[7] Vorrede

Ich weiß es wol/ daß es dieser meiner geharnschten Venus anders nicht/ als jener bey dem Virgil/ die sich unter dem Trojanischem Kriege der Pallas zu Trozze in Waffen finden liesse/ ergehen wird. Ohne Streiche und Wunden wird sie schwerlich von dannen kommen. Du aber/ der du sie zuverlezzen gedenckest/ sieh wol zu/ daß du ein Diomedes/ das ist: daß du auß Göttlichem Blute entsprungen/ Göttliches Geistes und tapffern Feuers seyest: anders werden sie deine bleyerne Pfeile wenig beschädigen können/ und soltu erfahren/ daß/ ob ich gleich mit dem Vulkan in meinen Versen etwas daher hinke: ich doch solche Waffen zuschmieden gelernet/ die deine Arglistigkeit/ wie hart sie ist/ durchbohren können. Ich heisse sie darumb die Geharnschte Venus/ weil ich mitten unter denen Rüstungen im offenen Feld- Läger/ so wol meine/ als anderer guter Freunde/ verliebte Gedanken/ kurzweilige Begebnüsse/ und Erfindungen darinnen erzehle nicht etwan ein Lob darmit zu erjagen/ (sintemahl/ alles/was du siehest/ gleichsahm auff der Flucht gemacht worden/ und daher seine Entschüldigung auch bey den Scharffsinnigsten verdienet) sondern dir zubeweisen/wie die Heer-Trompete nicht so gar alle Musen verjagen könne. Die Melodeyen betreffend/ sind deren wenige entlehnet/ etliche von einem der berühmtesten Meister/ auff dessen höchst-ruhm-würdigen Sazz weder der Neid noch einziger Tadler das geringste Wort zusprechen mir überschikket: Abermahls finden sich andere/ die zwar in der Eil/ aber dermassen gesezzet/ daß sie deiner Lust/ wofern du nicht selbst ein Lust-Feind bist/ sattsame Genüge tuhn werden: Die übrigen übelklingenden schreibe ich mir zu/ als die ich nach meiner Einfalt gedichtet/ nur vor mich und wehm sie gefallen. Mißfallen sie dir; so laß sie liegen. Ich wil doch [7] wol zu hören finden. Willstu sie aber verdammen/ so bin ich der erste/ der sich wieder dieselbige zu zeugen/ erbeut. Sagstu dann/ ich sey in etlichen Gedichten ein wenig zu natürlich gangen: so gebe ich zur Antwort/ daß ich selbige denen Katonischen Gemühtern außdrüklich zu lesen verbiete/ auch nur zu der Zeit/ wenn die Florischen Feste angestellet werden/ gesungen haben wil. Das eine wird dir für andern mißfallen/ daß ich allzuweitleufftig zuweilen geschrieben/ da doch die Lieder mit wenigen Säzzen annehmlicher zu seyn scheinen: Darauff antworte ich: daß deren viel Historisch/ und ich der Sachen Umbstände/ welche in eine so kurze Enge nicht wol zubringen weren gewesen/ gerne ohne Mangel einführen wollen. Uber diß/ wird sich mancher ob der Art etlicher Reime/ derer Exempel in Prosodien nicht findlich verwundern: Er wisse aber daß ich offt der Melodey zu gefallen etwas zwingen müssen/ wiewol es mir mehr freyer zu tuhn/ als einem andern zu tadeln stehet. Die Schreiberey allen Leuten recht zu machen/ ist den Gelehrtesten bißher unmüglich gewesen. Ich getröste mich/ daß/ wo ich darüber getadelt werde/ ich meines Unglükkes Gesellen antreffe. Zulezt wil ich dir/ der du mich zulesen würdigest noch eins vertrauen: Merke ich/ daß meine Venus dir belieblich seyn wird/ so sezze ich dir zu gefallen meine Feder noch wol weiter an/ wo nicht: kan ichs auch wol bleiben lassen. Welches ich dir auff gut Deutsch hiermit zu verstehen geben wollen. Lebe wol! und habe/ was du mir gönnest. Ich verbleibe


Hamburg den 20ten Weinmonats 1657.


Dein Filidor der Dorfferer. [8]

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TextGrid Repository (2012). Stieler, Kaspar. Gedichte. Die geharnschte Venus. Vorrede. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-17CD-E