir zu Diensten hegen.
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Du/ Hirander/ Deutsches Herz hast mich ie und ie geliebet/
seit ich Liebens wehrt gewesen/ du bist mir der erste Freund/
wirst auch wol der lezte bleiben/ wie dus hast mit mir gemeint/
hat so leicht die alte Welt gegen Freunde nicht geübet.
zürne nicht/ Nephelidor daß ich dich zulezt vermelde/
dich/ den Nord-stern meiner Freunde/ der weit ob den Wolken steht
und den dunkeln Nebel truzzet/ wenn des Neides Herbst entsteht/
Edler/ zürne/ zürne nicht! weil Apollo in dem Felde
des beblauten Himmels blizzt/ sollstu mir der gröste heissen.
Um so viel du meinem Nahmen/ der hierunten/ näher bist:
nun mit so viel treuem drükken sollstu sein von mir geküßt.
Laß mir zu/ daß ich dich mag mit zu meinen beiden reissen!
Dein gekrönter Lorber-Kranz hat sich mir geneigt erwiesen:
war schon nichts an mir zu finden/ welches dieser kleinen Welt/
die nu ganz Merkurisch lebet/ in die stolzen Augen fällt.
Du hast selbst diß gantze Werk erst gestraffet/ denn gepriesen.
Bleib' auch dieses Zehens Freund/ steiffe Venus Myrten-Zweige/
halte deine Dafnen-Blätter über ihren Glanz empor/
halt auch/ Retter/ über mir/ deinem Diener/ Filidor.
Nehmet endlich inngesamt günstig an/ was ich euch zeige.
Schüzzet diese zarte Schrifft/ die nur auß der Feder fleusset/
derer jungen Dinten-nässe kaum kaum noch vertruknet klebt.
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Ist es/ daß mein schwaches Dichten seine Kindheit überlebt:
Denn so hoffet auch auff Gold/ daß diß nicht ist/ noch so gleisset.

Hamburg den 30. Augustm. 1657.


Meiner Hochgeehrten Hochwehrten Herrn beständiger Diener Filidor/ der Dorfferer.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Stieler, Kaspar. Gedichte. Die geharnschte Venus. Filidors Geharnschter Venus viertes Zehen. [Denen zweyen hochbegabten Schäfern]. [Denen zweyen hochbegabten Schäfern]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-170A-2