[38] Filidors Geharnschter Venus zweytes Zehen

Denen Hoch-berühmten Gerenschäffern. Glykandern Hypsilas und Dafnis. Eigenet dieses Zweite Zehen der Geharnschten Venus dienstlich zu Filidor der Dorfferer.


Treues Kleeblat dreyer Hirten/
die der Zefyr außgesezzt/
die kein Nordwind ferner hezzt
an des Amors falsche Syrten.
Werden meine Venus-Grillen/
meiner Liebe Wiederwillen/
welch' ihr in der Ruh verlacht
auch bey Euch was sein geacht?
Was? geachtt? ich muß ja schreiben
was die kühne Feder will
besser was/ als in der Still'
allzeit um Vakunen bleiben.
Wen die donnernde Melpose
treibt auß ihrem ernsten Mose/
muß auß Venus Kanzeley
nehmen seine Schreiberey.
Wo mich kan ein Beyspiel schüzzen/
zieh' ich die Poeten an/
die dergleichen auch gethan
mit Ergezzen und mit Nüzzen.
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Wer die allzugrossen Lasten
über können an- wil -tasten/
mag es tuhn. Ich bin zu schwach/
meine Schultern geben nach.
Lieben/ das gepreißte Lieben
wekket meine Musen auff.
Amatusens Myrten-Hauff'
Hat mein Feuer auffgetrieben.
darmit straal' ich. Nennt es Dünste/
nennt es Thorheit oder Künste/
gönnt mir Venus einen Tanz:
Wol! fahr hin du Lorbeer-Kranz!
Wo Ihr noch nicht zu den Alten/
alte Freunde/ seyd gezehlt/
wo ihr Freude noch erwehlt
und vor wilde nicht zuhalten:
wird Euch/ was ich von dem Lieben
hab' in diesem Zehn geschrieben/
eben so genehme sein/
als führt' ich was ernstlichs ein.
Freyer Geister freye Sinnen
sehn nicht allzeit sauer auß.
Denn ein Scherz und denn ein Schmauß
müssen uns die Zeit gewinnen.
Den hat Ammon nicht gemachet/
der nicht auch zuweilen lachet.
Besser ist es/ nie gelebt
als in Sturm-sehn stets geschwebt.
Kenn' ich noch das alte Herze
daß ihr habt vor dehm geführt/
wie auch Euch offt Lust gerührt
und wie ehmals Ihr im Scherze
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manches Liebes-Lied gesungen
daß die Hütten wieder klungen:
Bild' ich mir beglaubet ein/
diß werd' Euch nicht wiedrig sein.
Nehmt derhalben/ Liebste/ nehmet
dieses frohe Venus-Werk/
als ein kleines Gunst-gemerk.
Venus wird ja nicht beschämet/
daß sie frische Rosen träget/
Die der Floren Garte heget.
Ein betrübter Amarant
ist der Venus unbekant.

Hamburg den 21. Augustm. 1657.


Euer Hertzensvertraute Herrn und Freunde/ Durch so viel Jahre unverenderter Diener Filidor/ der Dorfferer.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Stieler, Kaspar. Gedichte. Die geharnschte Venus. Filidors Geharnschter Venus zweytes Zehen. [Denen Hoch-berühmten Gerenschäffern]. [Denen Hoch-berühmten Gerenschäffern]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1844-7